Der türkische Aktienmarkt und seine Chancen Türkei: Aktien-Hausse am Bosporus?

Bisher ist die Türkei vor allem durch hohe Inflationsraten und häufige Wechsel an der Spitze der Notenbank in den Medien aufgefallen – aber vielleicht lohnt ein Blick auf die Aktien am Bospurus.

Was motiviert einige Analysten, in den türkischen Aktienmarkt zu investieren, und wie kann man diese Idee in seinem eigenen Handel umsetzen?

Henry Ford, berühmter amerikanischer Industrieller und Wirtschaftspionier, hatte einst gesagt: „Wenn du immer das tust, was du immer getan hast, wirst du immer das bekommen, was du immer bekommen hast.“

Damit wollte Ford ausdrücken und zugleich ermutigen, über den eigenen Tellerrand zu schauen, neue Wege zu gehen und das Unbekannte zu erkunden, um wertvolle Entdeckungen und Erfahrungen zu machen. Diese Lebensweisheit gilt natürlich auch an den Finanzmärkten. Als aktiver Anleger lohnt es sich, einen Blick außerhalb des gewohnten Universums zu werfen, das meist nur aus DAX, S&P 500 oder anderen bekannten und beliebten Anlageinstrumente und Märkten besteht. Die Macher von Game of Trades suchen täglich nach solch interessanten Anlagemöglichkeiten für ihr Portfolio, dass aktuell noch über 20 Prozent Cash-Reserven vorhält. Sie haben den Aktienmarkt der Türkei als vielversprechende Investitionsmöglichkeit für sich entdeckt.

Die außergewöhnliche Zentralbankpolitik der Türkei

Man könnte fast glauben, dass sich die Zentralbank der Türkei (CBRT) Henry Fords Zitat auf die Fahnen geschrieben hat, denn ihr bisher völlig unkonventioneller und überraschender Umgang mit der ausufernden Inflation steht diametral entgegengesetzt zur Zentralbankpolitik anderer Länder. Die Türkische Zentralbank hatte lange Zeit versucht, die Inflation durch Zinssenkungen zu bekämpfen.

Zur Erinnerung: Fast alle Notenbanken dieser Welt heben seit nunmehr über einem Jahr konstant die Zinsen an, um die Inflation zu bekämpfen. Aber nun ist es wohl vorbei mit den monetären Experimenten. Seit Ende Mai hat die türkische Zentralbank den 1-Wochen-Reposatz auf 15 Prozent fast verdoppelt.

Was bewirkt solch eine Änderung der Geldpolitik? Diese Form der Geldpolitik wird von Zentralbanken verwendet, um die Liquidität im Finanzsystem zu steuern und die Inflation zu kontrollieren. Wenn die Zentralbank die Repo-Rate erhöht, bedeutet dies, dass sie einen höheren Zinssatz für die kurzfristige Anleiherückkaufvereinbarung verlangt. Durch eine höhere Repo-Rate wird es für Geschäftsbanken teurer, sich kurzfristig Geld von der Zentralbank zu leihen, wodurch die Geldmenge in der Wirtschaft reduziert und die Kreditvergabe eingeschränkt wird. Dies kann helfen, die Inflation zu dämpfen. Umgekehrt senkt die Zentralbank die Repo-Rate, um die Geldmenge zu erhöhen und die Wirtschaft zu stimulieren.

Die bisherige Geldpolitik der Türkei hatte in der Spitze zu einer Kerninflation von über 70 Prozent geführt. Opfer dieser Politik war natürlich auch die türkische Lira, die seit September 2021, dem Beginn der Zinssenkungen, ebenfalls 70 Prozent an Wert verloren hat. Diese anhaltende Schwäche der Lira stellt für ausländische Investoren ein erhebliches Währungsrisiko dar, wenn sie sich am türkischen Aktienmarkt engagieren möchten. Die Lage hat sich jedoch seit Beginn der neuen, eher traditionellen Geldmarktpolitik der türkischen Zentralbank augenscheinlich verändert. Gerade in den letzten Wochen sind Aktien aufgrund des neuen politischen Ansatzes stark angestiegen, wobei ausländische Investoren ihre Käufe von türkischen Aktien verstärkt haben. Dies signalisiert eine gewisse Glaubwürdigkeit in der Politikänderung der Türkei.

