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Aktienmärkte und Konjunktur – wann schließt sich die Schere?

Die Aktienmärkte haben sich vom Konjunkturverlauf und den Gewinne der Unternehmen deutlich entkoppelt - wie lange geht das gut?

Gut 20 Börsentage sind es noch für die Aktienmärkte, bis das Jahr für die großen Kapitalanleger zu Ende geht. Man wird die Bücher schließen und – wenn jetzt nicht noch Außergewöhnliches passiert – auf eine gute und trotzdem fast schon skurrile Periode zurückblicken können.

Es hat sich eine Entwicklung Bahn gebrochen, die so nicht ewig andauern kann. Der Konjunkturverlauf und damit die Gewinne der Unternehmen haben sich deutlich entkoppelt von den Aktienmärkten. Es ist eine Schere entstanden, die geschlossen werden muss – indem sich die Gewinnsituation der Unternehmen deutlich bessert-  oder die Kurse auf ein adäquates Niveau herabsinken. Heute bekommen wir vielleicht wieder ein paar kleine Hinweise.

Das Jahr der Gewinnrevisionen und hoher Gewinne der Aktienmärkte

Noch ist es zu früh ein Fazit zu ziehen, wir haben noch über ein Monat Handel für die Aktienmärkte, in dem noch einiges passieren kann – man denke nur an den 15. Dezember. An diesem Tag sollen neue Zölle gegenüber China in Kraft treten, wieder einmal. Aber diese Anhebung hätte eine andere Qualität und würde das Hoffnungsszenario der Märkte arg zertrümmern. Es geht nämlich bei diesen Zöllen um Produkte des täglichen Lebens, um den US-Konsum und damit die dominierende Größe für die US-Wirtschaft. Auch betroffen wären hochwertige Artikel wie Mobiltelefone. Apple-Chef Tim Cook hat bereits alle Hebel in Bewegung gesetzt, alle verbalen Geschütze aufgefahren, um eine Bezollung der eigenen Produkte zu verhindern.

Es geht bei der ganzen (fast schon nervigen) Diskussion im Handelskrieg nicht um die Inhalte des Phase-1-Deals mit den weltwirtschaftlich irrelevanten Ergebnissen über die Lieferung von Sojabohnen. Sondern um die Frage, ob es zu einer irgendwie gearteten Einigung, vielleicht auch nur in Gestalt eines Vorvertrages kommt. Damit der Druck aus dem Kessel entweicht, denn das Damoklesschwert lautet: weitere Zollanhebungen für die amerikanischen Alltagsgüter werden psychologische Reaktionen der Konsumenten nach sich ziehen. Sowohl die Aktienmärkte als auch Unternehmer müssten dann davon ausgehen, dass sich die Spirale weiterdreht in Richtung Abschwächung der Konjunktur.

Die großen Indizes in den USA sind um circa ein Viertel in diesem Jahr gestiegen – und dies trotz ständig abgestufter Quartalserebnisse, die fast in ein Nullwachstum für die Unternehmen insgesamt gegenüber dem Vorjahr gemündet sind.

Was die Märkte in diesem Jahr so hochgetrieben hat, wurde an dieser Stelle schon mehrfach dargelegt – die Flut billigen Geldes, der Fed-Put, Aktienrückkäufe und Hoffnungen: Hoffnungen auf viele künftige Entwicklungen, Hannes Zipfel hatte es vorgestern noch einmal zusammengefasst. Diese müssen sich aber irgendwann in Zahlen sichtbar machen! Bei Nichteintritt der Erwartungen werden auch die optimistischsten Akteure der Aktienmärkte diese einmal auspreisen. Dazu könnte es in absehbarer Zeit kommen, wenn nicht die Wirtschaftsindikatoren bald nach oben drehen.

