Indizes

Rezession und steigende Aktienmärkte

Warum die Aktienmärkte derzeit - scheinbar gegen jede Logik - steigen!

Deutschland dürfte bereits in einer technischen Rezession sein – und derzeit herrscht großes Rätselraten über den Fortgang der Konjunktur in Deutschland, in Europa und weltweit. Die Indikatoren verheißen nichts Gutes, und auch die Aussichten über das Wachstum werden von den großen Prognoseinstituten noch immer gesenkt. Aber kommt es deshalb bereits zu einer großen Rezession in der nächsten Zeit? Es gibt Anzeichen für eine Stabilisierung, am besten erkennbar an den steigenden Aktienkursen.

Rezession – aber auch Anzeichen der Stabilisierung

Bei genauerem Hinsehen erkennt man eine gewisse Stabilisierung der Frühindikatoren. Erst gestern wurde das DIW-Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung für den Monat Oktober veröffentlicht. Dabei wurde eine leichte Steigerung zum Vormonat festgestellt. Damit erwartet man im laufenden vierten Quartal, dass es es zumindest nicht weiter bergab gehen sollte. Die Wirtschaftsleistung dürfte dann in etwa stagnieren.

So auch der Ifo-Geschäftsklimaindex: Das für das Land Deutschland wichtigste Konjunkturbarometer, der Ifo Konsumklimaindex, hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert: 94,3 – 94,6 und 94,6 Punkte, lautet die Zahlenreihe für die letzten drei Monate. Ab drei Monate Auf- oder Abstieg spricht man von einem Trend. Zur Einordnung des Wertes: Sein absolutes Tief hatte der Index in der Finanzkrise bei 80,0 Punkten (März 2009), sein letztes Hoch 105,2 im Januar 2018, als der Dax sein Allzeithoch erreicht hatte.

Zudem hat sich im Oktober die Stimmung unter deutschen Exporteuren deutlich aufgehellt. Der vom Ifo-Institut ermittelte Indexwert für die Exporterwartungen der Industrie ist im Oktober auf minus 1,2 Punkte gestiegen, nach minus 5,3 Zählern im Monat zuvor.

Deutsche Automobilindustrie:

Die am stärksten gebeutelte Industriesparte in Deutschland, die Autoproduktion, zeigte bei den jüngsten Quartalszahlen überraschende Lebenszeichen. Sowohl Daimler, als auch VW meldeten überraschend gute Zahlen, unglaublich, wenn man bedenkt, dass sich die Kosten des Dieselskandals bereits auf 30 Milliarden Euro beziffern. Das letzte Hoch der Automobilindustrie stammt immerhin schon aus dem Jahre 2015.

Die Einkaufsmanagerindizes:

Bei den Frühindikatoren, wie den Einkaufsmanagerindizes (Purchasing Manager Index – PMI) sieht man weltweit noch ein gemischtes Bild.

Während der Sektor Dienstleistung noch überall über 50 Punkte liegt, ist der Teilindex für das Verarbeitende Gewerbe zum Teil schon deutlich unter diese Wachstumsschwelle gerutscht, insbesondere in den Exportländern. Aber auch hier stabilisiert sich der Index in Deutschland, allerdings auf sehr niedrigem Niveau. Die letzen drei Monate – Deutschland verarbeitendes Gewerbe: 41,4 – 41,7 – 41,9 Punkte.

In den USA war dieser Wert im letzten Monat auf erschreckende 47,8 Punkte gefallen, deshalb wird der am morgigen Tag erscheinende neueste Wert mit Spannung erwartet.

China kämpft im Industriesektor schon seit Monaten mit den 50 Punkten und liegt immer knapp darunter, der letzte Wert von heute Nacht wurde mit 49,3 Punkten veröffentlicht. Die letzten Monate: 49,7 – 49.5 – 49.8, das Tief gab es schon im Januar bei 48,3 Punkten. Auch Chinas Wirtschaft braucht einen „Deal“.

In dem verwirrenden Zahlenwerk von EMI, ISM, Caixin und weiteren Erhebungen ist bei der Gesamtübersicht festzustellen, dass sich der Einkaufsmanagerindex PMI global nach seinem Abrutschen unter die Wachstumsschwelle seit drei Monaten auch wieder nach oben bewegt: Juli 49,3 – August 49,5 – September 49,7 Punkte

 

Rezession? Die Konjunkturaussichten von IWF, Weltbank und Co

Erstaunlicherweise schraubten die großen Wirtschaftsinstitute ihre Konjunkturprognosen für 2019 in schöner Regelmäßigkeit nach unten, aber alle erwarten für 2020 eine kleine Stabilisierung im positiven Bereich, also keine Rezession.

