Gas

Russlands Not und Chinas Taktik Der Gas-Poker zwischen Russland und China

China hat die Zeit, die Russland nicht hat

Russland Gas China Poker
Foto: Kar881am - Freepik.com

Zwischen Russland und China entwickelt sich ein Gas-Poker. Während Russland nach Wegen sucht, seine Einkommensverluste nach dem Wegfall der europäischen Abnehmer zu kompensieren und neue Märkte für sein Erdgas zu erschließen, spielt China seine Karten mit bedachter Zurückhaltung. Dabei hat China die Zeit, die Russland nicht hat.

Russland und seine Gasexporte: Keine Abnehmer in Sicht – ausser China

Die Einstellung der Gaslieferungen über Nord Stream 1 durch Russland am 31. August 2022 und die darauffolgenden Sanktionen sowie die Umstellung europäischer Länder auf alternative Lieferanten haben zu einem deutlichen Rückgang der russischen Energieerlöse geführt. Im Jahr 2023 sanken Russlands Erlöse aus dem Verkauf fossiler Energieträger um 32% im Vergleich zum Vorjahr. Besonders auffällig ist der Rückgang im Gasverkauf, der laut den Berechnungen von CREA um 63% fiel.

Russland China

Abbildung 1: Einnahmen Russlands durch fossile Energieträger 2022-2024 in Milliarden Euro pro Tag
Quelle CREA, eigene Berechnungen

Im Gegensatz zum Öl- und Kohlemarkt wird Gas nicht auf dem Spotmarkt, also tagesabhängig, ver- oder gekauft, sondern Lieferant und Kunde vereinbaren langfristige Lieferverträge.

Wie die Abbildung 2 verdeutlicht, gelang es Russland, rein vom Volumen her die Verluste bei den Lieferungen der Energieträger Kohle und Öl nach Europa mit Verkäufen in andere Gegenden der Welt zu kompensieren. Dies gilt jedoch nicht für den Vertrieb von Gas.

 

Russland Energie China und Gas

Abbildung 2: Veränderung der russischen Energieexporte zwischen 2021 und 2023
Mit freundlicher Genehmigung durch Center on Global Energy Policy at Columbia University

Es gibt nur zwei mögliche Wege, Gas zu transportieren. Verflüssigung und Pipelines. Das russische Pipeline-Pipeline-Netzwerk, bestehend aus den Yamal-Europa-, Soyuz- und Bruderschaft-Pipelines sowie TurkStream und BlueStream, sind aber hauptsächliche nach Europa ausgerichtet, das sich jedoch derzeit vom russischen Gas abnabelt. Lediglich die Power to Siberia-Pipeline liefert derzeit Gas nach China. Diese Infrastruktur lässt wenig Spielraum für kurzfristige Umleitungen von Gaslieferungen.

Russland Energieexporte

Abbildung 3: Export von russischen LNG 2022-2024 in Millionen Tonner pro Tag
Quelle CREA, eigene Berechnungen

Trotz steigender globaler Nachfrage nach LNG bleibt das Exportvolumen Russlands nahezu unverändert, während die Einnahmen aus dem LNG-Verkauf sich im Jahr 2023 halbierten. Dies ist auf zwei Hauptprobleme zurückzuführen: Erstens sind die Produktionskapazitäten für LNG durch nur drei vorhandene Terminals begrenzt, und zweitens fehlt es an Transportkapazitäten durch Schiffe. Das Projekt Arctic LNG 2, das eine signifikante Erhöhung der Kapazitäten versprach, sieht sich mit Rückschlägen durch Sanktionen und den Rückzug von Investoren, darunter auch einer chinesischen Firma, konfrontiert.

Der Kreml hat ambitionierte Pläne, bis 2030 LNG-Kapazitäten von 100 Millionen Tonnen zu schaffen. Aktuelle Prognosen zeigen jedoch, dass Russland dieses Ziel um bis zu 60 Millionen Tonnen verfehlen könnte.

Russland sieht sich nach der Reduzierung seiner Gasexporte nach Europa und den neuen Sanktionen, die auch den Umschlag des LNGs in europäischen Häfen einschränken soll, mit der Herausforderung konfrontiert, neue Märkte zu erschließen. China, mit seinem enormen Energiebedarf, stellt einen potenziellen Großabnehmer dar. Gazprom hat jedoch eingeräumt, dass die aktuellen Verkäufe nach China nicht ausreichen, um die Verluste in Europa zu kompensieren. Die Prognosen sind ebenfalls zurückhaltend. Gazprom erwartet nicht, dass die Gasverkäufe in den nächsten zehn Jahren das Vorkriegsniveau erreichen werden. Obwohl China als Hauptabnehmer eine Schlüsselrolle im russischen Gasexport spielt, bleibt der Preis, den China für das Gas zahlt, im Vergleich zu anderen Lieferanten am niedrigsten. Bei der in Abbildung 4 angegebenen Preisen ist zu beachten, dass es sich um Preise bis Ende 2021, also vor Kriegsbeginn, handelt und dass seitdem der Preis für chinesisches Gas seitdem weiter gesunken ist.

