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Norwegen zieht Aktionäre von Insolvenz-Unternehmen zur Verantwortung!

Die Norwegen Flagge - Regelung beim Thema Insolvenz

Früher war die Sache klar geregelt. Aktionäre waren Eigenkapitalgeber von Unternehmen. Sie gaben Risikokapital im Austausch für besonders große Rendite-Chancen. Dafür bestand das Risiko, dass sie ihr Risikoinvestment im Falle einer Insolvenz vollständig verlieren. Schon 2008 wurde das Prinzip teilweise ausgehebelt und kommt 2020 kaum noch zum Zuge. Gerettet werden mit den Hilfspaketen vor allem Aktionäre. Norwegen will jetzt den Anfang machen und Aktionäre wieder an die eingegangenen Risiken erinnern – und ihnen einen annähernden Totalverlust im Falle von Norwegian Air Shuttle angedeihen lassen.

Aktionäre müssen sich daran erinnern, was Risiko bedeutet!

Schon während der Finanzkrise 2008/2009 konnte ich nur völlig verständnislos den Kopf schütteln, als Aktionäre der insolventen HypoRealEstate gegen ihre angebliche Enteignung klagten. Damals nahm der Staat mehr als 100 Milliarden Euro in die Hand, um die Bank vor dem Untergang zu bewahren. Deutschland war dabei ausgesprochen großzügig zu den Altaktionären. Erst zeichnete die Bundesrepublik neue Aktien über dem damaligen Börsenpreis, was zu einer geringeren Verwässerung für Altaktionäre führte. Weil das noch nicht reichte, wurde einige Monate später beschlossen, Altaktionären ein Übernahmeangebot zu machen, das 10 Cent über dem damaligen Börsenpreis lag. Wieder konnten Aktionäre also nicht nur einen Zusatzgewinn verbuchen, sondern auch noch dem Totalverlust entgehen.

Gegen diese angebliche Enteignung wurde erfolglos geklagt. Wäre der Bund weder eingestiegen noch hätte ein Übernahmeangebot gemacht, wäre die Bank in Insolvenz gegangen und Altaktionäre hätten einen Totalverlust erlitten. Dieses ausgesprochen generöse Vorgehen wird jedoch noch übertroffen vom Verhalten in der aktuellen Krise. Sowohl in den USA als auch Europa wurde der Erhalt von Eigenkapital zur Maxime erklärt. Das ist absurd und schützt die Risikokapitalgeber, die jahrelang von überdurchschnittlichen Renditen profitierten im Austausch für das Eingehen von Risiken.

Deutschland macht fast alles falsch, Norwegen fast alles richtig. Warum?

Ein Beispiel: Die Lufthansa soll gerettet werden. Wahrscheinlich wieder in Form einer Staatsbeteiligung. Doch warum? Warum lässt man die Lufthansa nicht in Insolvenz gehen und kauft dann die Reste aus der Insolvenzmasse? Der Flugbetrieb könnte ununterbrochen weiter laufen. Auch alle Mitarbeiter würden ihren Arbeitsplatz behalten. Die Neue Lufthansa AG könnte da weitermachen, wo die alte aufhörte. Doch mit einigen entscheidenden Unterschieden:

1) Die Altaktionäre hätten all ihr Geld verloren und würden daran erinnert werden, dass die Übernahme von Risiken nicht immer nur mit höheren Gewinnen einhergeht

2) Die Fremdkapitalgeber würden einen Teil des neuen Unternehmens bekommen.

3) Die Lufthansa könnte Flugzeugbestellungen, Mieten, Gehälter, einfach alle Verpflichtungen neu verhandeln und zu vielleicht besseren Konditionen weiterlaufen lassen.

4) Die Rettung der Lufthansa wäre günstiger.

Fast genau dieses Vorgehen scheint Norwegen bei der Fluglinie Norwegian Air Shuttle zu planen. Die Gläubiger der Gesellschaft sollen ihre Kredite Eigenkapital der Gesellschaft umwandeln (Punkt 2). Auch Leasinggesellschaften, bei denen die Airline Flugzeuge mietete, sollen ihre Forderungen in Eigenkapital wandeln und künftige Leasingraten reduzieren (Punkt 3). Die Umwandlung von Forderungen und Fremd- in Eigenkapital verringert den Anteil der Altaktionäre am Unternehmen von 100% auf 5,2%, also annähernd ein Totalverlust (Teil 1).

