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Zinsen: EZB-Rat hält Senkung nicht für sicher – Der letzte Falke

Zinsen: EZB-Rat hält Senkung nicht für sicher - Der letzte Falke
EZB in Frankfurt. Grafik: EyeEM-Freepik.com

Robert Holzmann, EZB-Ratsmitglied und Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, sieht im Gegensatz zu vielen seiner Zentralbank-Kollegen eine Zinssenkung im September nicht als ausgemachte Sache. Damit ist er gefühlt der letzte Falke der Europäischen Zentralbank. Auf dem Notenbanker-Treffen in Jackson Hole haben sich die meisten Zentralbanker der EZB für weiter sinkende Zinsen ausgesprochen und damit die Märkte auf eine Fortsetzung der Lockerung eingestimmt. Einzig Robert Holzmann trat verbal auf die Bremse.

Sinkende Zinsen: Holzmann äußert Bedenken

Wie Bloomberg berichtet, gibt EZB-Rat Robert Holzmann zu bedenken, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen im nächsten Monat nicht unbedingt senken werde – obwohl mehrere seiner Kollegen dies in Jackson Hole signalisiert haben.

“Wie immer habe ich bis zum Tag der Entscheidung Vorbehalte, und wir werden noch eine Reihe von Daten erhalten”, sagte der Chef der Oesterreichischen Nationalbank Bloomberg TV am Freitag am Rande des Fed-Symposiums in Jackson Hole.

“Wir müssen uns die Daten genauer ansehen, denke ich”, erklärte Holzmann, der im EZB-Rat zu den Falken zählt. “Ich hoffe, dass wir es schaffen. Ich bin nicht gegen eine Senkung der Zinsen, ich denke nur, dass ich sie nicht zu früh vornehmen möchte.” Hier sehen Sie das gesamte Interview.

Sinkende Zinsen: EZB-Holzmann äußert Bedenken in Jackson Hole über Zinssenkung
Robert Holzmann in Jackson Hole. Foto: Natalie Behring/Bloomberg

Zinssenkung im September

Die Anleger gehen davon aus, dass die EZB auf ihrer Sitzung in drei Wochen eine Zinssenkung bekanntgeben wird. Für einige macht die zunehmende Schwäche der europäischen Wirtschaft – insbesondere in Deutschland – eine weitere Lockerung der Geldpolitik wahrscheinlicher.

Während die Zahlen vom Donnerstag einen überraschenden Rückgang des Verbrauchervertrauens im Euroraum zeigten, belegte der Einkaufsmanagerindex im Dienstleistungssektor einen beträchtlichen – wenn auch vorübergehenden – Aufschwung durch die Olympischen Spiele in Paris. Indessen fielen die zwischen den Tarifparteien ausgehandelten Lohnanstiege moderat aus, was die Bemühungen um eine Senkung der Inflationsrate auf 2% im Jahr 2025 unterstützt und für sinkende Zinsen spricht.

Holzmann war im Juni als einziger EZB-Rat gegen die erste Zinssenkung im Zyklus. Er geht davon aus, dass die Teuerungsrate womöglich nicht vor 2026 oder sogar 2027 nachhaltig auf das Zielniveau gedrückt werden kann.

Inflation noch nicht besiegt

„Bei einigen herrscht der Eindruck vor, dass der Kampf gewonnen ist“, so der OeNB-Chef. „Zu einem großen Teil ist das wahrscheinlich auch der Fall, aber es gibt definitiv einige Bereiche, in denen die Inflation noch fortbesteht, und das sind die Bereiche, die gefährlich werden können.”

Für eine Senkung der Zinsen spricht laut Holzmann der Beginn der geldpolitischen Lockerung durch die US-Notenbank. Fed-Chef Powell hatte auf einer Rede am Freitag in Jackson Hole gesagt, dass „die Zeit für eine Anpassung der Geldpolitik gekommen ist“.

“Die Entscheidung wird auch davon beeinflusst werden, was die Fed tut”, führte Holzmann aus. Zinssenkungen, die den Abstand zwischen den Kreditkosten im Euroraum und dem Dollar verringern, „würden die Entscheidung erleichtern, doch wir müssen letztendlich auf unsere Inflationsfaktoren schauen, und die können anders sein als in den USA.”

FMW/Bloomberg


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1 Kommentar

  1. last man standing im sinne der kleinen leute – nachdem auch der deutsche umgefallen ist. wenn man hätte wollen, wäre man deutlich früher in einen ernsthaften qt prozess inkl. effektive zinserhöhungen zur inflationsbekämpfung eingestiegen. aber es war ja transatory…. konnte man ja keiner ahnen, dass ein jahrzehnt flutung des junkies mit liquid exstasy irgendwann effekte bei den preisen (neben assets) haben wird.

    der arbeitsmarkt ist wie inzwischen sichtbar ohnedies so eng, dass es diesmal vermutlich zumindest diesbezüglich wirklich „anders gewesen“ wäre – aber die konzernbilanzen waren da wohl deutlich wichtiger. klar ein paar zombies wären wohl schneller über die klippe gegangen, aber man hätte nicht einen nach wie vor sich fortsetzenden effektiven kaufkraftverlust bis dato von 25%-40% (und weiter sinkend) je nach warengruppe in kauf nehmen müssen – das wird am langen ende noch enorme probleme verursachen, weil das die einkommen/transfers nie mehr aufholen werden. dafür wird schon gesorgt werden – die schuldenorgien finanzieren anderes und landen zuletzt wieder in assetblasen.

    zudem kommt, dass die greedflation/shrinkflation der unternehmen durch diese halbherzige politik insb. in den usa weiter am köcheln gehalten wird. die kreditaffinität dieser gesellschaft scheint nach der nullzinsphase nahezu grenzenlos zu sein. 12% und weiter steigende deliquency rate bei den kreditkarten scheinen nicht das ende der fahnenstange zu sein bevor man da etwas kapiert. die frage ist wo sich insb. die erkenntnisschwelle des ami-konsumenten befindet.

    dieser schuldenstand bei dieser stiky inflation und dann eine rezession zum drüberstreuen. könnte ein „netter“ mix werden – die wahl zwischen pest und cholera wird die folge sein.

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