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"Bei einigen Wertpapieren kann man mit einem Lastwagen durch die Geld-Brief-Spanne fahren" US-Notenbank Fed: Warum die USA bald eigene Anleihen kaufen

USA Anleihen Fed

Die Notenbank der USA, die Fed, hebt im Kampf gegen die ausufernde Inflation die Zinsen immer weiter an – und will eigentlich auch ihre Bilanzsumme reduzieren, die im Zuge der ultralaxen Geldpolitik durch den Kauf von Anleihen auf knapp neun Billionen Dollar angewachsen war.

US-Anleihen: wer kauft, wenn nicht die Fed?

Aber da gibt es ein Problem: wenn die Fed keine Anleihen mehr kauft, wer dann sonst? Zwar werden viele Anleihen der USA von amerikanischen und ausländischen Investoren gekauft – aber das reicht offenkundig nicht aus, um den Markt für amerikanische Staatsanleihen wirklich liquide zu halten.

Denn der bisher mit Abstand größte Käufer der Staatsanleihen der USA, die Fed, will seit Mitte September ihre Bilanzsumme um 95 Milliarden Dollar pro Monat reduzieren (bislang bleibt die Fed allerdings deutlich hinter ihrem Fahrplan bei der Bilanzreduzierung). Gleichzeitig aber machen die USA ja weiter neue Schulden, die über die Emission von (Staats-)Anleihen aufgenommen worden. Schätzungen gehen davon aus, dass pro Monat durchschnittlich ca. 80 Milliarden Dollar an neuen Schulden durch die Emission von US-Staatsanleihen aufgenommen werden müssen.

Für US-Staatsanleihen der USA bedeutet das: während der größte Käufer wegfällt, nimmt das Angebot an neuen US-Anleihen durch die Schuldenaufnahme der USA kontinuierlich weiter zu. Wohl nicht zufällig sind aufgrund dieser toxischen Kombination die Renditen für US-Staatsanleihen massiv gestiegen – die 10-jährige US-Anleihe etwa handelt im Bereich der Marke von vier Prozent.

Zu viel neue Schulden, zu wenige neue Käufer

Wenn aber zu wenige Käufer für Anleihen der USA vorhanden sind nach dem Ausstieg der Fed, dann besteht die Gefahr, dass die Renditen für US-Staatsanleihen weiter nach oben schießen – ergo die Schuldenaufnahme für die USA immer teurer wird. Während der Staat USA selbst mit gut 30 Billionen Dollar verschuldet ist, liegt die Gesamtverschuldung der Amerikaner inzwischen bei 92 Billionen Dollar (inklusive Haushalte und Firmen). Steigen dann die Renditen (Zinsen), werden diese Schulden dann immer weniger tragbar sowohl für den US-Staat, als auch für amerikanische Firmen und Konsumenten.

Was also tun in diser Lage? Nun, die Fed könnte einen „U-Turn“  machen und statt Bilanzreduzierung wieder Anleihen kaufen. Aber das würde das ohnehin leicht angeknaxte Vertrauen in die US-Notenbank wohl weiter erschüttern. Also muß ein anderer großer Player wohl einspringen – und das kann nur der amerikanische Staat selbst sein!

Die seit langem schwelende Idee, dass die US-Regierung bereit sein sollte, Staatsanleihen von Anlegern zurückzukaufen, um das Funktionieren des Marktes zu verbessern, rückt näher an die Realität heran, wie Bloomberg nun berichtet.

Zwar hat das Finanzministerium der USA bereits in der Vergangenheit – zuletzt zwischen 2000 und 2002 – Rückkäufe von eigenen Anleihen getätigt, und seine Berater aus der Wirtschaft haben es seither gedrängt, ein solches Programm in Erwägung zu ziehen. Doch erst in der die letzten Woche wurden die unternommenen Schritte in diese Richtung konkreter und übertrafen dabei die Erwartungen der Experten.

US-Staatsanleihen-Renditen weichen bei erhöhter Volatilität vom fairen Wert ab

Die Liquiditäts-Kennzahlen für den Markt für Staatsanleihen der USA nähern sich dem Krisenniveau, nachdem die Anleihen im vergangenen Jahr aufgrund der steigenden Inflation und der Zinserhöhungen der Fed starke (Kurs-)Verluste erlitten haben. Da die Zentralbank gleichzeitig einen Teil ihrer Bestände abbaut, könnte sich die Situation noch verschlechtern. Finanzministerin Janet Yellen äußerte sich letzte Woche besorgt darüber.