China Gas Preise

Abbildung 4: Durchschnittspreise chinesischer Gasimporte nach Herkunftsland zwischen Dezember 2019-2021
Mit freundlicher Genehmigung durch Center on Global Energy Policy at Columbia University

China und Gasdiversifizierung: Unabhängigkeit im Fokus

China strebt eine breite Diversifizierung seiner Gasversorgung an und deckt etwa 45% seines Bedarfs über drei Hauptpipelines: die Power to Siberia-Pipeline aus Russland, eine aus Kasachstan und eine dritte, die LNG durch Myanmar leitet. Diese Pipelines sind Teil einer Strategie, die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten zu reduzieren und die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Der China-Pakistan-Energiekorridor, der eine direkte Gaspipeline nach China bemerkenswerterweise nicht einschließt, könnte bei einer Realisierung Chinas strategische Unabhängigkeit weiter stärken und eine kritische Umgehung der anfälligen Straße von Malakka ermöglichen. Etwa 55% seines benötigten Gases produziert China selber.

Russland Gas Importe

Abbildung 5: Chinas Gas-Bilanz und Importbedarf bis 2030 bzw. 2040
Mit freundlicher Genehmigung durch Center on Global Energy Policy at Columbia University

Bis 2030 wird erwartet, dass Chinas Gasimporte auf rund 250 Milliarden Kubikmeter. anwachsen, ein Anstieg von weniger als 170 Milliarden Kubikmeter. im Jahr 2023. Die bestehenden Verträge könnten diese Nachfrage möglicherweise decken, doch für die 2030er Jahre zeichnet sich eine Versorgungslücke ab.

Allerdings berücksichtigt die derzeitige Prognose nicht, wieviel Gas durch grünen Wasserstoff substituiert werden kann. China arbeitet an einem ehrgeizigen Ziel, 100 GW grünen Wasserstoff bis 2030 zu produzieren, was seinen Bedarf an Gas verringern könnte.

Power to Siberia 2: Russlands Wunschdenken trifft auf Chinas Pragmatismus

Hier bietet sich für Russland mit der geplanten “Power to Siberia 2”-Pipeline eine Gelegenheit, in diese Lücke zu stoßen und seine Position als Gaslieferant für China zu festigen. Mit einer Kapazität von 50 Milliarden Kubikmeter. pro Jahr könnte sie fast die Hälfte des Rückgangs der russischen Pipeline-Gasexporte in die EU zwischen 2021 und 2023 ausgleichen. Allerdings könnte China seine Versorgungslücke schließen, indem sie auslaufende Verträge mit derzeitigen Lieferanten verlängert.

Die zurückhaltende Haltung Chinas gegenüber der “Power to Siberia 2”-Pipeline offenbart eine klare Botschaft: Trotz der rhetorischen Betonung einer “unbegrenzten Freundschaft” zwischen Putin und Xi Jinping, ist es der wirtschaftliche Eigennutz, der Chinas Strategie leitet. China nutzt seine wirtschaftliche Hebelkraft und die aktuelle Schwäche Russlands, um günstige Bedingungen für sich herauszuschlagen.

Russland befindet sich in einer prekären Lage, da es dringend alternative Märkte für sein Gas sucht, um die durch westliche Sanktionen und den Rückgang der europäischen Nachfrage entstandenen wirtschaftlichen Einbußen zu kompensieren. Die “Power to Siberia 2”-Pipeline ist ein entscheidender Teil dieser Bemühungen, doch die Abhängigkeit von Chinas Zustimmung offenbart Russlands verwundbare Position.



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6 Kommentare

  1. Wer die Notlage eines Handelspartner ausnutzt, handelt kurzsichtig, denn bei der nächsten Gelegenheit fällt es auf ihn zurück.
    Und ich glaube nicht, dass die Chinesen kurzsichtig in ihrer Planung sind.
    Wie die Entwicklugsländer sich heute den westlichen Ländern gegenüber verhalten, nachdem sie Jahrhunderte ausgeplündert wurden, zeichnet sich auch immer mehr ab; und wird als BRICS fortgesetzt.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

    1. umser großer China-Experte @Helmut! Wenn wir ihn und seine jahrzehntelange Expertise nicht hätten!
      Haben wir ja neulich beim Habeck- Besuch in China gesehen.

    2. @Helmut. Sehr naiv zu glauben, dass China die Situation nicht systematisch ausnutzen wird. Vielleicht werden sie es etwas nett verpacken, aber die Handels- und Finanzmärkte sind schliesslich kein Ponyhof! Wir in Europa können da ersteinmal wie im Kino zuschauen, wurde der Gaspreis doch zunächst durch den Angriffskrieg der Russen aufgeblasen und ist danach um 75% eingebrochen. Wir sind jetzt wieder auf dem Niveau der Jahrtausendwende!

    3. Apropos BRICS, sollten die nicht schon längst den Dollar abgelöst und die Weltherrschaft übernommen haben?! Neueste Zahlen: Noch nie zuvor war der Dollar als Reserve Währung so stark wie heute! Na sowas, Pinkie und Brain starten morgen wieder einen Anlauf, Oder?!?

    4. so wie die 700 Jahre Besatzung Spaniens durch
      Araber?

      nur so am Rande
      zwischen China und Russland
      ist immer noch das Thema Mandschurei
      denn nicht nur Europäer waren in China
      Kolonialmacht sondern auch Russland.
      das China nur auf die Schwäche Russlands wartet um sich neben der historisch chinesischen Mandschurei auch Teile Sibiriens unter den Nagel reißen will ist ein offenes Geheimnis.

      zudem gilt Indien als größter Konkurrent
      Chinas gilt weiß auch jeder

      BRICS ist ein Hirngespinst und endet wie der comecon
      reine Tauschwirtschaft
      denn Rupie und Rubel sind nur noch Pfennige wert

  2. Von China abhängig zu sein, sollte man besser vermeiden.

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