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Lagarde und Powell signalisieren Zins-Schwenk Zinsen: EZB und Fed bereiten Zinswende vor – Klare Signale

Zinsen: EZB und Fed bereiten Zinswende vor - Klare Signale
EZB-Präsidentin Lagarde. Foto: Bloomberg

Nach der gestrigen Sitzung der Europäischen Zentralbank spricht immer mehr für eine Senkung der Zinsen im Juni. Die neuesten Projektionen für die Inflation und das Wachstum in der Eurozone deuten darauf hin, dass die EZB kurz davor steht, die Zinswende einzuleiten. Zudem haben die EZB-Präsidentin Lagarde und der Bundesbankpräsident Nagel signalisiert, dass sie sich eine erste Zinssenkung im Juni durchaus vorstellen können. Auch in den USA rückt ein Zins-Schwenk immer näher. Laut dem Fed-Chef Jerome Powell gewinnt die US-Notenbank an Zuversicht, die sie für einen Beginn der Zinssenkung braucht, dies bestätigte er bei seinem gestrigen Auftritt vor dem US-Senat.

“Wenn wir die Zuversicht haben, dass sich die Inflation nachhaltig bei 2% einpendelt – und wir sind davon nicht weit entfernt – wird es angemessen sein, damit zu beginnen, den Grad der Restriktion zurückzuschrauben”, sagte der Fed-Chef am Donnerstag. Powells Äußerungen bestärken die Auffassung, dass eine erste Zinssenkung in den nächsten Monaten erfolgen könnte.

EZB: Senkung der Zinsen im Juni

Wie Bloomberg berichtet, könnte die Europäische Zentralbank schon im Juni in der Lage sein, die Zinsen zu senken, da die Inflation in den Augen der hauseigenen Volkswirte schon im nächsten Jahr den Zielwert von 2% erreichen dürfte. Das deutete Präsidentin Christine Lagarde nach der Zinsentscheidung am Donnerstag an.

Nachdem die Währungshüter die Zinsen die vierte Sitzung in Folge unverändert auf dem Rekordniveau von 4% belassen hatten, erläuterte Lagarde, dass die Verbraucherpreise definitiv langsamer ansteigen, dass sie und ihre Kollegen jedoch noch nicht “ausreichend sicher” seien, um jetzt schon mit der geldpolitischen Lockerung zu beginnen.

“Wir brauchen eindeutig mehr Beweise, mehr Details”, fuhr Lagarde fort. “Wir wissen, dass diese Daten in den nächsten Monaten kommen werden. Im April werden wir ein wenig mehr wissen, aber im Juni werden wir viel mehr wissen.”

Wie die US-Notenbank Fed und die Bank of England überlegt auch die EZB, wann sie Entwarnung geben und beginnen kann, die beispiellose Straffung der Geldpolitik zur Eindämmung der Inflation wieder zu lockern. Die Teuerung in der Eurozone nähert sich zwar dem Zielniveau. Die Währungshüter wollen jedoch vorschnelle Zinssenkungen vermeiden und erst sichergehen, dass die Lohnanstiege nicht ausufern.

EZB-Projektionen sprechen für Zinssenkung

In den jüngsten Projektionen des EZB-Stabs wurden die Inflationsschätzungen nach unten korrigiert, insbesondere für 2024. Grund ist vor allem ein niedrigerer Beitrag der Energiepreise. Für 2024 wird nun eine Teuerung von 2,3% erwartet, für 2025 2% und für 2026 1,9%.

Herabgesetzt wurde allerdings auch die Prognose für das Wachstum, das nun für 2024 nur noch bei 0,6% gesehen wird.

Zinsen: EZB und Fed leiten Zinswende ein - Lagarde deutet Zinssenkung an
EZB korrigiert die Inflations-Projektionen nach unten, aber auch die Prognose für das Wachstum

Die aktualisierten Inflationsprognosen untermauern auch die Erwartungen der Anleger. Die Geldmärkten preisen nun eine Senkung der Zinsen um einen vollen Prozentpunkt im Jahr 2024 ein. Vor der Sitzung waren es 93 Basispunkte gewesen. Der Euro notierte 0,02% fester bei 1,0946 Dollar trotz der gestiegenen Markterwartungen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank 3 Basispunkte auf 2,29%.

Während die EZB zuversichtlicher wird, dass die Inflation zurückgeht, ist man sich im Rat auch weitgehend einig, dass es noch zu früh ist, den Sieg zu verkünden. “Wir haben auf dieser Sitzung keine Senkungen diskutiert”, sagte Lagarde. “Aber wir fangen gerade erst an, über die Rücknahme unserer restriktiven Haltung zu diskutieren.”

Bundesbankchef Nagel tendiert zum Juni

Die Europäische Zentralbank könnte laut Bundesbankpräsident Joachim Nagel in der Lage sein, die Zinsen noch vor der Sommerpause der Währungshüter zu senken.

