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Sozial-Labor Schleswig-Holstein: Bedingungsloses Grundeinkommen, oder was jetzt?

CDU, FDP und Grüne haben nun einen Koalitionsvertrag für Schleswig-Holstein beschlossen. Was bei so einer Jamaika-Koalition herauskommt, darf man wohl getrost als Sozial-Labor bezeichnen. Die FDP sähe gerne die Einführung...

FMW-Redaktion

CDU, FDP und Grüne haben nun einen Koalitionsvertrag für Schleswig-Holstein beschlossen. Was bei so einer Jamaika-Koalition herauskommt, darf man wohl getrost als Sozial-Labor bezeichnen. Die FDP sähe gerne die Einführung eines „Bürgergeldes“. Damit will man letztlich alle bestehenden Sozialleistungen (wie Hartz 4) ersetzen durch eine pauschale monatliche Zahlung an alle Erwerbsfähigen, die weniger als 1.500 Euro verdienen. Diese Leistung soll gekürzt werden, wenn der Bürger sich weigert Arbeit anzunehmen. Damit wolle man jedem Einzelnen ein „selbstbestimmtes Leben“ ermöglichen. Letztlich wäre das in der Realität ein Ersatz für Hartz 4 und eine staatliche Subvention für Geringverdiener, so möchten wir meinen.

Damit würden sie zukünftig deutlich mehr Geld haben, womit Arbeitgeber die Niedriglöhne nicht mehr erhöhen müssten. Denn warum sollte sich dann ein Mindestlohn-Empfänger noch über 8,84 Euro die Stunde beklagen, wenn er oben drauf noch beispielsweise 1.000 Euro vom Staat zusätzlich bekäme? In diesem Modell wären bisherige Hartz 4-Empfänger im Großen und Ganzen so gestellt wie jetzt auch.

Im Jamaika-Koalitionsvertrag heißt es Zitat:

„Wir werden ein Zukunftslabor mit den Akteurinnen und Akteuren der Arbeitsmarktpolitik und aus der Wissenschaft ins Leben rufen, in deren Rahmen die Umsetzbarkeit neuer Absicherungsmodelle, zum Beispiel ein Bürgergeld, ein Grundeinkommen oder die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme, diskutiert und bewertet werden sollen.“

Das klingt natürlich alles noch recht unklar und schwammig. Aber die Grünen in Schleswig-Holstein, die wollen das „richtige“ Bedingungslose Grundeinkommen. Im Raum stehen 1.000 Euro. Laut „shz“ sagte der Grüne Robert Habeck ein Bedingungsloses Grundeinkommen wolle man regierungsseitig entwickeln und in Schleswig-Holstein als Modellregion erproben. Gegenüber der „Welt“ sagte er es wäre super, wenn Modellprojekte dafür in Schleswig-Holstein entstehen würden.

Offiziell bleibt diese neue bunte Koalition recht vage in ihrer offiziellen Formulierung. Aber es ist wohl auch als Angriff auf SPD und Linke zu verstehen. Hey schaut mal her Leute, wir können auch einen auf Sozial machen… aber eine konkrete Neuerung hat die neue Koalition doch vereinbart. Der Mindestlohn von mindestens 9,99 Euro, der beispielsweise bei öffentlichen Aufträgen in Schleswig-Holstein gezahlt werden muss, und gerade erst eingeführt wurde, wird gleich wieder abgeschafft! Na endlich was Handfestes!

Aber mal theoretisch, wenn nur in Schleswig-Holstein sagen wir mal ein Bürgergeld eingeführt würde für alle Menschen mit weniger als 1500 Euro Einkommen. Was könnte/würde dann passieren? Nur mal ein kurzes Gedankenspiel in zwei Zügen.

1)
Bürger mit mehr als 1500 Euro Monatseinkommen könnten ihre Arbeitgeber darum bitten es leicht unter 1500 Euro zu senken. Dann bekäme man Einkommen + 1000 Euro Bürgergeld. Unterm Strich hätten dann viele deutlich mehr als vorher.

2)
Auf dem Papier könnten beispielsweise zahlreiche Bürger als Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern Schein-Meldeadressen in Schleswig-Holstein anmelden (1. Wohnsitz), dann dort das Grundeinkommen kassieren, aber weiter in ihrem eigentlichen Bundesland arbeiten und wohnen.

Für Betrug und Missbrauch wären Tür und Tor geöffnet bei so eine Regelung auf Länderebene. So oder so, egal wie man es dreht. Bei geschenktem Geld, bei Subventionen, bei allen Arten von Verzerrungen wird es immer einen enormen Missbrauch geben… aber grundsätzlich, auf globaler Ebene, wird das Konzept des Bedingungslosen Grundeinkommens wohl mehr und mehr als Diskussionsgrundlage dienen, wie die zukünftige Welt aussehen soll, wenn immer mehr Jobs durch Roboter und Software ersetzt werden, und dafür aber nicht ausreichend neue Jobs entstehen. Aber auf regionaler Ebene, nur in einem Bundesland so ein Modell einzuführen, wäre eine drastische Verzerrung der Arbeits- und Finanzwelt innerhalb Deutschlands. Daher ist und bleibt das Modell auf Bundesländer-Ebene wohl nur ein Gedankenspiel.


Der Grüne Robert Habeck. Foto: GrüneSH / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)



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5 Kommentare

  1. Der Artikel lässt eine Frage offen, Zitat: wenn immer mehr Jobs durch Roboter und Software ersetzt werden, und dafür aber nicht ausreichend neue Jobs entstehen.
    Nun zu meiner Frage, da dieses Szenario ja absehbar ist das immer mehr niedrige Jobs von Robotern gemacht werden. Warum brauchen wir dann die ganzen „neu hier Lebenden“ die nichts gelernt haben oder noch nicht einmal lesen und schreiben können? Das Fachkräfte fehlen liegt doch an der Wirtschaft selber, sie haben nicht genug ausgebildet. Die Wirtschaft schreit nach Fachkräfte und es kommen ?????? Also war Deutschland doch gut aufgestellt wenn immer mehr Jobs wegfallen.

  2. Ehe für Alle, Abi für Alle, Geld für Alle, Freibier für Alle

    NWO für Alle

  3. grundsätzlich finde ich die idee richtig.
    es werden viele menschen eher bereit zu sein einen arbeitsplatz mit geringerem netto anzunehmen.

  4. FMW:
    „Bedingungsloses Grundeinkommen, oder was jetzt?“

    Genau. Oder was.
    Die mögen vielerlei im Kopf haben, die aus SH – aber bei dem Geschilderten geht es nicht um das „Bedingungslose Grundeinkommen“.

    Um das noch mal zu verdeutlichen, falls da jemand was durcheinanderbringen sollte.

  5. Das (aus dünner Luft erzeugte) Fiatmoney direkt in die Hände der Endverbraucher zu geben (die es verkonsumieren), führt zu Preisinflation. Hierdurch wären Empfänger von Sozialleistungen wahrscheinlich noch schlechter gestellt, als heute schon (sofern diese wegfallen und jeder 1000€ pro Monat bekommt). Eine höhere Nachfrage führt eben nicht automatisch zu einem höheren Angebot (dafür müssten die Margen attraktiv genug sein, um Investitionen zu rechtfertigen). Auch problematisch: nur lokal eingeführt, würde vermutlich halb Deutschland in das betroffene Bundesland ziehen (und die halbe Weltbevölkerung gleich mit, sofern auch nicht-Deutschstämmige darauf Anspruch haben sollten).

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