FMW-Redaktion
Seit zwei Tagen steht Islands Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson im Scheinwerferlicht durch die Panama Leaks. Ob und wie er sich über seine Briefkastenfirma „Wintris“ auf den British Virgin Islands im Zuge der isländischen Banken- und Staatskrise bereichert hat, ist noch völlig unklar. Aber gestern kam es zu Massenprotesten vor dem Parlament – der größte Protest des Landes, noch größer als während der Finanzkrise. Trotz dieses handfesten Skandals will Gunnlaugsson nicht zurücktreten…
Islands amtierender Premierminister Sigmundur Davíð Gunnlaugsson. Foto: Frankie Fouganthin / Wikipedia (CC-BY-SA 4.0)
Warum darf man das als Skandal bezeichnen? Die Tatsache, dass Gunnlaugsson eine Briefkastenfirma besitzt, ist für sich genommen kein Skandal. Aber zunächst Mal wäre da die Verpflichtung, dass er als Politiker so eine Firmenbeteiligung gegenüber dem isländischen Parlament hätte offenlegen müssen. Warum er es nicht machte? Natürlich gingen ihm da kurzfristig die guten Argumente aus – deswegen die Begründung die Firma hätte ja keine reale Tätigkeit ausgeübt, daher sei keine Meldung nötig gewesen, dass er dort Eigentümer ist.
Und dann noch etwas. Diese Briefkastenfirma (Wintris) besaß Anleihen von kaputten isländischen Banken im Wert von mehreren Millionen Euros. 2009 verkaufte er diese Firma für sage und schreibe 1 US-Dollar an seine Frau. Von da an habe er nichts mehr mit der Firma zu tun gehabt. Formal richtig, aber mal im Ernst: Will der gute Mann die Öffentlichkeit für dumm verkaufen? Eine Firma mit einem Wert von mehreren Millionen für 1 Dollar verkaufen? Und dann noch an seine Frau? Dann hat er damit nichts mehr zu tun?
In wie fern profitierte er (sorry, die Wintris) von Maßnahmen zur Stabilisierung des heimischen Bankensektors? Denn somit stiegen die Wahrscheinlichkeiten, dass die Wintris-Forderungen werthaltiger wurden. Aber das ist jetzt noch völlig nachrangig. Am meisten aufregen dürfte wohl sein fragwürdiger Interview-Auftritt zu dieser Frage, den wir im ersten Video unte noch einmal zeigen. Darunter sieht man gestrige Proteste in Rejkjavik vor dem Parlament, wo er gestern sprach. Die Protestler fordern seinen Rücktritt, die Opposition verlangte ein Misstrauensvotum im Parlament. Ob und wann abgestimmt wird, ist noch nicht bekannt. Gunnlaugsson scheint bisher wenig beeindruckt.
Zurücktreten will er nicht. Zumindest eine Begründung liefert er jetzt mit, warum diese Briefkastenfirma eingerichtet wurde. Im Wahlkampf wollte er vermeiden, dass der Reichtum seiner Frau zum Thema werde – daher sei das Vermögen verheimlicht worden. Ob man mit so einem Satz Volk und Parlament besänftigt? Im Palament sagte er gestern auch er werde nicht zurücktreten, weil er deswegen „nicht aufgeben wolle.“ Die Regierung habe gute Ergebnisse produziert und müsse weiter arbeiten können. Außerdem stünde in den Panama Papers nichts Neues, so Gunnlaugsson. Wir meinen: Für alle außer ihn und seine Frau sind das komplett neue Fakten! Ach ja, auch seine Kabinettskollegen wie z.B. sein Außenminister stärkten ihm den Rücken. Sieht nicht so aus, als würde da jemand beschämt aus seinem Amt verschwinden.
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