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Top-Ökonom Hüther „Bankenkrise ist, wenn Sparer glauben, dass Krise ist“

Ist die Bankenkrise auch Psychologie? Eine aktuelle Denkschrift spricht es aus, dass bei den Sparern der Glaube an die Krise da sein muss.

Türme von Banken in Frankfurt

Seit dem 8. März rollt die Bankenkrise durch die USA und Europa. Und jedes Mal, wenn man denkt, jetzt ist die Krise durchgestanden, poppt etwas Neues auf. Zuletzt dachte man Anfang der Woche: Die Credit Suisse-Krise ist durch den Zwangsverkauf an die UBS erledigt, jetzt ist der ganze Markt besänftigt. Aber heute geht es weiter. Nun hat der Anleihemarkt Angst um die Deutsche Bank – Prämien für Kreditausfallversicherungen steigen massiv an, die Aktie verliert heute deutlich an Wert.

Bankenkrise macht Angst vor neuer großer Finanzkrise

Wird die Krise weiter eskalieren? Während der Experte Andreas Beck sicher ist, dass ich die Bankenkrise bereits erledigt hat, sieht es „Mr Dax“ Dirk Müller aktuell genau andersrum (hier sein aktuelles Interview mit Mario Lochner). Heute sehen wir eine Denkschrift vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), persönlich verfasst von ihrem Chef Prof. Dr. Michael Hüther. Der Titel ist interessant: „Bankenkrise: Krise ist, wenn Sparer glauben, dass Krise ist“. Die Denkschrift zeigt laut Hüther, welche Risikofaktoren neu sind, und was getan werden muss, um eine Zuspitzung der Lage zu verhindern.

Michael Hüther spricht davon, dass die Nachricht über den Deal zwischen Credit Suisse und UBS einem Erdbeben glich. Weltweit versuchen Finanzaufsicht und Politik nun im Zuge dieser aktuellen Bankenkrise, Sorgen vor einer globalen Finanzkrise zu entkräften. Eine Studie des IW vergleicht die aktuelle Situation mit der von vor 15 Jahren und kommt zu dem Ergebnis: Die derzeitige Situation ist bedrohlich, aber aus anderen Gründen als 2008. Und: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien heute ganz andere.

Wirtschaft ist stark vorbelastet

Laut Michael Hüther gibt es heute viele der damaligen Risikofaktoren nicht mehr. Platzte damals die Immobilienblase mit weitgehend wertlosen Finanzprodukten, so fußt die aktuelle Bankenkrise seiner Aussage nach eher auf branchentypischen Problemen im Tech-Bereich oder wie im Falle der Credit Suisse auf Managementversagen und strategischen Fehlentscheidungen. Dank Basel III seien Banken inzwischen mit mehr Eigenkapital ausgestattet als noch vor 15 Jahren. Auf der anderen Seite sei die hohe Inflation das Thema der Stunde, die Notenbanken kämpfen mit aller Kraft dagegen an. Die restriktive Geldpolitik steht laut Hüther im Widerspruch zur Rettung der Banken. Die Zinserhöhungen seien spät und mit Wucht gekommen, und viele Banken hätten sich darauf verlassen, dass die Jahre der Niedrigzinsen ewig anhalten.

Bank Run wäre fatal – Hüther empfiehlt Maßnahmen

Besonders risikoreich wäre ein Bank-Run. Verlieren die Anleger das Vertrauen in die Institute, kommt es zum sogenannten Herdenverhalten, bei dem Anleger versuchen, so schnell wie möglich ihre Einlagen abzuheben, so Michael Hüther. Dabei spiele keine Rolle, ob die Informationen zum Bankenzustand korrekt sind oder nicht. „Krise ist, wenn die Sparer glauben, dass Krise ist“, so Hüther über eine möglicher Verschlimmerung der Bankenkrise. Um eine Zuspitzung der Situation zu verhindern, sind deshalb seiner Aussage nach jetzt folgende Schritte nötig (im Wortlaut):

– Aufseher müssen genauer hinschauen, um sicherzugehen, dass die Banken ausreichend Eigenkapital zur Seite legen.

– Der Staat darf nicht mehr mit Steuergeldern einspringen, um Banken zu retten, andernfalls droht ein fatales Signal für Bankmanager aus aller Welt. Stattdessen muss das Management – wie im Falle der Credit Suisse – für Schäden haften. Kriselt es bei großen Instituten, müssen Behörden rechtzeitig durchgreifen und aufspalten.

– In Deutschland müssen die zuständigen Behörden – also die BaFin, Bundesbank und Finanzministerium – ihre Kompetenzen bündeln und sich mit den zuständigen Behörden auf europäischer Ebene austauschen, um notfalls auch innerhalb eines Wochenendes Banken zu stabilisieren.

Die Credit-Suisse-Übernahme führt laut Michael Hüther vor Augen, wie fragil die derzeitige Situation der Banken ist. Deshalb müsse jetzt zügig gegengesteuert werden, um den Anlegern wieder Vertrauen in das System zu geben. In der Schweiz müsse die UBS in kleinere Einheiten aufgespalten werden, um das Klumpenrisiko abzuwenden. Andernfalls drohe dem Land als Bankenplatz das Ende und damit die Aufnahme in die Europäische Währungsunion. Und das wäre ein Treppenwitz der europäischen Geschichte, so Hüther.



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3 Kommentare

  1. Bankenkrise ist wenn sich Kanzler Scholz einschaltet, wie aktuell bei der Deutschen Bank.

    Er hat zwar gute Kontakte zur Bankenwelt, wie man so hört, aber er kann sich nie an die Gesprächsinhalte erinnern.

    Wer weiß, was die ihm wirklich erzählt haben??? 😉

    😂

    1. haha…guter Kommentar

  2. Bankenkrise ist wenn Robert Habeck sagt, er sehe keine Krise, die Bank sei zwar aktuell geschlossen und zahle keine Geld mehr aus, aber das sei kein Hinweis auf Insolvenz. Weil, im Frühjahr…

    Aber zum Thema: Ich höre mir Michael Hüther gern und schätze seine Ausführungen, aber er kann nicht wirklich gemeint haben, dass Banken nicht mehr mit (Steuer)Geldern gerettet werden sollen. Elfenbeinturmdenken, das. Die Haftung der Manager würde zwar das allgemeine Gerechtigkeitsgefühl beflügeln, aber weder eine Bank retten noch die Einlagen sichern. Der volkswirtschaftliche Schaden beim Ausfall einer mittleren Bank ist doch viel grösser als die paar Steuerkröten, die man zusätzlich hineinwerfen muss. Zumal, wenn es gut gemacht ist, der Staat nachher mehr Geld rausholt als er eingezahlt hat. Das ist der Vorteil des Lenders of the Last Resort.

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