Hintergrund

Uli Hoeneß, Deutschland, Spekulanten

Jetzt, wo sich der Rummel um die kleine Steuersünde von Uli Hoeneß etwas gelegt hat, darf ich es ja sagen: der Uli und ich, wir sind ganz dicke. Und das, obwohl der Uli ein Schwabe ist, was für mich als Münchner ja fast schon ein Ausschlusskriterium ist. Aber beim Uli, da bin ich nicht so – was wirklich ein feiner Zug von mir ist.

Denn im Gegensatz zu den Berlinern im Prenzlauer Berg ist der Münchner in seiner ur-eigensten Art durch den massenhaften Zustrom von Schwaben geradezu existentiell gefährdet. Der Schwabe ist mobil, und trifft geografisch erst einmal München. Das ist Pech, aber eine Tatsache.

Jetzt, wo der Uli bald ins Hotel Landsberg einkehrt und der Steuerzahler Kost und Logie dafür übernimmt, möchte ich einmal an ein Opfer des Vorfalls erinnern, an das sonst niemand denkt: sein Betreuer bei der Bank. Tag und Nacht ist der wachgeblieben, immer in Erwartung: der Uli ruft gleich an. Das hat seiner Frau nicht gefallen, weswegen sie sich von ihm getrennt hat.

Zugegeben: er hat gut verdient durch den Uli, weswegen er sich ja das schicke Häuschen gekauft hat in der Proletenstadt Zürich. Weil, der Uli hat Volumen geschoben, und die Bank war nicht sooo günstig, da ist ein leckeres Stück vom Kuchen auch bei dem Berater hängengeblieben. Aber jetzt: der Uli ist weg, die Frau sowieso, und das Haus bald auch – weil ja der Uli weg ist.

Dabei hat man den Uli ja gewarnt. Der Franz hat gesagt: Uli, das mit der Börse, des is doch a Schmarrn. Und wenn man es sich genau überlegt, sind wir dem Uli doch nicht wegen der Steuersünde böse (die ist auch in diesen Summen-Bereichen eher ein Massenphänomen), sondern weil Spekulation in Deutschland als Teufelswerk gilt. Unseriös in jeder Hinsicht, die bösen Zocker. Zocken mit Lebensmitteln, Renten, Anleihen, Währungen oder mit Zukunftserwartungen.

Dass aber richtige Zukunftserwartungen schon immer geldwert waren, ist dem Deutschen nicht so recht. Er hat viel lieber Bargeld, statt das Karten-Zeug, und Arbeit ist nur das, was durch Hände passiert. Das hat eine lange Tradition in deutschen Landen, weswegen man den Juden ja immer so ein bisschen böse war, dass sie gezwungenermaßen im Geldgeschäft überrepräsentiert waren. So richtig böse wurde man ihnen dann nach dem ersten richtigen Börsencrash in Deutschland 1873. Die Juden waren schuld, klar, unmittelbar im Anschluss entstanden Parteien, die als einzigen Programmpunkt Antisemitismus hatten.

Nachdem die Deutschen dann den 2.Weltkrieg haarscharf verloren hatten, war der Antisemitismus verboten, aber die damit verbundene Spekulations-Feindschaft ist geblieben. Das ist einer der ganz wenigen Dinge, die die allermeisten Deutschen sofort unterschreiben würden: Spekulation ist böse! Und das ist der tiefere Grund, warum man dem Uli so böse war. Steuersünde plus Spekulation – das ist Gift. Alice Schwarzer dagegen hatte nur Steuern hinterzogen, das Medienecho war nicht zufällig wesentlich geringer, eben nicht nur wegen der kleineren Summe.

So ganz geheuer ist den Deutschen der Finanzmarkt bis heute nicht. Das merkt man bis in die lustlose Pflicht-Börsen-Berichterstattung in der ARD. Oder wie käme man sonst auf die Idee, etwa eine Anja Kohl zu verpflichten? Mein Sohn sagt immer, wenn er die Kohl sieht: „Papa, ist das eine Hexe“? Ja, sage ich dann – aber eine harmlose!

 



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