Dax auf der Kippe zwischen Rally-Hoffnung und Korrektur-Risiko

Die zunehmende Unsicherheit, dass die US-Zinsen doch nicht so schnell sinken wie erhofft, sorgte an den Aktienmärkten zuletzt für einen Rückschlag. In der neuen Handelswoche wird sich nun zeigen, ob der Rücksetzer nur ein Strohfeuer war oder die Abkühlung länger andauert. Auch wenn sich die Konsolidierung noch fortsetzt, eine tiefe Korrektur brauchen die Anleger aber wohl nicht befürchten. Nichtsdestotrotz dürften die Kursschwankungen im Dax und an den US-Börsen wieder zunehmen, solange nicht geklärt ist, wann und in welchem Tempo, die geldpolitischen Zügel gelockert werden. Neue Hinweise für den Zinskurs im Euroraum dürfte die EZB-Sitzung am Donnerstag liefern.

Neel Kashkari, der Notenbank-Chef von Minneapolis, sorgte für einen kurzen Schock-Moment an den Aktienmärkten, als er ein Szenario ins Spiel brachte, dass keine einzige Zinssenkung in diesem Jahr vorsieht, falls die Inflation hoch bleibe. Wenn der Preisdruck anhält und sich die Konjunktur sowie der Arbeitsmarkt weiterhin robust zeigen, ist die Notwendigkeit von Zinssenkungen nicht wirklich gegeben. Doch die Zinswende gilt an den Märkten als sicher und wurde bereits in die Kurse an den Aktienmärkten eingepreist. Bei solch einem Szenario müssten Investoren ihre Positionierung wohl neu überdenken, war doch bisher die Aussicht auf fallende Zinsen neben dem KI-Boom das stärkste Argument der Bullen für die fulminante Rally der letzten Monate. Wie sich in der letzten Woche gezeigt hat, bekommen es die furchtlosen Bullen auf einmal mit der Angst zu tun. Die Nachfrage nach Absicherungen stieg zuletzt deutlich an, da sich die Anleger auf eine mögliche Korrektur vorbereiten.

Dax zwischen Höhenflug und Korrekturgefahr

Nach einem Absturz von über 300 Punkten am Freitag hat sich der Dax auf niedrigem Niveau stabilisiert. Die Ziellinie überquerte er dennoch mit einem dicken Minus von 228 Punkten (1,24%) bei 18.175 Zählern. Etwas Rückenwind kam von der Wall Street, wo Händler die niedrigen Kurse offenbar zum Einstieg nutzten und eine Gegenbewegung einleiteten. Angesichts der starken US-Arbeitsmarktdaten und einem unerwarteten Rückgang der Arbeitslosenquote hielt sich die Aufwärtsdynamik aber in Grenzen. Ein erneut kräftiges Stellenwachstum zeigt, dass die US-Konjunktur weiterhin auf Hochtouren läuft. Warum sollte die Fed also die Zinsen schnell und mehrfach in diesem Jahr senken? Dieser Frage müssen sich die Märkte stellen.

Die Korrektur an den Aktienmärkten hatte sich schon am Osterwochenende angekündigt. Die nächsten kurzfristigen Unterstützungen im Dax warten jetzt bei 18.039 und 17.900 Punkten. Diese Zone sollten die Bullen verteidigen, da sich ansonsten ein größerer Rücksetzer bis rund 17.120 Punkte einstellen könnte. Dort befindet sich eine bedeutende Kurslücke im Dax, die noch geschlossen werden sollte. Doch nicht einmal eine Korrektur bis in diesen Bereich würde den Bullenmarkt beenden, sondern wäre nur ein gesunder Rücksetzer an das 38,2 % Retracement der letzten Aufwärtsbewegung. Aber es kann auch ganz anders kommen. Denn die jüngste Korrektur verlief dreiwellig, was ein Indiz dafür sein kann, dass sie bereits vorbei ist und der Dax die nächste Aufwärtswelle in Richtung eines neuen Allzeithochs einleitet. Die Rally könnte also entlang der „Wall of Worry“ weiterlaufen, wie sie es schon seit Wochen macht.

Inflation und Geldpolitik im Fokus

Weitere Hinweise auf die Inflation in den USA und damit auf den möglichen Zinskurs der Fed, liefern am Mittwoch die US-Verbraucherpreise und das FOMC-Sitzungsprotokoll sowie am Donnerstag die Erzeugerpreise für März. Hierzulande liegt der Fokus vor allem auf der Europäische Zentralbank (EZB), die am Donnerstag ihre geldpolitischen Entscheidungen bekannt geben wird. Auf der anschließenden Pressekonferenz nimmt die EZB-Chefin Christine Lagarde dann Stellung zum künftigen Zinspfad der Zentralbank.  Zum Wochenauftakt dürften die Dax-Händler ihren Blick auf die Daten zur deutschen Industrieproduktion richten (8:00 Uhr). Analysten erwarten, dass die industrielle Produktion im Februar um 0,6 % zugelegt hat, nach 1,0 % im Januar.

In dieser Woche fällt auch der Startschuss für die Berichtssaison für das erste Quartal. Die nächsten Wochen dürften dann zeigen, ob die derzeit hohen Bewertungen an den Aktienmärkten gerechtfertigt sind. Traditionell leiten die US-Großbanken mit ihren Zahlen am Ende der Woche die neue Gewinnsaison ein. Am Freitag legen die Citibank und Wells Fargo ihre Berichte vor sowie der größte Vermögensverwalter der Welt BlackRock.

Dax: Korrektur schon beendet?

Long: Nach der zweiten Abwärtswelle versucht sich der Dax an einer Stabilisierung. Um die am Freitag gestartete Gegenbewegung auszubauen, sollten die Bullen die Unterstützung um 18.160 halten. Dann könnte der Index zunächst in Richtung der Widerstandszone bei 18.213/223 steigen. Gelingt der Ausbruch nach oben, rücken weitere wegweisende Bereiche bei 18.245 (Horizontale) und 18.300 (61,8%) ins Visier. An einer dieser Marken könnte der Leitindex ins Straucheln geraten und wieder nach unten abdrehen. Überwindet er jedoch das 61er Retracement, hellt sich das kurzfristige Chartbild etwas auf. Der nächste Anlaufpunkt liegt dann bei 18.365/374.

Short: Unterhalb der Hürde bei 18.213/223 bleibt der Dax anfällig für weitere Rücksetzer in Richtung der markanten Unterstützungszone bei 18.039/000. Ein Rutsch unter 18.150 könnte der Verkaufsdruck wieder erhöhen und den Index bis 18.107 und 18.089 drücken. Bei einem Bruch des Freitag-Tiefs wäre der Versuch einer Bodenbildung missglückt. Weitere Abgaben bis 18.031 und 18.000 wären wahrscheinlich. Hier könnte es schließlich zu einem Pullback kommen. Unter 18.000 dürften die nächsten Marken bei 17.970 und 17.900 angepeilt werden.