„Als wir letzte Woche davor gewarnt haben, dass die Rückkäufe des US-Finanzministeriums in das Gespräch über das Schuldenmanagement einfließen könnten, haben wir nicht erwartet, dass sie so abrupt ins Rampenlicht springen würden“, schrieb Lou Crandall, Ökonom bei Wrightson ICAP, in einer Mitteilung an Kunden. „Die Liquiditätsengpässe im September mögen das Interesse des Finanzministeriums an Rückkäufen verstärkt haben, aber es handelt sich dabei nicht nur um eine reflexartige Reaktion auf die jüngsten Marktentwicklungen“.

Der konkrete Schritt des Finanzministeriums erfolgte im Rahmen seiner vierteljährlichen Umfrage unter den (Anleihe-)Primärhändlern , die am Freitag im Zusammenhang mit dem am 2. November anzukündigenden Finanzierungsplan veröffentlicht wurde. Die 25 Händler wurden um eine detaillierte Einschätzung der Vorzüge und Grenzen eines Rückkaufprogramms für Staatsanleihen gebeten. Als der letzte Finanzierungsplan im August veröffentlicht wurde, empfahlen die Branchenberater des Ministeriums im Treasury Borrowing Advisory Committee eine weitere Analyse des Themas.

Extreme Volatilität

Zusammen mit den jüngsten Äußerungen Yellens und der extremen Volatilität auf dem britischen Anleihemarkt in den letzten Wochen deutet die Abfrage darauf hin, dass das US-Finanzministerium ab November zurück kaufen dürfte, so die Zinsstrategen von JPMorgan Chase & Co. in einer Research Note vom 14. Oktober. Die Strategen der Bank of America Corp. sagten eine Einführung im Mai 2023 voraus.

Die Rückkäufe in den Jahren 2000 bis 2002 dienten dazu, dem Finanzministerium zu ermöglichen, weiterhin neue Anleihen zu verkaufen, um seinen Marktzugang zu einer Zeit aufrechtzuerhalten, in der die Bundesregierung einen Haushaltsüberschuss verzeichnete und das Geld nicht benötigte. Die durch den Verkauf neuer Anleihen eingenommenen Mittel wurden dabei für den Rückkauf alter Anleihen verwendet.

Unter den gegenwärtigen Umständen, zu denen auch hohe Haushaltsdefizite gehören, würde ein Rückkaufprogramm jedoch andere Zwecke verfolgen. Dazu gehören die Erhöhung der Liquidität in den Bereichen des Marktes, die sie nach dem Rückzug der Fed am dringendsten benötigen –  und die Möglichkeit, US-Schatzwechsel in gleichmäßigeren Mengen zu verkaufen, wobei die Erlöse für den Rückkauf von weniger gefragten Anleihen verwendet werden.

Extrem dünne Liquidität

Das Marktsegment, das am meisten von einem Rückkaufprogramm profitieren würde, legte am Freitag nach der Veröffentlichung der Umfrage zu: Zwanzigjährige US-Anleihen, die im Mai 2020 in einer Menge wiedereingeführt wurden, die damals die Nachfrage übertraf, schnitten besser ab als benachbarte Sektoren.

Die Liquidität beim Handel von US-Staatsanleihen erreichten im vergangenen Monat den schlechtesten Stand seit dem Marktchaos zu Beginn der Pandemie. Der Bloomberg US Government Securities Liquidity Index – ein Maß für die Abweichung der Renditen von einem Fair-Value-Modell – bleibt nahe dem höchsten Stand seit März 2020, als eine Flucht in Bargeld die Fed dazu veranlasste, mit dem Kauf von Anleihen zu beginnen, um den Markt zu stabilisieren.

„Bei einigen Wertpapieren kann man mit einem Lastwagen durch die Geld-Brief-Spanne fahren“, so Deborah Cunningham, Chief Investment Officer of Global Liquidity Markets und Senior Portfolio Manager bei Federated Hermes, in einem Interview mit Bloomberg Television am 3. Oktober.

FMW/Bloomberg

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1 Kommentar

  1. Wofür würde das US-Finanzministerium das Geld für den Rückkauf der Anleihen bekommen. Um Geld einzusammeln, müsste doch das Finanzminesterium weitere Anleihen ausgeben?

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