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Ein Rückschlag rückt näher Aktienmärkte: Die Rally braucht eine Abkühlung – hier die Gründe

Aktienmärkte: Die Rally braucht eine Abkühlung - hier die Gründe
Aktienmärkte Rückschlag. Foto: User7814140 - Freepik.com

Die fulminante Rally an den US-Aktienmärkten hat sich durch die Aussagen von Fed-Chef Powell am Mittwoch nochmal beschleunigt. An der Wall Street herrscht Jubelstimmung, da die US-Notenbank am Mittwoch eine Zinswende im kommende Jahr signalisierte. Laut den Zinsprognosen rechnet die Fed mit drei Zinssenkungen im Jahr 2024. Der Markt wettet jedoch darauf, dass die Zinsen mindestens fünfmal um jeweils 25 Basispunkte gesenkt werden. Die zunehmenden Zinswetten verhalfen dem S&P 500 zum Ausbruch über sein Juli-Hoch und trieben den Dow Jones auf ein neues Allzeithoch. Allerdings braucht die stark überhitzte dringend eine Abkühlung. An den Aktienmärkten mehren sich die Anzeichen für einen baldigen Rückschlag.

Aktienmärkte: Anfällig für einen Rückschlag?

Die Aktienrallye, die durch die eher taubenhafte Haltung der US-Notenbank und Wetten auf eine sanfte wirtschaftliche Landung angetrieben wurde, verlor am Donnerstag etwas an Schwung, da Spekulationen aufkamen, dass der Markt zu schnell zu weit gelaufen sei.

Nach einem rasanten Anstieg, der den S&P 500 bis auf Schlagdistanz an sein Allzeithoch heranbrachte, verzeichnete der Index einen kleinen Zuwachs auf 4.719 Punkte. Allerdings deuten die inzwischen sehr hohen Bewertungen und stark „überkaufte“ Niveaus darauf hin, dass die US-Aktienmärkte für einen Rückschlag anfällig sind. Nach einem Anstieg von über 50 % in diesem Jahr könnte der Nasdaq 100 eine Verschnaufpause gebrauchen.

Der Angstindikator der Wall Street – der VIX – entfernte sich weiter von einem fast vierjährigen Tiefstand, ein erstes Zeichen dafür, dass die Volatilität zunimmt. Am heutigen großen Verfallstag – dem sogenannten Hexensabbat – werden zahlreiche an Aktien und Indizes gebundene Derivatkontrakte fällig, was die Instabilität im S&P 500 und Co. noch verstärken könnte.

„Wir sind ein wenig nervös, was die kommenden Wochen angeht“, sagte Callie Cox bei eToro. „Die Aktien brauchen einen ernsthaften Realitäts-Check. Wir haben seit Ende Oktober keinen Rückschlag von 1 % im S&P 500 gesehen. Die Zins-Rally war enorm stark, aber seien Sie nicht überrascht, wenn sich die Aktienmärkte abkühlen. Ein Rücksetzer ist überfällig. Das sollte aber nichts an der Einschätzung des günstigen Umfelds ändern, in dem wir uns befinden.

Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen sank auf unter 4 %. Der Dollar gab gegenüber allen anderen Währungen der Industrieländer nach. Diese Entwicklung wurde zum Teil durch Kursgewinne beim Euro und beim Pfund Sterling ausgelöst, nachdem die europäischen Zentralbanker signalisiert hatten, dass sie es nicht eilig haben, sich dem US-Schwenk zu Zinssenkungen anzuschließen.

Aktienmärkte sind überhitzt - Ein Rückschlag im S&P 500 droht
Aktienmärkte sind heiß gelaufen – S&P 500 ist stark überkauft

Folgt auf die Alles-Rally ein Rückschlag?

Von Aktien bis zu Staatsanleihen, von Krediten bis zu Rohstoffen – alles verzeichnete in der letzten Sitzung große Gewinne, als die Fed weitere Zinssenkungen für 2024 in Aussicht stellte und der Vorsitzende Jerome Powell davon absah, sich gegen die massiven Zinswetten der Wall Street zu stellen. Das führte dazu, dass die Fed der Alles-Rally am Mittwoch den besten Tag seit März 2009 bescherte.

