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Ölpreis soll fallen? BILD-Titel – bitte nicht zu früh freuen!

Laut BILD sollen die Preise an der Tankstelle fallen, es gebe einen "Scheich-Plan". Fällt der Ölpreis wirklich? Schauen wir uns das mal an.

Foto: feepikcontributorthailand - Freepik.com

Na wenn die BILD das meldet, dann wird es schon stimmen? Heute der große Titel in der gedruckten BILD-Zeitung: „Öl-Scheichs machen Tanken billiger! Was hinter dem Scheich-Plan steckt und wie Autofahrer profitieren“. Die BILD zitiert immerhin verschiedene Analysten, deren Aussagen auf sinkende Preise hindeuten. Aber aufgebaut ist die Story vor allem auf Aussagen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), dass die Ölförderung steigen soll.

Fallender Ölpreis? So einfach ist das nicht

Was ist dran? Fakt ist erst einmal: Der Ölmarkt ist eine komplizierte Angelegenheit, Aussagen einzelner Akteure lassen nicht so einfach auf den Gesamtmarkt schließen. Schnell können sich Nachfragemengen ändern, wenn es in großen Volkswirtschaften konjunkturelle Änderungen gibt. Und vor allem ändern sich die Angebotsmengen der Förderländer ständig, aufgrund verschiedenster Faktoren. Derzeit ist es so, dass das Öl-Kartell OPEC zusammen mit seinen externen Partnern wie Russland (Gruppenbezeichnung OPEC+) die Fördermengen kürzt, um den Ölpreis steigen zu lassen (weniger Angebotsmenge = höherer Preis).

Diese Kürzungspolitik wurde erst im März bis zum Sommer verlängert. Die OPEC+ (Gesamtgruppe von OPEC mit externen Partnern wie Russland) hatte ihre Kürzungen bis Mitte des Jahres verlängert, um einen weltweiten Überschuss beim Rohöl zu verhindern und den Ölpreis zu stützen. Die Drosselungen der Angebotsmengen, die sich auf dem Papier auf etwa 2 Millionen Barrel Öl pro Tag belaufen – werden bis Ende Juni in Kraft bleiben. Wie es dann weiter geht, hängt wohl vor allem davon ab, ob die Nachfrage nach Öl ansteigt, wenn die Konjunktur in wichtigen Verbrauchsregionen (USA, Europa, China) anzieht. Die USA brummen schon, China und Europa haben Aufwärtspotenzial?

OPEC will Ausbalancierung zwischen Angebot und Nachfrage

Es klingt auf den ersten Blick komisch, aber in der Tat versucht die OPEC mit der Steuerung von Fördermengen ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage bei den Ölmengen zu erreichen. Eigentlich könnte man meinen: Das Kartell könnte doch die Fördermengen drastisch kürzen, und durch dann massive Anstiege im Ölpreis hätte man unterm Strich drastisch höhere Einnahmen. Je höher der Ölpreis (Brent-Öl aktuell 88,20 Dollar), desto besser? Falsch. An einem zu hohen Ölpreis (weit über 100 Dollar) könnten die „Ölscheichs“ auch kein Interesse haben, weil ein zu hoher Preis wie ein Betonklotz auf der wirtschaftlichen Entwicklung wichtiger Öl-Verbrauchsländer liegt, was dort wiederum die Nachfrage nach Öl einschränken könnte. Der folgende Chart zeigt die Entwicklung im europäischen Brent-Ölpreis (globale Referenzsorte) in den letzten fünf Jahren.

Kursverlauf im Brent-Ölpreis in den letzten fünf Jahren

Blick auf Fördermengen und Nachfragemengen für 2024 und 2025

Nur weil die VAE eine höhere Ölproduktion andeuten, heißt das nicht, dass das gesamte Angebot der OPEC steigt, und damit ein global höheres Angebot den Ölpreis spürbar zum Sinken bringt. Denn wenn die OPEC als großes Kartell vor allem arabischer Förderländer Fördermengen insgesamt senkt, kann das auch beinhalten, dass innerhalb der Gruppe eine Einigung besteht, dass einzelne Mitglieder mehr Öl fördern können. Auch sah man in der Vergangenheit mehrmals: Scherten OPEC-Mitglieder aus und förderten zu viel Öl, hat vor allem Saudi-Arabien als größter Produzent und de facto Anführer der Gruppe eigenständig mehr Fördermenge gekürzt, damit nicht zu viel Öl auf den Weltmarkt kommt.