Für Deutschland bekommen wir vom Statistischen Bundesamt Mitte November vermutlich die Bestätigung der technischen Rezession. Aber wieso ist der deutsche Leitindex in der letzten Zeit so gestiegen? Ich habe es in einem Artikel schon einmal so ausgewertet: Wenn eine Rezession festgestellt wird, hat es der Index schon Monate vorher gezeigt. Oder anders ausgedrückt, zuerst kommt der Kurseinbruch und dann die Rezession. Ich kann mich an keinen anderen Ablauf erinnern, so geschehen auch in den Jahren 2000 und 2009.

Der Aktienindex ist der früheste aller Frühindikatoren – was nicht bedeuten soll, dass jetzt keine Rezession vor uns steht: die große Rezession am Ende des Zyklus wird kommen, mit aller Macht. Nur momentan sieht es so aus, als dass die Notenbanken es schaffen könnten, noch einmal einen Schub nach oben zu erzeugen. Über 60 Zinssenkungen der weltweiten Notenbanken allein in den letzten vier Monaten geben dafür Zeugnis. Oder aus der Sicht der Bullen: Anlass zur Hoffnung. So senkte zuletzt neben der Fed gestern auch Brasilien zum dritten Mal in Folge die Zinsen.

Die niedrigen Zinsen bringen zahllose Kapitalanleger, die Rendite erwirtschaften müssen, in die Bredouille. Nach der gestrigen Zinssenkung der Federal Reserve, liegt jetzt auch der Leitzins in den USA nur noch auf der Höhe der Inflationsrate, der Realzins beträgt also Null. Man steigt da nur aus den Dividendentiteln aus, wenn eine Rezession ersichtlich ist, zwischenzeitliche Korrekturen eingeschlossen.

Deshalb auch meine These: wir befinden uns in einer kleinen Jahresendrally befinden, auch wenn dies eigentlich aufgrund der aktuellen Datenreihen der Logik widerspricht. Diese geben aber zumeist die Vergangenheit wider, die Indizes blicken bereits auf das Frühjahr 2020. Als große Unsicherheit bleibt allerdings der Handelsstreit, den kein Insider prognostizieren kann – aber auch hier gibt es die beschriebenen Zwänge.

 

Fazit

Viele pessimistisch eingestellt Anleger werden jetzt denken: Was für ein Blödsinn, denn zahlreiche Daten sprechen doch überdeutlich für eine kommende Rezession. Es wäre auch schon längst Zeit dafür, im elften Jahr eines der längsten Aufschwünge in der modernen Wirtschaftsgeschichte. Aber, wie erwähnt, es gab meines Wissens nach noch nie eine Rezession, ohne dass vorher die Kurse nicht deutlich eingebrochen wären.

Zu stark ist die Prognosequalität von Abertausenden von Insidern, die das in die Kurse einpreisen. Erst der Crash, dann die große Rezession. Das bedeutet nicht, dass diese nicht doch noch im Jahr 2020 auftreten kann, sondern, dass sie für die nächsten sechs Monate unwahrscheinlicher geworden ist. Dafür sorgt schon das billige Geld, welches nach über 60 Zinssenkungen allein in den letzten vier Monaten durch drei Viertel aller Notenbanken weltweit erzeugt worden ist.

Also: Wir werden in Deutschland eine technische Rezession im Zeitraum zwischen April und September höchstwahrscheinlich bestätigt bekommen. Und wo stand der Dax ein halbes Jahr vorher, Ende Dezember 2018? Bei gut 10200 Punkten – eben!

 

Trotz Rezession in Deutschland steigt der Dax



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2 Kommentare

  1. Das hatten die Börsen schon immer gerne gemacht – fern jeder Logik und aller Vergangenheitsmodelle genau das Gegenteil. Ich denke aber, wir haben jetzt gute Chancen auf einen Rutsch nach unten, denn gestern war der Gier-Index in den Extrem-Bereich gestiegen, die Volatilität war schon sehr stark abgesunken und die Kurse hoch. Zudem dürften jetzt die positiven Nachrichten im Wesentlich erst mal durch sein. Aber auf den großen Crash könnten wir in der Tat noch etwas warten müssen, auch wenn er förmlich schon in der Luft liegt und so sicher kommen wird, wie das Amen in der Kirche.

    1. China wird jetzt wieder in den Vordergrund rücken, zusammen mit den Industriedaten.
      Es gibt eine schöne Statistik, dass die Kurse (SuP und Dow) in den letzten Jahren/zehnten vom 25.10. bis ca. 8.11. meist steigen oder eben nur sehr schwach fallen. In einer Woche könnte es also für meinen Geschmack beginnen, wenn schon mal alle diejenigen ihren Trade auflösen.

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