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Wirtschaft: Wie stark wird der Konsumrausch wirklich?

Die letzte Rezession war anders als all die anderen, seit dem Zweiten Weltkrieg: Der Einbruch der Wirtschaft war sehr kurz und sehr tief, dabei gab es eine äußerst diffuse Verteilung von Gewinnern und Verlierern. Begleitet wurde die verursachende Pandemie von noch nie dagewesenen Rettungsaktionen von Regierungen und Notenbanken für Wirtschaft und Konsumenten. Eine gewaltige Schuldenaufnahme führte auch zu großen Geldvolumina von denjenigen, die das Geld nicht ausgeben konnten oder nicht wollten, weil man sicherheitshalber sparte. Doch was passiert mit dem Kapital, post Corona?

Wirtschaft: Nicht nur die Schuldenberge sind explodiert

Desto stärker Covid-19 im Jahr 2020 wütete, ums größer fielen die Stimuluspakete aus, die in den vergangenen 12 Monaten in die Wirtschaft geflossen waren. Während die Weltwirtschaft im letzten Jahr um 4,4 Prozent schrumpfte, haben nach Berechnungen von Bloomberg allein die Industriestaaten fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Kurzarbeitergeld, Arbeitslosenunterstützung oder Helikoptergeld in die Wirtschaft gepumpt. Allen voran die USA, deren Bruttoinlandsprodukt „nur“ um 3,3 Prozent gesunken war, aber wie hoch beläuft sich allein die Summe der ausgeschütteten und gerade vorbereiteten Rettungspakete?

Auch wegen der Armut im unteren Viertel der Gesellschaft hat der Staat gewaltige Summen aufgenommen, um den Konsum am Leben zu erhalten. Hier ein Beispiel für eine US-Durchschnittsfamilie aus der Washington Post:

Die Stimulierung der Wirtschaft in den USA

Klar, dass bei diesen Summen vieles gespart, an den Börsen gezockt, aber auch vieles nicht ausgegeben wurde. In den USA sind laut Bloomberg 1,5 Billionen Dollar auf Giro- und Geldkonten gelandet, eine Summe, die 7,2 Prozent der US-Wirtschaftsleistung entspricht. Aber nicht nur jenseits des Atlantiks liegen riesige Beträge auf den Konten. Hier ein globales Ranking:

USA: 7,2 Prozent des BIP
Spanien: 6,0 Prozent
Japan: 5,9 Prozent
Großbritannien: 5,7 Prozent
Frankreich: 5,6 Prozent
Deutschland: 4,3 Prozent
Italien: 3,3 Prozent
China: 2,7 Prozent (Quelle: Bloomberg)

Deshalb erwarten viele Ökonomen die größte Konsumwelle aller Zeiten, wenn der Lockdown in den großen Ländern völlig aufgehoben wurde.

Summa summarum haben die Konsumenten in der Corona-Krise weltweit sechs Billionen Dollar auf der hohen Kante liegen, zu einem großen Teil, weil man durch Kontakt- und Reisebeschränkungen das Geld nicht ausgeben konnte. So etwas hatte es außerhalb der großen Kriege noch nie gegeben.

Wofür wird das Geld verwendet?

Viel Geld wird vermutlich an den Aktienmärkten landen (Umfragen zufolge 37 Prozent der neuen Stimulusschecks in den USA), vieles wird ausgegeben werden zur Freude der Inhaber von Restaurants, der gesamten Reise-, Veranstaltungs- und Kulturbranche und jeder Art von Konsumgüterherstellern.

Aber wie viel von der angesparten Summe schlussendlich im Konsum landen wird, kann nicht annähernd valide prognostiziert werden. Umfragen in den USA sprechen von 30 bis 40 Prozent, was aber immer noch eine gigantische Summe wäre. Und in Deutschland, dem Land der Geldsparer? Auch hier ist die zusätzlich angesparte Summe von 142 Milliarden Euro nicht von schlechten Eltern. Aber wir sind halt noch gewaltige Nachzügler in Sachen Corona-Impfung, das Jahr verrinnt, wir sind bereits in Woche 11, außerdem weiß man nicht was unserer Politik noch alles an Motivationshilfen einfällt. Wie sagte jüngst unsere Kanzlerin sinngemäß? Man versuche gerade Brücken zu bauen, man wüsste aber noch nicht wohin?

Fazit

Ein weiteres Beispiel für die Unterschiedlichkeit der Wirtschaft und Börsenentwicklung der Jahre 2020 und 2021. Während man im Vorjahr infolge von Reise- und Konsumbeschränkungen das Geld zusammenhielt, schreit die kommende verhaltenspsychologisch verursachte Kehrtwende demnächst nach dem Gegenteil. Doch wie stark wird der Konsumrausch ausfallen?

Eine ganz wichtige Frage, denn die Antwort darauf wird sowohl die Notenbankpolitik als auch die Börsen sehr tangieren. Sollte es sich um einen kurzen „Sugar Rush“ der Wirtschaft handeln und die Konsumenten weiter ihre „Geldhorte“ pflegen, könnte Fed-Chef mit seiner letzter Bemerkung: „The Inflation is transitory, short term“, recht behalten. Wenn nicht, dürfte ein fast unvermeidlicher Anstieg der Kapitalmarktzinsen zu Ungemach führen. Wobei wir wieder einmal bei der Grundproblematik des Börsengeschäfts wären: Vieles lässt sich in Modelle packen, das Verhalten von Menschen (Konsumenten) jedoch nicht.

Kommt der große Konsumrausch als Treiber für die Wirtschaft?



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2 Kommentare

  1. Deshalb erwarten viele Ökonomen die größte Konsumwelle aller Zeiten, wenn der Lockdown in den großen Ländern völlig aufgehoben wurde.

    Was die weisen, linear und einfach denkenden Ökonomen einmal mehr nicht berücksichtigen, ist ein sehr wahrscheinliches und reales, menschliches Szenario: Der Lockdown in den großen Ländern wird so schnell nicht völlig und vor allem nicht überall gleichzeitig aufgehoben, sondern eher langfristig fließend, mittelfritig sehr volatil und kurzfristig mit vielen Rückschritten belastet.

    Das angehäufte Geld wird dabei peu à peu verkonsumiert, in kleinen Schritten oder Wellen, wie in etwas unruhiger See. Doch weit entfernt von schwerem Wellengang oder einer gigantischen, tsunamigleichen Konsumwelle. Klingt langweilig, vor allem für die ewig falsch liegenden Sensationsanalysten von Börse und Wirtschaft, sollte aber bei der nächsten Einpreisung von Hoffnung, Erwartung und Schätzung im Casino nicht völlig außer Acht gelassen werden.

  2. @Michael, guter Kommentar, seit die Krisengewinnler im Home – Office nur noch ihre Gewinne zählen und den nächsten Porsche bestellen haben sie sich noch weiter von der Realität entfernt.In den grossen Städten und vor allem in den armen Ländern werden die Fallzahlen parallel zur Öffnung wieder steigen.Mutationen und neue Impfstoffe werden die kranke Börsenwelt noch lange beschäftigen.
    Diese Kuh ist noch nicht vom Eis und bald könnte auch noch der BÖSE BÄR ein Thema werden.

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