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Simbabwe erhöht Zinsen auf 200 Prozent – Vorbote künftiger EZB-Politik?

Was Simbabwe mit der EZB zu tun hat

Simbabwe Inflation EZB

Während in den gläsernen Türmen der EZB der „Rat der Euro-Götter“, unter dem Vorsitz von Frau Christine Lagarde über Zinserhöhungen um 25 Basispunkte debattiert und das Ganze einem wirren Taubenschlag gleicht, werden in Simbabwe ganz andere Maßnahmen ergriffen, um der Inflation Herr zu werden.

Simbabwe versinkt im Chaos – Inflation bei 192 Prozent

Am Montag trat der Gouverneur von Simbabwe, John Mangudya, vor die Presse und gab bekannt, dass das Geldmarktpolitische-Komitee (monetary policy committee, Entscheidungsgremium der Notenbank) die Leitzinsen von 80 Prozent auf 200 Prozent angehoben habe. Zudem werde der US-Dollar als offizielles Zahlungsmittel unmittelbar eingeführt. Dies alles sind Maßnahmen, um die galoppierende Inflation in Simbabwe und das wirtschaftliche Chaos irgendwie in den Griff zu bekommen.

Damit summieren sich die Zinserhöhung in diesem Jahr auf fantastische 14.000 Basispunkte. Der Vergleich zur EZB mag geradezu lächerlich erscheinen, dort wird über 25 Basispunkte monatelang verhandelt und diskutiert. Dabei ist die Inflation in der Eurozone längst angekommen. Bis jetzt wurde immer noch keine Zinserhöhung beschlossen, in der nächsten Sitzung am 21. Juli soll es dann endlich soweit sein.

Die Krise in Simbabwe reicht bis in das Jahr 2009 zurück

Gouverneur Mangudya erläuterte in seinem Statement die getroffenen Maßnahmen: „Das Geldmarktpolitische-Komitee hegt starke Befürchtungen über den jüngsten Inflationsanstieg. Sie (Inflation) unterminiert die Konsumenten-Nachfrage und das Konsumenten-Vertrauen derart, dass, falls sie nicht unter Kontrolle gebracht wird, die wirtschaftlichen Fortschritte der letzten zwei Jahre zunichte gemacht werden würden.“

Nun, diese Aussage klingt genauso realitätsfern wie die Aussagen der EZB, die Inflation sei beherrschbar und nur ein temporäres Problem. In Simbabwe lag im Juni die jährliche Inflationsrate bei 192 Prozent, damit erreichte sie das höchste Niveau seit über einem Jahr. Hauptgrund hierfür war eine Verdreifachung der Lebensmittelpreise. Die eigene Währung, der Simbabwe Dollar, war von Anfang an eine Fehlgeburt, die Simbabwes Wirtschaft lähmt. Zum US-Dollar hat die Währung alleine dieses Jahr über zwei Drittel an Wert verloren. Damit wird ihr der zweifelhafte Titel zuteil, Afrikas am schlechtesten performende Währung zu sein.

Auch die „wirtschaftliche Erholung der letzten beiden Jahre“, die Gouverneur Mangudya in Gefahr sieht, ist eine sehr vorteilhaft Darstellung der wirtschaftlichen Realität von Simbabwe und erinnert an die noch frischen Aussagen der EZB, in der Eurozone sei keine Rezession in Sicht.

Simbabwe gilt als eines der ärmsten Länder der Welt, obwohl es mit Bodenschätzen und fruchtbaren Böden reich gesegnet ist. Die aktuelle Krise reicht bis in das Jahr 2009 zurück, damals kollabierte der Simbabwe Dollar mit Inflationsraten von über 231 Millionen Prozent. Zwischen 2009 und 2019 war der US-Dollar Zahlungsmittel, die Wiedereinführung des Simbabwe Dollar misslang, er war von Anfang an unter Druck und eine schwache Währung. Die Arbeitslosigkeit lag teilweise bei über 90 Prozent, aktuelle und verlässliche Zahlen sind Mangelware.

