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Die EZB: Was ist zu erwarten? Grundsätzliches!

Über die EZB als zentrale Umverteilungsstation, gewissermaßen der personifizierte Länderfinanzausgleich in Europa. Und warum Mario Draghi die Schuldenparty von Donald Trump finanzieren möchte..

Von Markus Fugmann

Hurra, heute ist es wieder so weit, die EZB wird ihr Sitzungsergebnis bekant geben und Mario der Göttliche wird uns in seiner Pressekonferenz erklären, wie die Welt beschaffen ist, die wir als Normalsterbliche doch so wenig verstehen. Wir werden wieder hören, wie viel doch die Geldpolitik gebracht hat, evidente Gegenargumente zur geldpolitischen Praxis werden einmal mehr nicht zur Sprache kommen – dabei zeigen doch die eigenen Statistiken der EZB, was alles nicht funktioniert, nur sind diese Dinge eben feinsäuberlich versteckt in den Statistiken. Und daher regt sich auch niemand darüber auf – da könne dann ruhig solche Querulanten wie wir eben diese Statistken genau untersuchen und die Widersprüche aufzeigen – an der breiten Masse geht das vorbei.

Bekanntlich kauft die EZB ja im Rahmen ihres QE-Programms europäische Staatsanleihen (bzw. läßt sie durch die Notenbanken der einzelnen Länder kaufen), und weil die Käufe dieser Anleihen nicht direkt von den Staaten selbst erfolgen, sondern über den Umweg über Banken (also am Sekundärmarkt), die diese Anleihen in ihren Büchern haben, ist das natürlich keine verdeckte Staatsfinanzierung, nein nein, ganz sicher nicht. Weil ist doch klar: wenn ich Tomaten am Gemüsestand kaufe, und nicht vom Tomaten-Produzenten selbst, kaufe ich im Grunde ja gar keine Tomaten, verstehen Sie? Wenn nicht, sind Sie kein EZB-Jurist!

Warum kauft die EZB Staatsanleihen? Um die faktischen Zinsen unten zu halten, damit die Länder der Europeripherie so weiter machen können wie bisher. Denn gäbe es die EZB nicht, gäbe es also die faktische Haftungsgemeinschaft nicht, wobei die finanziell einigermaßen gesunden Länder gewissermaßen für die weniger Gesunden haften – wie hoch etwa wären dann die Zinsen für Länder wie Italien oder Portugal, wenn diese neue Schulden aufnehmen würden? Sehr viel höher, logischerweise. Die EZB setzt also den freien Markt außer Kraft, der sehr viel höhere Risikoprämien verlangen würde, wenn er Geld an diese Staaten verleiht.

Faktisch handelt es sich dabei um einen Umverteilungsmechanismus, der die Europeripherie am Leben hält. Da diese Europeripherie auch und gerade wegen dem Euro nicht wettbewerbsfähig ist, weil Löhne und Produktionskosten zu hoch sind und man nicht wie früher die eigene Währung abwerten kann, ist das gewissermaßen der Preis, den wir – der Weitsicht Helmut Kohls sei Dank – zu bezahlen haben. Denn der nicht vorhandene Zins kostet vor allem jene Geld, die überschüssiges Geld haben – also vor allem die Deutschen, Österreicher, Holländer etc. Stichwort Altersvorsorge und und und.

Und die Südländer wiederum können sich durch den praktisch nicht vorhandenen Zins günstig verschulden, sie versuchen durch diese Schuldenaufnahme die mangelnde binnenwirtschaftliche Nachfrage durch staatliche Nachfrage zu substituieren. Da aber die Schuldenaufnahme so unglaublich günstig ist, entsteht wiederum kein Druck, global wettbewerbsfähiger zu werden, indem Lohn- und Produktionskosten sinken. Das nämlich würde sehr weh tun, also will es keiner, naturgemäß auch die verantwortlichen Politiker nicht, die natürlich wissen, dass ihre Tage im Amt gezählt sind, wenn sie solche Reformen durchführen würden.

Also wird weitergewurstelt und das Problem weiter in die Zukunft verschoben – und das genau ist die Hauptaufgabe der EZB. Sie ist die zentrale Umverteilungsstation, gewissermaßen der personifizierte Länderfinanzausgleich. Eigentlich müssten also die Länder der Europeripherie den Euro abschaffen, was wiederum aber die EZB nicht will, denn dann wäre sie ja sinnlos ohne ihren Euro. Und sinnlos möchte keiner sein, nicht mal EZB-Bürokraten.

Aber Schluß jetzt mit den Grundsätzlichkeiten.

Jedenfalls ist die allgemeine Erwartung heute die: die EZB wird die Anleihekäufe um sechs Monate über das geplante Ende März 2017 verlängern, das Volumen unverändert bei 80 Milliarden Euro pro Monat belassen. Alles, was weniger ist, wäre für die Märkte negativ – also weniger Laufzeitverlängerung respektive weniger Volumen. Das also ist das große Risiko für die Märkte – denn eigentlich hat die EZB aus ihrer Sicht wenig Grund zu klagen: die Inflationserwartung steigt rasant, null Panik wegen dem Italien-Referendum, im Gegenteil. Die EZB hat heute eine „große Sitzung“, sie wird die Projektionen bekannt geben, also ihre Wirtschafts- und Inflationserwartung publizieren, erstmals auch für das Jahr 2019 (wobei die EZB schon gefühlt seit 10 Jahren davon ausgeht, dass die Inflation auf 2% steigt, was sie aber nicht tat – bald aber tun dürfte wegen Donald Trump..).

