Ein Milliarden Verlust droht 2 Gründe, warum es keine gute Idee ist Twitter in X umzubenennen

Es kam plötzlich und ging ganz schnell: aus Twitter ist jetzt X geworden. Am Sonntag kündigte Elon Musk an, das weltbekannte Twitter- durch das X-Logo zu ersetzen. Damit hat der exzentrische Unternehmer den Vogel abgeschossen. Die Webseite wird bereits auf x.com umgeleitet. Doch die radikale Namensänderung birgt auch große Risiken für den Nachrichtendienst. Neben einem erheblichen Imageverlust könnte die Namensänderung Twitter als Marke teuer zu stehen kommen. Die Umwandlung in X dürfte Milliarden an Markenwert vernichten.

Twitter hatte sich einen einzigartigen Markennamen aufgebaut. Es ist sehr selten, dass Unternehmensmarken so sehr mit der Alltagssprache verwoben sind, dass sie zu Verben werden. Google hat dies beispielsweise auch geschafft. Noch seltener ist es jedoch, dass der Eigentümer einer solchen außergewöhnlichen Marke ankündigt, sie absichtlich zu zerstören. Elon Musk verkündete, dass er das Vogellogo und alle damit verbundenen Wörter, einschließlich „tweet“, abschafft. Wie Bloomberg berichtet, vernichte Musks Schritt laut Analysten und Markenagenturen zwischen 4 und 20 Milliarden Dollar an Wert.

Die Gründe für die Namensänderung

Elon Musk erklärte am Montag seine Entscheidung, Twitter von seinem berühmten blauen Vogel-Logo zu befreien, als einen Schritt, das Unternehmen in eine breite Plattform für Kommunikation und Finanztransaktionen umzuwandeln, ein Ziel, das er als die Alles-App bezeichnete, so Bloomberg.

„Das ist nicht einfach ein Unternehmen, das sich umbenennt, und weiterhin dasselbe tut“, sagte Musk über die scheinbar spontane Entscheidung vom Wochenende, ein Logo von Fans zu sammeln und es als Twitters neues Markenzeichen zu übernehmen. „Der Name Twitter machte Sinn, als es nur 140-Zeichen-Nachrichten waren, die hin und her gingen – wie Vögel, die zwitschern.“

Die geplante X-App des Milliardärs – die zugrundeliegende Infrastruktur von Twitter mit x.com verbinden wird – ist eine App, die Kommunikation, Multimedia und „die Möglichkeit, Ihre gesamte Finanzwelt zu verwalten“, sagte Musk.

Linda Yaccarina, die neue Twitter-Chefin, äußerte sich auf Twitter so: „X ist der zukünftige Zustand unbegrenzter Interaktivität – mit den Schwerpunkten Audio, Video, Messaging, Zahlungen/Banking – und schafft einen globalen Marktplatz für Ideen, Waren, Dienstleistungen und Möglichkeiten. Angetrieben von künstlicher Intelligenz wird X uns alle auf eine Weise verbinden, die wir uns gerade erst vorzustellen beginnen.“ – Linda Yaccarino (@lindayacc) Juli 23, 2023

Twitter: Image- und Milliardenverlust droht

Durch die Namensänderung verliert der Twitter-Markenname an Wert. „Es hat mehr als 15 Jahre gedauert, um diesen Wert weltweit zu erreichen, sodass der Verlust von Twitter als Markenname ein erheblicher finanzieller Schlag ist“, sagte Steve Susi, Direktor für Markenkommunikation bei Siegel & Gale.

Musk, dessen Unternehmen bereits erheblich an Wert verloren hat, seit er es im Oktober für 44 Milliarden Dollar gekauft hat, gab die Änderung am Samstagabend bekannt. Am Montagmorgen erschien auf der Website ein neues schwarzes „X“-Logo, das am Wochenende von einem Fan entworfen worden war.

Sowohl Analysten als auch Markenagenturen halten die Umbenennung des Produkts für einen Fehler. Twitter ist eine der bekanntesten Social-Media-Marken, sagte Todd Irwin, Gründer der Markenagentur Fazer. Das Vogel-Logo verziert neben Instagram- und Facebook-Logos die Websites von Unternehmen weltweit.