Einführung eines Multi-Währungssystem in Simbabwe für fünf Jahre

Der Finanzminister von Simbabwe, Mthuli Ncube, erwähnte gegenüber der Presse: „Die Regierung hat klar zum Ausdruck gebracht, dass sie ein Multi-Währungssystem aufrechterhalten will, das auf dem US- und Simbabwe-Dollar basiert. Um Spekulationen und Arbitrage zu unterbinden, hat die Regierung dieses Multi-Währungssystem rechtlich für fünf Jahre bindend verankert.“

Weitere Schritte, die die Notenbank eingeleitet hat, um die Währung zu stabilisieren, sind die Erhöhung der Mindesteinlagen von 12,5 Prozent auf jetzt 40 Prozent und die Einführung von Goldmünzen. Die Funktion eines Werterhalts, die Geld in seiner Urfunktion beinhaltet, ist bei dem Simbabwe-Dollar schon lange nicht mehr vorhanden. Die Gold-Münzen sollen von der Staatseigenen Fidelity Gold Refineries Ltd. geprägt werden und über die Banken an die Bevölkerung veräußert werden.

Vorherige Versuche, den Währungsverfall zu stoppen, waren ein zehntätiges Verbot, Bankdarlehen zu vergeben, Handelsrestriktionen an der Simbabwe Stocks Exchange, die Erlaubnis, dass Unternehmen ihre Steuern in der Lokalwährung bezahlen und die Einführung eines festen Interbanken-Zinssatzes, zudem alle Geldgeschäfte abgewickelt werden. Alle diese Maßnahmen waren aber bisher nicht ausreichend, um die Inflation erfolgreich einzudämmen.

Jee-A van der Linde, ein Ökonom bei Oxford Economics, studiert von Süd-Afrika aus seit Jahren das nördliche Nachbarland. Er sagt über die aktuelle Krise: „Es ist unwahrscheinlich, dass höhere Leitzinsen die hohen Inflationsraten in Simbabwe eindämmen werden. Die aktuelle wirtschaftliche Situation lässt ein herausforderndes Geschäftsumfeld entstehen, und eine unmittelbare Verschlechterung der Lebensumstände steht zu erwarten.“

Und die EZB?

Es bleibt zu hoffen, dass die Währungshüter in Frankfurt sich der Gefahren einer viel zu expansiven Geldpolitik bewusst sind. Die aktuelle Gemengelage mit wirtschaftlichem Abschwung, Rohstoffknappheit und einer viel zu hohen Inflation mögen in einem frühen Stadium durch eine wirksame Notenbankpolitik noch bekämpft werden können. Idealerweise bevor alles aus dem Ruder läuft und nicht mehr kontrollierbar wird. Die EZB täte gut daran, die notwendigen Schritte jetzt einzuleiten. Damit in den Geschichtsbüchern nicht irgendwann über Europas Niedergang zu lesen steht: alles Begann mit der Euro-Krise 2012.

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4 Kommentare

  1. Nein alles begann mit der Euroeinführung man kann einfach nicht eine gemeinsame Währung haben ohne gemeinsame Finanz- & Wirtschaftspolitik….von da her war der Euro eine Totgeburt….

    1. Mit einem Satz auf den Punkt gebracht – Bravo!

      1. Für mich ist FMW ein wichtiger Seimograph. Die Warnrufe werden von Tag zu Tag lauter.
        Die sind immer sehr gut begründet – leider

  2. Hilfe einen Erklärbär.
    Wie kann sein?
    Wenn Bodenschätze
    Wenn Bodenschätze,
    Wem gehören Sie?
    Wenn gleichzeitig Armes Land.
    Wieviel Jahrtausende Jahre, Menschen sich noch Verarsch…….lassen.
    Wer profitiert von der Situation?
    Oh Simbabwe, du Reiches Land. Wie lange gedemütigt durch Auseland?

    W

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