“Die Wahrscheinlichkeit nimmt zu, dass wir möglicherweise noch vor der Sommerpause eine Zinssenkung sehen könnten”, sagte Nagel in einem Interview, das der table.media-Podcast mit ihm geführt hat. “Dies wird von den Daten abhängig sein, aber die Aussichten haben sich aufgehellt.”

Die nächsten geldpolitischen Entscheidungen der EZB stehen am 11. April, dem 6. Juni und dem 18. Juli an. Danach treffen sich die Ratsmitglieder erst wieder am 12. September.

Nagal sagte außerdem:

“Auf dem letzten Kilometer der Geldpolitik ist es oft schwierig. Hier muss man Ruhe bewahren, nicht zu früh in Euphorie verfallen, dass man das Thema Inflation beendet hätte”

“Die Wachstumsraten in Deutschland sind viel zu schwach”, so Nagel. “Ich bin aber auch zuversichtlich, dass, wenn wir unsere Hausaufgaben machen, das Wirtschaftswachstum zurückkommen kann”

Die deutsche Schuldenbremse lässt laut Nagel Spielraum

EZB will Lohndaten abwarten

Die meisten Währungshüter wollen erst einmal die in den kommenden Monaten anstehenden Lohndaten abwarten, bevor sie handeln. Das gilt sogar für Tauben wie den Griechen Yannis Stournaras, der kürzlich sagte, dass die EZB “nicht genug Informationen” habe, um vor Juni über Zinssenkungen zu entscheiden.

“Es gibt Anzeichen dafür, dass sich das Wachstum der Löhne und Gehälter abzuschwächen beginnt”, sagte Lagarde heute. “Zudem fangen die Gewinne einen Teil der steigenden Arbeitskosten auf, was die inflationären Auswirkungen verringert.”

Unterdessen wird die EZB voraussichtlich nächste Woche ihren neuen geldpolitischen Rahmen vorstellen. “Ich gehe stark davon aus, dass er auf unserer Sitzung am 13. März fertiggestellt und dann veröffentlicht wird”, sagte Lagarde. “Ich kann Ihnen versichern, dass es sich um eine sehr technische Angelegenheit handelt.”

Eine Senkung der Zinsen im Juni könnte allerdings bedeuten, dass die EZB vor der Fed handelt, und das könnte problematisch sein, meint Allianz-Chefvolkswirt Ludovic Subran.

“Was passiert, wenn die Fed die Zinsen in diesem Jahr überhaupt nicht senkt?”, sagte er am Donnerstag im Interview mit Bloomberg TV. “Das ist das große Problem. Das wäre schrecklich für die EZB.”

FMW/Bloomberg



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4 Kommentare

  1. „es gibt anzeichen, dass sich der lohnauftrieb abschwächt“

    aha und welche? es wurde von den koriphäen der ezb bisher einiges angenommen, dass sich als in der realität deutlich anders dargestellt hat. könnte daran liegen, dass hier leute kommentieren, die offensichtlich wenig bezug zur realwirtschaft haben. es gibt z.b. bei konzernen und anderen großen unternehmen den usus, dass die gehälter erst märz/april tatsächlich erhöht werden.

    deswegen ist es ja auch sinnvoll bis in den mai zu warten um hier klarere sicht auf echte zahlen und nicht nur bauchgefühle zu haben. aber es scheint das prizip hoffnung ausgerufen zu werden, um mit der beschwörung der “guten stimmung, dass es bald wieder billiges geld für die überschuldeten gibt“ das kippen richtung (tieferer) rezession zu verhindern. kann aber auch sehr schief gehen, wenns dann anders kommt.

    wirtschaftspsychologie – nichts anderes, stupid.

  2. Scheint als hätte der EZB-Rat wieder nichts daraus gelernt. Dragi ist rumgesessen (davor noch wer?), Legarde hat es gleichgetan. Zusehen und zu spät reagieren, statt agieren. Erst wie die Probleme nicht mehr zu ignorieren waren, wurde die Finanzpolitik angepasst.
    Und jetzt schon wieder! Anstatt die Zinsen um 0.xx zu senken, schauen wie es sich entwickelt, im nächsten Monat wieder senken oder erhöhen, wird nur geschaut was die Fed macht, und eventuell gehofft das sich alles irgendwie von selbst regelt….

  3. Es dürfte doch klar sein, dass wir generell auf dem falschen Weg unterwegs sind.
    Wachstum ewiges Wachstum.. Wie lange will man noch diesen zerstörerischen Weg gehen und die Menschen dafür leiden lassen, damit sich wenige immer weiter bereichern, bis es entgültig in sich zusammenfällt und davon profitieren natürlich auch die, die jetzt schon vorsorgen für diesen Fall?

    1. @Olaf

      Warum sorgen Sie nicht vor für „diesen Fall“? Ich hätte da eine Adresse in Andalusien.

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