Matt Maley von Miller Tabak + Co. wies auf die Tatsache hin, dass sowohl die Anleihen– als auch die Aktienmärkte kurzfristig ziemlich überkauft sind – und dass es in naher Zukunft zu einem Rückschlag kommen könnte.

„Suchen Sie sich irgendeine berühmte Phrase aus, die Sie mögen: ‚Sell on good news‚….’too far, too fast’….’gesunde Verschnaufpause nach einer großen Rallye‘,“ so Maley. „Jede dieser Aussagen könnte in den nächsten Tagen einen Rücksetzer bedeuten, so dass die Anleger beweglich bleiben müssen. Kein Markt bewegt sich geradlinig, und nach einer so fulminanten Rally könnten wir einige Tage lang Gewinnmitnahmen sehen.

Fed stellt sich nicht gegen die Zinswetten - Rally überhitzt
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Nur noch wenig Aufwärtspotenzial an den Aktienmärkten

Die jüngste Markets Live Pulse-Umfrage von Bloomberg ergab, dass die Anleger erwarten, dass der S&P 500 bis Ende 2024 auf etwa 4.835 steigen wird, ein Anstieg gegenüber der letzten Umfrage vor der Fed-Entscheidung. Dennoch spiegelt ein solcher Anstieg, der sich auf etwa 2,5 % gegenüber dem aktuellen Stand beläuft, die Skepsis darüber wider, wie stark sich der S&P 500 nach dem diesjährigen Anstieg von über 20 % erholen können.

Ähnlich bescheidene Zuwächse werden auch für den Anleihemarkt erwartet: Der Median der Umfrage rechnet mit einem Rückgang der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen auf etwa 3,8 % – aktuell notiert sie bereits bei 3,9 %.

Für Fabiana Fedeli von M&G Plc ist der wichtigste Datenpunkt, den es zu beobachten gilt, nach wie vor die Kerninflation, deren Rückgang und die Reaktion der Zentralbanken darauf. „Denn wenn die Inflation nicht weit genug zurückgeht und auf das Niveau sinkt, auf dem sie sein sollte, ist der einzige Grund, warum die Zentralbanken die Zinsen so aggressiv senken würden, wie es der Markt erwartet, dass die Wirtschaft wirklich schnell abkühlt – und das ist nicht gut für Risikoanlagen“.

Zinssenkungen: Märkte sind zu optimistisch

„Wir sind der Meinung, dass der Markt ein zu schnelles Tempo der Zinssenkungen einpreist“, sagte Solita Marcelli von UBS Global Wealth Management. „Wir denken, dass die Erfahrung aus diesem Zinszyklus zeigt, dass es sich lohnt, auf die Fed zu hören. In unserem Base Case gehen wir davon aus, dass die Fed von weiteren Zinserhöhungen absieht und Mitte 2024 mit Zinssenkungen beginnt, die bis Ende nächsten Jahres 75 Basispunkte umfassen werden.“

Aktienmärkte Wetten auf fünf Zinssenkungen der Fed
Die Fed wird die Zinsen senken, aber nicht so schnell wie die Aktienmärkte erwarten

Einige der größten Namen in der Welt der Anleihen sind sich uneinig darüber, wie weit Treasuries steigen können, nachdem die Fed einen Schwenk in Richtung Zinssenkungen signalisiert hat.

Jeffrey Gundlach von DoubleLine Capital ist der Ansicht, dass die 10-jährigen US-Renditen in den niedrigen 3 %-Bereich fallen werden, da die Fed die Zinsen um zwei Prozentpunkte senken wird. Seiner Meinung nach wird sich die Wirtschaft noch schlechter entwickeln als erwartet, wodurch die Fed schließlich gezwungen ist, die Zinsen zu senken. Der ehemalige Anleihenkönig von Pacific Investment Management, Bill Gross, wies diese Euphorie zurück und sagte, die Benchmark-Rendite sei mit knapp 4 % bereits dort, wo sie sein sollte.

Bei Goldman Sachs sehen die Ökonomen einen stetigen Kurs von Zinssenkungen, der im März beginnt. Barclays rechnet nun mit drei Zinssenkungen im Jahr 2024, während der Markt derzeit von mindestens fünf Senkungen ausgeht. Und JPMorgan Chase & Co. hat seine Einschätzung für den Beginn des Lockerungszyklus von Juli auf Juni verschoben.

FMW/Bloomberg



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