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TTIP & CETA: EU-Kommissarin kann ihre „Arroganz der Macht“ nicht abschütteln

Gerade im Rahmen der Brexit-Abstimmung der Briten gibt es den allgemeinen politischen Richtungswechsel in Europa, der z.B. auch bei der SPD spürbar ist, die wohl keine Lust hat bei der nächsten Bundestagswahl bei 15% zu enden. Die Parole lautet...

Von Claudio Kummerfeld

Gerade im Rahmen der Brexit-Abstimmung der Briten gibt es den allgemeinen politischen Richtungswechsel in Europa, der z.B. auch bei der SPD spürbar ist, die wohl keine Lust hat bei der nächsten Bundestagswahl bei 15% zu enden. Die Parole lautet „mehr Regionalität, mehr Individualität, mehr Kompetenzen für die Mitgliedsstaaten, mehr Bürgernähe, weniger sinnlose Bürokratie in Brüssel, Transparenz usw.

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EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Foto: EU-Kommission

Nach mehreren unglaublichen Aussagen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, die bewiesen dass er überhaupt nicht verstanden hat was da gerade passiert, zeigt nun seine Kollegin, die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, dass sie die „Arroganz der Macht“ nicht unterdrücken kann. Denn Malmström hat mehr Macht, als man meinen könnte. Sie ist in der EU die wichtigste Person, wenn es um die anstehenden Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada geht (TTIP + CETA). Immer wieder lies sie in den letzten Jahren durchblicken, dass sie Bürgerproteste vor allem gegen TTIP als lästig und nervig empfand. Auch kam immer wieder Unverständnis durch, warum überhaupt protestiert wird, da man „dem Volk“ ja eh nur Gutes tun wolle.

Malmström scheint auch ganz aktuell nicht zu merken, was sie da sagt. Gestern verkündete die EU-Kommission sie habe dem europäischen Rat die förmlichen Vorschläge zur Unterzeichnung und zum Abschluss von CETA vorgelegt. Man ist also ganz kurz vor der realen Umsetzung des Abkommens. Die EU-Kommission hat laut eigener Aussage beschlossen CETA als sogenanntes „gemischtes Abkommen“ vorzuschlagen. Man ist selbst weiterhin überzeugt, dass die EU alleine dieses Abkommen beschließen kann, aber freiwillig lässt man nun auch die Migliedsstaaten mit abstimmen Zitat:

„Sie tut dies unbeschadet ihrer rechtlichen Einschätzung, die sie unlängst im Zusammenhang mit einem derzeit vom Europäischen Gerichtshof geprüften Fall, nämlich dem zwischen der EU und Singapur geschlossenen Handelsabkommen, dargelegt hat. Mit diesem Schritt leistet die Kommission ihren Beitrag dazu, dass das Abkommen auf dem nächsten EU-Kanada-Gipfel im Oktober unterzeichnet werden kann.“

Und jetzt ein Zitat hierzu von Frau Malmström:

„Die Kommission ist der Auffassung, dass das Abkommen vom rein juristischen Standpunkt aus betrachtet in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt. Angesichts der offenkundigen politischen Situation im Rat verstehen wir jedoch, dass das CETA als „gemischtes“ Abkommen vorgelegt werden muss, wenn eine rasche Unterzeichnung ermöglicht werden soll.“

Auch schreibt die EU-Kommission, dass das CETA-Abkommen schon vorläufig angewendet werden soll, sobald der europäische Rat grünes Licht gibt. Auf deutsch gesagt und im Klartext bedeuten die Aussagen der Kommission sowie die persönlichen Aussagen von Malmström: Die Einbeziehung der Mitgliedsstaaten will man eigentlich gar nicht, all das ist den Damen und Herren in der Kommission lästig. Es ist ein nerviger Klotz am Bein. Man war und bleibt auch überzeugt davon, dass nur die EU-Kommission alleine über so etwas wie ein Handelsabkommen zu entscheiden hat. Und die jetzige Einbeziehung der Mitgliedsstaaten nimmt man nur vor, weil es so kurz nach der Brexit-Abstimmung politisch opportun ist. Aber überzeugt ist man von dieser Einbeziehung nicht, denn die Mitgliedsstaaten könnten ja (so ein Mist) glatt NEIN sagen. Und ein NEIN passt nicht ins Konzept.

Dass die gnadenlose Zentralisierung in Brüssel von vielen Bürgern so nicht gewollt ist, scheint Juncker, Malmström und Co einfach nur zu nerven. Das darf man getrost als „Arroganz der Macht“ bezeichnen. Dass man das Abkommen schon in Kraft setzen will, bevor die Mitgliedsstaaten dazu JA gesagt haben, ist der finale Beweis, dass man gar nicht verstanden hat, was das Brexit-Votum bedeutet. Oder besser gesagt man will es gar nicht verstehen. Die Bürger mit ihrem Stimmrecht und die nationalen Parlamente scheinen einfach nur nervige Störenfriede zu sein, die Frau Malmström und andere Kommissare daran hindern ihre politischen Vorstellungen umzusetzen.

Zentralisierung und einen europäischen Staat mag man als Idee gut finden, aber jetzt scheint es doch angebracht zu sein richtig durchzuschnaufen, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und erstmal das Europa zu reformieren, das derzeit existiert. In 10 oder 20 Jahren kann man immer noch einen neuen Anlauf nehmen für einen richtigen EU-Staat – wenn dann so mache Probleme gelöst wurden.



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3 Kommentare

  1. Die EU wird von Lobbyisten der Industrie und der Finanzmafia regiert, nicht von den Bürgern der EU.

  2. Ich bin hingegen der Meinung, dass die Herren und Damen sehr wohl verstanden haben, was der „Brexit“ – insofern jemals umgesetzt – bedeutet. Die festigen allerdings ihre Standpositionen indem sie weiter voranschreiten, um keine Schwäche zugeben zu müssen. Im Härtefall sogar damit, dass die Zügel noch straffer in den eigenen Reihen zusammengezogen werden – „mehr“ Integration ins ökonomische Strafgefangenenlager.

  3. Hier läuft das übliche good-cop / bad-cop Spiel.
    Formell wird jetzt in den Parlamenten zugestimmt. Durch die vorläufige Anwendung werden aber Fakten geschaffen und der Druck auf mögliche Nein-Sager enorm verschärft. Die Verantwortung wird gleichzeitig so lange hin und her geschoben, bis jeder mit dem Finger auf einen anderen zeigen kann.

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