Bloomberg-Statistikdaten auf Basis von Daten der US Energy Information Administration (EIA) zeigen: Für 2024 soll der globale Ölverbrauch bei 102,91 Millionen Barrels pro Tag liegen, die globale Produktion gleichzeitig bei 102,65 – also eine minimale Unterversorgung mit Öl, die eher auf einen leicht steigenden Ölpreis hindeuten würde. Für das Jahr 2025 sehen wir die Erwartung von 104,27 Millionen Barrels pro Tag Ölverbrauch gegenüber einer Produktionsmenge von 104,61 Millionen, dann wäre es 2025 also ein leichter Produktionsüberschuss.

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Nachfrage nach Öl soll steigen

Dieser mögliche Überschuss von Öl am Weltmarkt wird vor allem aus Nicht OPEC-Ländern wie den USA stammen, wo die Fördermengen nicht in staatlicher Hand liegen – dort werden sie derzeit von privaten Ölkonzernen immer höher getrieben. In 2023 lag der globale Ölverbrauch noch bei 101,97 Millionen Barrels pro Tag – wenn er bis 2025 auf 104,27 Millionen Barrels ansteigt, ist es auch logisch, dass die OPEC in den nächsten Quartalen sehen könnte, dass wieder höhere Fördermengen möglich sind. Aber dies wird man wohl nur umsetzen, wenn man sieht, dass der Ölpreis dadurch nicht zu sehr fällt. Denn vor allem OPEC-Länder im Nahen Osten bestreiten ihre Staatshaushalt zu großen Teilen aus Öleinnahmen, und sind darauf bedacht, dass der Ölpreis nicht zu niedrig ist.

Einige Analysten mögen von spürbar fallenden Ölpreisen sprechen, und es mag auch vereinzelte Aussagen einzelner Förderländer geben, dass man seine Fördermenge etwas erhöht. Aber dies muss man im Gesamtkontext der OPEC und der OPEC+ betrachten. Wichtig wird sein, ob man im Sommer die Lage neu bewertet, und ob man dann genug Nachfragewachstum nach Öl in den Verbraucherländern erwartet. Dann könnte man eventuell auch seine Fördermengen insgesamt erhöhen. Aber dazu müsste man wie gesagt überzeugt sein, dass die Nachfrage nach Öl mit anzieht. Aber dass der deutsche Autofahrer an der Tankstelle deutlich sinkende Preise erwarten darf (abgesehen von gewissen Schwankungen), kann bezweifelt werden.

FMW mit Daten aus Bloomberg Terminal



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2 Kommentare

  1. Genau, was die Ölfördermenge des OPEC+-Mitgliedslandes Vereinigte Arabische Emirate anbelangt, so muss man dies, wie im obigen Bericht erklärt, im Gesamtkontext der Öl-Allianz OPEC+ betrachten. Und dann spricht ja auch, wie im obigen Bericht ebenfalls erklärt, zumindest einiges für eine entsprechende Nachfrage nach Erdöl. Von daher schenke ich dem genannten Bericht der Bild-Zeitung insgesamt betrachtet keinen Glauben.

  2. Interessant ist die Diskrepanz zwischen den Berichten einzelner Medien und der tatsächlichen Lage auf dem Ölmarkt. Die OPEC+ zeigt eine klare Tendenz zur Stabilisierung der Preise, nicht zu deren Reduktion. Dieser Artikel stellt die Realitäten des globalen Ölmarkts treffend dar, eine notwendige Perspektive, die in der oft sensationalistischen Mainstream-Berichterstattung fehlt.

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