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Bundesfinanzhof Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte ist verfassungswidrig

Anleger vor Laptop
Foto: Tonodiaz-Freepik.com

Seit drei Jahren gilt der „Steuerwahnsinn“ für Privatanleger in Deutschland: Man kann nur noch 20.000 Euro Verluste aus Termingeschäften (zum Beispiel die beliebten CFDs) mit Gewinnen pro Jahr verrechnen. Die bizarre Folge: Wer hohe Gewinne macht, aber auch sehr hohe Verluste, und unterm Strich vielleicht nur einen minimalen Gewinn in einem Jahr, kann netto sogar Verlust machen, denn er muss auf einen Großteil seiner Gewinne Steuern zahlen. Und das kann schon bei gesundem Menschenverstand nicht rechtens sein, dass ein Anleger, der an der Börse Gewinne erzielt, nach Steuern Verluste macht!

Bundesfinanzhof über Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte

Und nach drei Jahren gibt es nun vorläufig frohe Kunden vom Bundesfinanzhof (BFH), dem höchsten deutschen Gericht für Steuerangelegenheiten. Dort verkündete man am 7. Juni im Zuge der Klage eines Anlegers, Zitat: „Bei der im Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung gebotenen summarischen Prüfung ist die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) nicht mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar.“

Wir sind keine Steuerberater. Aber wer von diesem Problem betroffen ist, und sich vom Finanzamt mit entsprechenden Forderungen konfrontiert sieht, sollte dringend seinen Steuerberater kontaktieren, ob man basierend auf diesem Urteil eine Aussetzung der Vollziehung der Forderung beantragen kann, wenn man das nicht schon längst getan hat. Denn noch ist die letzte Messe nicht gelesen. Der Bundesfinanzhof hat zwar verkündet, dass diese Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte verfassungswidrig ist.

Letztlich muss das Bundesverfassungsgericht wohl noch entscheiden. Aber ob man sich gegen diese eindeutige Meinung des Bundesfinanzhofs stellen wird? Es ist auch wirklich unvorstellbar, dass es überhaupt möglich ist, dass ein Anleger der Gewinne erwirtschaftet, nach Abzug der Steuern netto Verluste macht. Nochmal: So ein Gesetz kann einfach nicht rechtens sein, das sagt schon der gesunde Menschenverstand. Jetzt hat der Bundesfinanzhof Anlegern Hoffnung gegeben, und man muss auf Karlsruhe warten.

Nicht zu früh freuen

Der deutsche Finanz-Lobbyverband der CFD-Broker, der CFD-Verband, schreibt in seiner Stellungnahme: „Die Beschwerde des Finanzamts wird als unbegründet zurückgewiesen. Der Senat kommt bei der Prüfung des Sachverhalts zu dem Ergebnis, dass die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte nicht mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist. Vor diesem Hintergrund bleibt der CFD-Verband optimistisch, dass die Musterklage, die im Revisionsverfahren seit Mai am BFH anhängig ist, zu keinem anderen Ergebnis kommen wird, als das der BFH das strittige Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorlegen wird. Die aktuelle Entscheidung des BFH zur Aussetzung der Vollziehung sollte für viele Betroffene bereits eine bedeutende Abhilfe darstellen.“

FMW: Anleger können also noch nicht endgültig aufatmen, aber man darf hoffnungsfroh sein.



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2 Kommentare

  1. Ja zum Termingeschäft Rohstoffsicherungsgeschäft.

  2. „Steuerwahnsinn“. Man sollte keine Boshaftigkeit unterstellen, wenn Dummheit als Erklärung ausreicht. Die Bildung zu Kapitalmärkten und ihre Relevanz ist in Deutschland bei Politik und in den Ministerien (damit ist die Aufzählung lange nicht zu Ende) nur als Sprühnebel vorhanden. Es fehlt sogar mittlerweile das Verständnis für grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge. Damit kann man sicher keinen Staat machen.

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