Anschließend sollen 400 Millionen norwegische Kronen neues Eigenkapital aufgenommen werden, das, sofern Altaktionäre nicht Geld nachschießen, ihren Anteil weiter reduzieren und nahe zum Totalverlust bringen würde. Den Staat würde all das am Ende vielleicht gar nichts kosten, weil die Gläubiger der Norwegian Air Shuttle das Problem allein lösen (Punkt 4). Möglicherweise müsste der Staat aber auch bei der relativ kleinen Kapitalerhöhung mitmachen. Mit dann 40 Millionen Euro Einsatz wäre die Rettung jedoch bedeutend günstiger, als wenn der Staat wie bei der Lufthansa einfach ohne Verhandlungen mit Gläubigern die Party sprengen und Geld injizieren würde.

Aktionäre haben bei einer Insolvenz das Mitspracherecht verloren

Fiel Ihnen etwas auf? Die Altaktionäre werden bei der ganzen Sache weder befragt noch involviert. Denn sie haben dabei nichts mitzureden. Im Falle einer Insolvenz sind die Gläubiger diejenigen, die das Heft in die Hand nehmen und handeln. Die Altaktionäre gaben ihr Mitspracherecht in dem Moment auf, in dem sie die Gesellschaft insolvent gehen ließen, statt Geld nachzuschießen. Nun ist Norwegian Air Shuttle bedeutend kleiner als die Lufthansa. Mitarbeiterzahl und Umsatz sind nur etwa ein Viertel so groß wie bei der Lufthansa. Doch selbst wenn wir die potentiellen 40 Millionen Euro Einsatz des norwegischen Staates vervierfachen würden, landen wir nur bei 160 Millionen. Ich bin mir sicher, die Rettung der Lufthansa wird bereits im ersten Schritt wenigstens 5 Milliarden kosten.



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7 Kommentare

  1. Nein, nein. Da haben sie doch die sogenannten „Kapitalmärkte“ nicht verstanden. Da lege ich doch risikolos Geld an, dass mir dann hoch verzinst wird. Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Wobei peinlich darauf zu achten ist, dass der Aktionär nicht teil des Haftungskolektivs ist.
    Und es gilt die Regel: Je höher mein Vermögen, umso höher hat die vom Staat garantierte Mindestrendite auszufallen. Bei gleichzeitig degressiver realer Besteuerung. Meine 300 Meter Yacht finanziert sich ja nicht von alleine. Da müssen schon ein paar Mittelständler mit ihrer Belegschaft ran um das zu finanzieren.

  2. Ab jetzt gehört Norwegen zu den „Schurkenstaaten“

    :))

    1. Ha, der war wirklich gut. Hätte von Fuggi kommen können.

  3. Das Beispiel würde bestimmt Scholz schlaflose Nächte verursachen, denn die schlechtesten Grosskonzerne haben sich ja frühzeitig wichtige Persönlichkeiten in die Verwaltungsgremien geholt und die fürchten sich natürlich jetzt auch um die hohen Entschädigungen. Das geht so nicht, denn die Bürgen eines Landes sind noch nie wegen ein paar Milliarden auf die Barikaden gegangen.

  4. Über 60% der Dax Aktionäre sind garnicht aus Deutschland, in jedem DAX Unternehmen ist Blackrock drin, und damit quasi die FED und der US Staat.

    Damit darf nicht sein was nucht sein darf, der deutsche Stwuerzahler hat die amerikanischen Gelder zu alimentieren

  5. Sorry für Rechtschreibung, schnell auf dem Handy getippt, bei Schriftgrösse 1 ::))

  6. „Die Altaktionäre gaben ihr Mitspracherecht in dem Moment auf, in dem sie die Gesellschaft insolvent gehen ließen, statt Geld nachzuschießen.“

    Mit dem Unterschied, dass das Flugverbot und Reiseverbot staatlich angeordnet wurde.

    Eine Pandemie die so heftig ist, dass Krankenhäuser ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. Wo man nichteinmal weiß ob an oder mit Corona gestorben. Mit einem Durschnittsalter der Verstorbenen von +80 Jahren. Und trotzdem hat man nach 8 Wochen nur 6.128 Tote. In dem gleichen Zeitraum wären es 146.500 reguläre Todesfälle.

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