Türkei: Aktien sehr günstig bewertet

Blickt man auf die reinen Kennzahlen, scheint der türkische Aktienmarkt mit einer Forward P/E-Ratio (erwartetes KGV) von sechs recht günstig bewertet. Gerade im Vergleich zum chinesischen Aktienmarkt, ein Land, das ebenfalls mit erheblichen makroökonomischen Gegenwind zu kämpfen hat und mit einer Forward P/E-Ratio von elf bewertet wird. Laut den Analysten von Game of Trade könnten sich die Bewertungen in der Türkei signifikant nach oben zu bewegen. Das spiegelt einen Optimismus wieder, dass die politische Kursänderung zu vorhersehbareren Unternehmensgewinnen und einer stärkeren Lira führen wird.

Kaum Korrelation zu US-Aktien

Ein weiterer Vorteil türkischer Aktien ist ihre geringe Korrelation zu den US-Aktien. Das macht sie zu einem wertvollen Diversifikationsbaustein für das eigene Portfolio, insbesondere wenn man skeptisch gegenüber den Gewinnerwartungen amerikanischer Unternehmen ist. Laut den Analysten beträgt die Korrelation zu US-Aktien gerade mal ein Fünftel der für den Rest der weltweiten Aktien errechneten Werte. Während also alle Aktien außerhalb der USA im Durchschnitt zu über 80 Prozent mit der Entwicklung der US-Aktien korrelieren, kommen die türkischen Aktien auf einen Wert zwischen zehn und zwanzig Prozent.

CDS Spreads rückläufig – Rally am türkischen Aktienmarkt

Die Kosten für die Absicherung von Staatsanleihen, wie sie in den Credit Default Swap Spreads (CDS) erfasst werden, sind ebenfalls nach der Kursänderung durch die türkische Notenbank gesunken. Das deutet darauf hin, dass ausländische Investoren der Wende in der Geldmarktpolitik Vertrauen schenken. In den letzten beiden Monaten haben gerade diese Investoren türkische Aktien in einem Umfang gekauft, wie es seit der Ankündigung der Covid-Impfstoffe Ende 2020 nicht mehr der Fall war. Der Anstieg des Interesses ausländischer Investoren in den letzten zwei Monaten sieht laut den Analysten von Game of Trades vielversprechend aus. Dennoch hängt eine nachhaltige Aufwärtsbewegung der Aktien von einer lang anhaltenden Verbesserung der Stimmung unter ausländischen Investoren ab.

Restriktive Geldpolitik als Risiko für die Unternehmensrentabilität

Während das hohe Inflationsniveau in der Türkei ausländische Investoren abgeschreckt hat, wurde es von lokalen Investoren positiv aufgenommen, da es als Absicherung gegen rasche Preissteigerungen betrachtet wird. Die Unternehmensgewinnmargen sind inmitten der grassierenden Inflation auf Rekordhöhen gestiegen, was die Preissetzungsmacht der Unternehmen widerspiegelt und eine nachhaltig robuste Nachfrage zeigt. Obwohl Zinserhöhungen die Gewinne von Unternehmen gefährden, hat die Zentralbank bisher signalisiert, dass die Straffung nur allmählich erfolgen wird.

Ausbruch aus dem Abwärtstrendkanal

Türkische Aktien (TUR ETF) haben erst vor kurzem einen wichtigen Abwärtstrendkanal durchbrochen, der seit Anfang der 2010er Jahre bestand und die schwache Entwicklung der Aktienmärkte in Schwellenländern seit der Finanzkrise widerspiegelte. Hier ein Chart des iShares MSCI Turkey ETF (TUR):

Der viel beachtete RSI (Relative Stärke Index) notiert nicht mehr im überkauften Bereich, obwohl sich der Ausbruch aus dem Abwärtstrendkanal vorerst ein wenig erschöpft hat. Der jüngste politische Neuanfang bietet türkischen Aktien jedoch eine neue Lebenschance, die möglicherweise den nächsten Aufwärtstrend antreiben könnte. Zusammenfassend kommen die Analysten von Game of Trades zu dem Ergebnis, dass türkische Aktien ein erhebliches Aufwärtspotenzial bei sehr niedriger Bewertung bieten.

Die Rückkehr zu einer normalen Geldpolitik könnte ausländische Investoren ins Land locken. Das Aufwärtspotenzial sehen die Analysten jedoch ohne eine nachhaltige Stärkung der Lira als begrenzt an. Der schrittweise Ansatz der Türkischen Notenbank, die Zinsen nicht zu schnell anzuheben, könnte als Folge das Risiko verringerter Unternehmensgewinne reduzieren. Allerdings könnte eine Neubewertung des türkischen Aktienmarktes, der historisch niedrig bewertet ist, sehr schnell erfolgen. Ein Warten auf eine Erholung der Lira könnte bereits zu spät sein, um wirklich von einer Aktien-Hausse am Bosporus zu profitieren. Das Preisziel setzen die Analysten von Game of Trades bei 46 US-$, den Stopp Loss bei 29,90 US-$.