Die Popularität von Twitter hat auch dazu geführt, dass Verben wie „tweet“ und „retweet“ Teil der modernen Kultur geworden sind. Sie werden regelmäßig verwendet, um zu erklären, wie Prominente, Politiker und andere mit der Öffentlichkeit kommunizieren, so Joshua White, Assistenzprofessor für Finanzen an der Vanderbilt University.

Mit X muss das Unternehmen diese kulturelle Anziehungskraft und den sprachlichen Konsens von Grund auf neu aufbauen. Aber das könnte ein Teil der Motivation sein, damit die Nutzer aufhören, Twitter nach der Übernahme mit dem zu vergleichen, was es vorher war. „Es ist eine äußerst seltene Sache – im Leben oder in der Wirtschaft – dass man eine zweite Chance bekommt, einen weiteren großen Eindruck zu hinterlassen“, twitterte Yaccarino.

Twitter auf den Spuren von Alphabet und Meta

Auch andere Tech-Unternehmen haben sich in den letzten Jahren umbenannt. Google hat sich in Alphabet umbenannt, damit verschiedene Geschäftsbereiche innerhalb des Unternehmens wachsen können, ohne an die Suche gebunden zu sein. Facebook wurde in Meta Platforms umbenannt, um das Engagement des Unternehmens für das Metaversum zu betonen. Aber die Produktnamen sind geblieben; wir googeln immer noch Dinge, indem wir zu Google gehen.

Nach Angaben des Beratungsunternehmens Brand Finance wird der Markenwert von Twitter auf etwa 4 Milliarden Dollar geschätzt. Die Firma bewertet die Marke Facebook mit 59 Milliarden Dollar und Instagram mit 47,4 Milliarden Dollar. Die Vanderbilt University schätzt den Markenwert von Twitter auf 15 bis 20 Milliarden Dollar, was vergleichbar mit Snapchat ist.

Die Markenbewertung ist schwer zu bestimmen, und es gibt keinen einheitlichen Ansatz, weshalb die Schätzungen variieren, so Dipanjan Chatterjee, Analyst bei Forrester Research. Mehrere Analysten und Agenturen waren sich jedoch darin einig, dass die Marke des Unternehmens seit der Übernahme durch den Tesla-Chef bereits einen erheblichen Schaden erlitten hat. Brand Finance zum Beispiel schätzt, dass die Marke Twitter seit dem letzten Jahr 32 % ihres Wertes verloren hat.

Da sich die Wahrnehmung der Marke Twitter verändert hat, sind die Werbekunden geflohen. Die Werbetreibenden waren besorgt darüber, dass Musk Kontroversen schürte, die gegen inhaltliche Regeln verstießen. Laut Musk sind die Werbeeinnahmen bei Twitter seit Oktober um mehr als 50 % zurückgegangen.

Musk stellt alles auf den Kopf

„Twitters Unternehmensmarke ist bereits stark mit Musks persönlicher Marke verflochten, mit oder ohne den Namen X, und ein Großteil des etablierten Markenwerts von Twitter ist bei Nutzern und Werbetreibenden bereits verloren gegangen“, so Jasmine Enberg, Analystin bei Insider Intelligence.

Aus geschäftlicher und markentechnischer Sicht ist das völlig unvernünftig“, sagte Allen Adamson, Mitbegründer der Marketing- und Markenberatungsgruppe Metaforce. Er nannte es eine „Ego-Entscheidung“ von Musk. „Meiner Meinung nach wird das als eine der schnellsten Rückabwicklungen eines Unternehmens und einer Marke in die Geschichte eingehen.“

Es besteht auch ein Risiko für Musks zukünftige Ziele. Die Integration von Bankgeschäften und Zahlungen in die App erfordert das Vertrauen der Kunden – etwas, das mit einem brandneuen Produktnamen nur schwer zu erreichen ist. „Ich glaube einfach, dass Kunden außerhalb von Musks Fangemeinde nur schwerlich Twitter als Banking-App nutzen“, so White von Vanderbilt.

Eine Sache, die für Musk spricht: „Die Marke Elon“, sagte Irwin. „Seine persönliche Marke könnte stärker sein als die Marke Twitter“.

FMW/Bloomberg