Dass die EZB die Erwartungen erfüllt und liefert, ist wie gesagt Konsensmeinung. Und ein tieferer Grund könnte sein: die EZB wäre damit in Zeiten, in denen die Fed die Zügel wieder anzieht, neben der Bank of Japan die Quelle billigen Geldes, das wiederum Donald Trump so dringend braucht zur Erfüllung seiner Schulden-Träume. Dann werden sich die US-Unternehmen, wenn die Fed die Zinsen anhebt, eben in billigen Euros verschulden. Das nennt man dann übrigens Globalisierung..

Sollte die EZB jedoch ein Tapering andeuten, würde der Euro durch die Decke schießen. Was wiederum ja auch keiner will. Das wirklich Geniale an diese Zeiten ist doch, dass wir alle stets das gewünschte Wunschkonzert bekommen. Und das ist einfach super! Weil die Rechnung dafür kommt doch erst viel später, ich schrei vor Glück!



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9 Kommentare

  1. ich möchte daran erinnern, dass draghi vor 1 jahr nicht geliefret hat !

  2. @Fugi: Ein fantastischer Beitrag von Ihnen, der fachlich und sarkastisch exakt den aktuellen Ist-Zustand wiederspiegelt. Ich erwarte die EZB heute eher zurückhaltend, den Euro nach oben schießend und damit wird die aktuelle Party im Dax erstmal nach unten gesprengt.

    1. danke @Toni! Schauen wir mal..

  3. Also, also, Herr Fugmann, was ist denn das? Soviel Kritik an EZB und dem heiligen Friedensprojekt Euro, man könnte ja glatt glauben,da schreibt ein böser Rechtspopulist ;)

  4. Herr Sinn würde sich freuen über diesen verzweifelten Sarkasmus. Was jedoch uns hier interessiert auf dieser Seite ist, was rebus sic stantibus voraussichtlich kurzfristig zu erwarten ist – so wie die Dinge nun einmal liegen.

  5. es redet jeder was er will . was stimmt muss man selber herausfinden. und die Reden sind falsch. Ist meine Erfahrung.

  6. „Und die Südländer wiederum können sich durch den praktisch nicht vorhandenen Zins günstig verschulden, sie versuchen durch diese Schuldenaufnahme die mangelnde binnenwirtschaftliche Nachfrage durch staatliche Nachfrage zu substituieren. Da aber die Schuldenaufnahme so unglaublich günstig ist, entsteht wiederum kein Druck, global wettbewerbsfähiger zu werden, indem Lohn- und Produktionskosten sinken.“

    Na, wie war das nochmal , vor dem ach-so-schlimmen-Euro, haben die Südländer nicht gesagt, manjana manjana, hängen wir ein paar Nullen dran an unsere Währung, schon stimmt die Sache ?
    Die Südländer stünden also unter Druck wettbewerbsfähiger zu sein, wenn man seine „eigene Währung“ (wieder) hätte ?
    Wegen den höheren Zinsen ?

    Ich darf schon mal die Frage in den Raum werfen, welche Zinsen ? Bzw. eher, wie hoch ? Wer gibt den Südländern dann noch Geld,vielleicht zu 20- 35 % Zinsen, zahlbar wöchentlich, nur mal so, als Vorschlag ?
    Um dann beispielsweise eine Milliarde „harte EUR“ in deren Klopapierwährung zu finanzieren, hört sich interessant an ?

    Oder ist der südländische Staat schuldenfrei, Altschulden ? Welche Altschulden ? Und jene noch in harten EUR ? Die Unterstützung der EU wollen wir aber aber trotzdem, natürlich…

    Da würde ich mich als Südländer schon fragen, wieso eigentlich, die Sonne brennt, ein paar Nullen dran und gut is ? Ja, und was ist eigentlich mit dem Zoll und so, freier Zugang zum europäischen Markt, null Problemo ? Da wären wir doch schon wieder bei den Briten ?
    Wäre eigentlich ein nettes Geschäftsmodell, tja, die Umsetzung dürfte interessant werden…
    Crashtourismus würde natürlich auch gehen… Eine „dritte Welt“ innerhalb Europas, Kapitalverkehrskontrollen, eine Währung die nur auf dem Klopapier steht, die „richtige Währung“ wäre der EUR, cool…
    Na da sind Szenarien…

    VG
    Marko

  7. Und der EUR jetzt heute ist nicht schädlich, schädlich für die Südländer war der EUR am Anfang, als sie dachten: jetzt leben wir in Saus und Braus.
    Ich kann mich noch ganz genau an den Präsidenten Spaniens erinnern (vor Lehman) „Wir werden Deutschland bezüglich der Witrschaftskraft überholen“, Bauboom, Kreditfinanzierngen zu Witz-Konditionen.

    Aber, ist das die Schuld des EUR, wer hat das Geld verjubelt, die handelden Menschen oder der EUR an sich ? Und natürlich gibt es innerhalb Europas verschiedene Mentalitäten.

    VG

    Marko

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