Meinung

Warum verlassen die Reichen China?

Ist der Exodus der Gewinner Vorbote für kommende Turbulenzen?

Man kann davon ausgehen, dass die Superreichen Chinas gut informiert sind über den Zustand der Finanzsektors. Umso aufschlussreicher ist, dass derzeit eine Exoduswelle des großen chinesischen Kapitals nach Australien und Kanada rollt.

Einfallstor für die Fluchtbewegung sind sogenannte Investmentvisa, die Kanada und Australien wohlhabenden Ausländern anbieten. Ein schlauer Gedanke, der unserer biederen Bundesregierung niemals in den Sinn käme: neben Fachkräften versuchen beide Länder gezielt Vermögende anzusprechen, um deren Kapital ins Land zu holen. Dabei müssen schon dreistellige Millionensummen vorzuweisen sein – sonst braucht man sich etwa in Kanada gar nicht erst um ein solches Visum bewerben.

Faktisch ist der Versuch vieler reicher Chinesen, ihr Vermögen ins Ausland zu transferieren, eine Abstimmung mit den Füßen. Erstens ist jedem in China klar, dass Eigentumsverhältnisse – anders als im Westen – nicht wirklich garantiert sind. Gegen eine Enteignung durch den Staat gibt es schon aufgrund des Fehlens einer unabhängigen Justiz im Reich der Mitte kaum Möglichkeiten der Gegenwehr.

Zweitens dürfte den Reichen in China klar sein, dass mit der neuen Führung in China eine andere Mentalität eingezogen ist. Bescheidenheit ist jetzt oberste Tugend – da werden Multimillionäre schnell verdächtig.

Und drittens fürchten die Reichen, dass das kreditgehebelte Kartenhaus der chinesischen Wirtschaft schnell zusammen brechen könnte, wenn die Regierung weiter mit ihrem Vorhaben ernst macht, die Kreditrisiken der Schattenbanken und Trusts zu minimieren – ein Vorhaben, dass eine deflationäre Welle auslösen dürfte.

Die Reichen sitzen zudem auf einer Währung, die nicht frei handelbar ist und von der Regierung gesteuert wird. Die Zeiten, in der alle Welt fest daran glaubte, dass der Yuan nur aufwerten könne, sind definitv vorbei. Faktisch ist der Yuan – vielleicht neben dem britischen Pfund – die überbewertetste Währung der Welt. Die Auswanderung ist daher für viele der Superreichen die einzige Chance, den Yuan zu einem aktuell guten Kurs los zu werden.

Anders als im Westen wird vielen Chinesen immer klarer, dass das derzeitige Wirtschaftsmodell nicht funktionieren kann. So erzählte mir ein Bekannter, der für eine große deutsche Firma regelmäßig in China ist, dass seine Geschäftspartner immer nach einer Möglichkeit Ausschau halten, ausländische Währungen wie den US-Dollar zu erwerben. Auf seinen Reisen sieht er immer wieder leerstehende Geisterstädte, selbst in unmittelbarer Umgebung von Shanghai. Meist sind das noch Rohbauten – die Investoren haben in Erwartung steigender Preise gekauft und sind davon ausgegangen, zu einem späteren Zeitpunkt dann den Bau fortzusetzen, wenn das angestrebte Preisniveau erreicht ist – ein Sinnbild für die extrem spekulative Natur der chinesische Wirtschaft insgesamt!



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