Aktienmärkte: Heute wichtig die Frühindikatoren

Heute ist PMI-Day: Was ist damit gemeint? Am heutigen Freitag werden zahlreiche Purchasing Manager Indices, also Einkaufsmanagerindizes veröffentlicht, die als Frühindikatoren die künftige Wirtschaftsentwicklung auf den Gebieten Verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungen abbilden und dementsprechend Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hatte nicht der Fall des US-PMI Verarbeitendes Gewerbe vor gut zwei Monaten auf 47,8 Punkten für eine richtig ausgeprägte Verkaufswelle an der Wall Street gesorgt? Deshalb könnte es durchaus interessant werden, wenn heute Nacht mit Japan beginnend, große Wirtschaftsnationen ihre Frühindikatoren für die Industrie und den Dienstleistungssektor präsentieren. Am Vormittag geht es Schlag auf Schlag:

09:15 Uhr Frankreich Industrie und Dienstleistungssektor
09:30 Uhr Deutschland, hier wird man ein besonderes Auge darauf werfen, ob die Industrie noch immer so tief im rezessiven Bereich steckt
10:00 Uhr Europa, auch mit dem Gesamtindikator
10:30 Uhr Großbritannien, mit dem besonderen Brexit-Hintergrund
15:45 Uhr USA mit großem Augenmerk auf den zuletzt schrumpfenden Industriesektor

Den Reigen der Zahlen beschließt ein Index der Uni Michigan mit dem US-Verbrauchervertrauen. Ein sehr wichtiges Datum mit Aussagen zum so wichtigen US-Konsumenten und seiner psychischen Verfassung – die US-Konjunktur befindet sich (wie oben erwähnt)  in großer Abhängigkeit von der Spendierlaune seiner Bürger.

 

Fazit

Das Jahr 2019 hat für die Aktienmärkte unerwartet hohe Kursanstiege gebracht: Neue Rekorde an der Wall Street und Anstiege bei den großen Indizes, auch in Europa (Deutschland, Frankreich, Italien) von teilweise über 25 Prozent. Damit geben diese vielleicht schon einen Hinweis auf das große Ganze, denn die größten Anstiege gab es in einem Dutzend Wirtschaftszyklen im letzten Jahrhundert oft in der ersten und letzten Phase eines Aufschwungs.

Nichtsdestotrotz müssen Aktienkursentwicklungen langfristig von den Unternehmensgewinnen mitgetragen werden, auch wenn dies von manchen Kritikern derzeit bestritten wird. Langjährige Daten beweisen das Gegenteil, es kommt immer zum Schließen von Scheren, oft auch mit einem Knall – Mean Reversion – lautet die wissenschaftliche Umschreibung. Oder eben – die Schere muss sich schließen.

In den USA scheinen viele Firmenlenker der Ansicht zu sein, das dies bald der Fall sein wird. So liegen deren persönliche Aktienverkäufe seit geraumer Zeit auf Rekordniveau – im krassen Gegensatz dazu stehen die rekordhohen Aktienrückkäufe ihrer Unternehmen! Und hat nicht Hasso Plattner, einer der Gründer der Softwareschmiede SAP in Deutschland, in der letzten Woche den Verkauf eines Aktienpakets seiner Firma in Höhe von 100 Millionen Euro durchgeführt?

Aber was haben wir derzeit für eine Stabilität an den Märkten derzeit ohne echte Korrekturen! Man will anscheinend das Börsenjahr mit einem hohen (Bonus)Abschluss zu Ende bringen.

Die Aktienmärkte stehen virl höher, als die schwache Konjunktur eigentlich rechtfertigt



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3 Kommentare

  1. Die US-Konjunktur befindet sich (wie oben erwähnt) in großer Abhängigkeit von der Spendierlaune seiner Bürger, und diese befinden sich wiederum in großer Abhängigkeit von der Spendierlaune ihrer Kreditkartenfirmen ;)

  2. Ich denke, sollte es heute zu keinen großen Überraschnungen kommen, die Märkte auf diesem Niveau bis zum Jahresende schliessen werden. Die Bücher werden so langsam geschlossen. Da zwischen Oktober und April die Börsen am Besten laufen, könnte eine größere Korrektur dann im Mai- September 2020 stattfinden. Ausser die Wirtschaft schließt doch noch die Schere.

  3. Warum sollte hier was geschlossen werden?
    Die Börse spiegelt doch die Zukunft wieder und in dieser werden die Gewinne sicher wieder ansteigen. Also brauchen keine Kurse zu fallen.
    Die Frage ist nur, wie weit diese Zukunft noch vor uns liegt!

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