Angebotsdefizit gut für den Silberpreis? Silber: Der globale Appetit auf Solarmodule verknappt das Angebot

Der Silberpreis hat sich seit dem Tief Ende August 2022 bei 17,60 US-Dollar wieder deutlich erholt und notiert aktuell nahe der Marke von 23,00 Dollar. Ein Grund, warum der Preis den kleinen Bruder von Gold wieder zulegen kann, ist der gestiegene Bedarf in der Industrie, vor allem in der Solarbranche. Während die Nachfrage nach Silber steigt, verknappt sich das Angebot. Kann der Silberpreis durch das seit Jahren zunehmende Angebotsdefizit weiter ansteigen?

Wie Bloomberg berichtet, beschleunigen die Veränderungen in der Solarzellentechnologie die Nachfrage nach Silber, ein Phänomen, das das Angebotsdefizit für das Metall vergrößert, da kaum zusätzliche Minenproduktionen am Horizont zu erwarten sind.

Der Bedarf in der Solarbranche steigt

Silber in Pastenform bildet eine leitende Schicht auf der Vorder- und Rückseite von Silizium-Solarzellen. Doch die Industrie beginnt nun, effizientere Versionen von Zellen herzustellen, die viel mehr von dem Metall benötigen, was den bereits steigenden Verbrauch noch weiter ankurbeln wird.

Der Anteil der Solarzellen an der Gesamtnachfrage nach Silber ist zwar immer noch relativ gering, aber er wächst. Einem Bericht des Branchenverbands The Silver Institute zufolge wird der Anteil in diesem Jahr voraussichtlich 14 % des Verbrauchs ausmachen, gegenüber etwa 5 % im Jahr 2014. Ein Großteil des Wachstums kommt aus China, wo in diesem Jahr voraussichtlich mehr Paneele installiert werden als in den USA insgesamt.

Die Solarbranche ist ein großartiges Beispiel dafür, wie unelastisch die Nachfrage nach Silber ist“, sagte Gregor Gregersen, Gründer des in Singapur ansässigen Händlers Silver Bullion. Die Solarindustrie hat sich so entwickelt, dass sie mit geringeren Silbermengen viel effizienter arbeiten kann, aber das ändert sich jetzt, sagte er.

Die standardmäßigen PERC-Zellen (passivierte hintere Emitterzelle) werden laut BloombergNEF in den nächsten zwei bis drei Jahren wahrscheinlich von TOPCon-Solarzellen (Tunnel Oxide Passivated Contact) überholt werden. Während PERC-Zellen etwa 10 Milligramm Silber pro Watt benötigen, liegt der Bedarf bei TOPCon-Zellen bei 13 Milligramm und bei Heterojunction-Solarzellen 22 Milligramm der knappen Ressource.

Silber: Zunehmendes Angebotsdefizit

Gleichzeitig nimmt das Angebotsdefizit zu. Die Zahlen des Silver Institute zeigen, dass das Angebot im letzten Jahr stagnierte, obwohl die Nachfrage um fast ein Fünftel stieg. In diesem Jahr wird die Produktion voraussichtlich um 2 % steigen, während der industrielle Verbrauch um 4 % zunimmt.

Das Problem für Silberkäufer besteht darin, dass es angesichts der Seltenheit von sogenannten Primärminen alles andere als einfach ist, das Angebot zu erhöhen. Etwa 80 % des Metallangebots stammen aus Blei-, Zink-, Kupfer- und Goldprojekten, wobei Silber ein Nebenprodukt ist.

Und in einem Umfeld, in dem Bergbauunternehmen bereits zögerlich sind, neue Großprojekte in Angriff zu nehmen, bedeuten die im Vergleich zu anderen Edel- und Industriemetallen niedrigeren Gewinnspannen bei Silber, dass allein positive Preissignale nicht ausreichen, um die Produktion anzukurbeln. Selbst neu genehmigte Projekte könnten noch ein Jahrzehnt bis zur Produktion benötigen.

Das Ergebnis ist ein so großer Druck auf das Angebot, dass eine Studie der University of New South Wales prognostiziert, dass der Solarsektor bis 2050 zwischen 85 und 98 % der weltweiten Silber-Reserven aufbrauchen könnte. Die pro Zelle verbrauchten Silbermengen werden steigen, und es könnte etwa fünf bis zehn Jahre dauern, bis die Reserven wieder auf den heutigen Stand gebracht sind, so Brett Hallam, einer der Autoren der Studie.

Solarzellen: Alternativen zu Silber

Chinesische Unternehmen in der Solarindustrie erforschen jedoch aktiv die Verwendung billigerer Alternativen wie galvanisch abgeschiedenes Kupfer, auch wenn die Ergebnisse bisher durchwachsen sind. Technologien, die billigere Metalle verwenden, sind inzwischen weit genug fortgeschritten und werden bald in die Massenproduktion gehen, sobald die Silberpreise in die Höhe schnellen, so Zhong Baoshen, Vorsitzender von Longi Green Energy Technology, dem weltweit größten Hersteller von Solarpanels.

Der Silberpreis liegt derzeit bei etwa 22,70 US-Dollar pro Unze. Der Preis ist in diesem Jahr um etwa 5 % gesunken, liegt aber deutlich über dem Niveau, das er vor dem Anstieg im Jahr 2020 hatte, als die Pandemie die Nachfrage ankurbelte.

„Die Alternativen werden interessanter sein, wenn der Silberpreis bei etwa 30 Dollar liegt, statt bei 22 oder 23 Dollar“, sagte Philip Klapwijk, Geschäftsführer des in Hongkong ansässigen Beratungsunternehmens Precious Metals Insights und einer der Autoren des Berichts des Silver Institute. Es wird kein „Weltuntergangsszenario“ geben, bei dem uns das Silber ausgeht, sondern „der Markt wird bei einem höheren Preis wieder ein Gleichgewicht herstellen“, sagte er.

FMW/Bloomberg