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Digitaler Euro: Zentralbankverbindlichkeit, EZB als Emittent – alles kein Problem?

Ein EZB-Direktor hat aktuell eine Rede zum Digitalen Euro gehalten. Das wird alles total problemlos und vorteilhaft für die Bürger?

Euro-Geldscheine

Fabio Panetta, Mitglied des EZB-Direktoriums, hat vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments eine Rede gehalten. Thema: Der Digitale Euro, seine Ausgestaltung, Ideen, Grundsätze, die reale Umsetzung. Bevor unsere kritischen Anmerkungen dazu kommen, zeigen wir hier einige Auszüge aus seiner Rede, dazu ein kurzes Video.

Auch wenn der digitale Euro von beaufsichtigten Intermediären in Umlauf gebracht wird, sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass es er eine Zentralbankverbindlichkeit ist. Als Emittent des digitalen Euro wäre das Eurosystem gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern des Euroraums für die Erfüllung ihrer Anforderungen an Zahlungen rechenschaftspflichtig. Aus diesem Grund sollte es in der Lage sein, die Standards zu steuern, um sicherzustellen, dass die Verwendung eines digitalen Euro künftig so standardisiert ist wie die Bargeldnutzung heute. Ihm käme dabei die Aufgabe zu, für Konsens bei sämtlichen Beteiligten zu sorgen, d. h. bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, dem Einzelhandel, den Banken und Nichtbanken.

Der erste Grundsatz bezieht sich darauf, dass der digitale Euro als öffentliches Gut der Gesellschaft dienen sollte. Wir sind der Ansicht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher den digitalen Euro kostenfrei für alltägliche Basisdienstleistungen nutzen können sollten.

Zweitens sollten Intermediäre für die von ihnen erbrachten Dienstleistungen entschädigt werden, so wie es bei anderen digitalen Zahlungen der Fall ist.

Drittens sollte durch rechtliche Maßnahmen verhindert werden, dass Intermediäre von Händlern überhöhte Gebühren verlangen, falls diese zur Annahme des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel verpflichtet werden. Wir sind zwar der Auffassung, dass der digitale Euro wettbewerbsfähigere Gebühren ermöglichen würde, dieser Grundsatz würde jedoch sicherstellen, dass die Gebühren für Händler nicht höher sind als die heute für vergleichbare Zahlungsmittel erhobenen Gebühren.

Schließlich würde das Eurosystem seine eigenen Kosten tragen, etwa für Abwicklungstätigkeiten und die Verwaltung der einheitlichen Standards für die Veranlassung und den Erhalt von Zahlungen in digitalen Euro. Dies würde zum Ausdruck bringen, dass der digitale Euro ein öffentliches Gut ist, und derselben Logik folgen, die derzeit für Bargeld gilt. Die Einsparungen, die sich daraus ergeben, würden den Endnutzern zugutekommen.

Wir werden alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass der digitale Euro ein wahrhaft öffentliches Gut wird. Alle europäischen Organe müssen jedoch ihren Beitrag zu unserem gemeinsamen Ziel leisten – dass der digitale Euro ein Erfolg wird. Aus diesem Grund sehen wir dem Legislativvorschlag der Europäischen Kommission erwartungsvoll entgegen. Dieser Vorschlag wird für den digitalen Euro einen entscheidenden Schritt vorwärts bedeuten und Europa an die Spitze der Arbeiten an digitalen Zentralbankwährungen unter den G7 stellen.

Kritische Anmerkungen

Wie Fabio Panetta es schreibt: Ein Digitaler Euro wäre eine reine „Zentralbankverbindlichkeit“. Die EZB wäre der Emittent, also der Herausgeber des elektronischen Geldes. Auf der einen Seite steht sozusagen die EZB, dem direkt gegenüber der Bürger als Nutzer, unmittelbar und elektronisch. Völlig unerwähnt blieb von ihm die negative Auswirkung: Die EZB könnte dann womöglich jede einzelne Transaktion sehen, die Bürger überall in Europa mit dem digitalen Euro bezahlen, so wie unsere Hausbank oder unser Kreditkartenanbieter heute sehen kann, wo wir unsere Brötchen kaufen, was für Lebensmittel einkaufen usw. Und alles, was wir heute anonym mit Bargeld bezahlen, was bisher sozusagen unsichtbar für Staat und Banken ist, wäre dann völlig transparent und für alle Zeiten nachvollziehbar für die EZB.

Es wäre dann nur noch ein ganz kleiner Sprung zu sagen: Lasst uns doch diese Datenquelle auch für europäische Strafverfolger zugänglich machen, damit sie Verbrecher jagen und ihre Kaufgewohnheiten nachverfolgen können. In Windeseile würde man bei jeder Straftat oder Ordnungswidrigkeit auf solche Daten zurückgreifen – am besten auch gleich preventif? Auch wenn die Zentralbanker wohl auf solche Nachfragen hin strikt verneinen würden, dass es dazu kommt: Die Voraussetzung für ein solches Szenario wäre geschaffen.

Und spinnen wir die „Verschwörungstheorie“ gerne noch ein bisschen weiter: Nehmen wir mal an durch die Selbstabschaffung von Bargeld würden die Menschen nur noch Bankkarte, Kreditkarte oder den Digitalen Euro benutzen… das ist unrealistisch? Bei mir direkt um die Ecke nimmt ein Cafe-Betreiber seit März GAR KEIN Bargeld mehr an! Wenn man nur noch elektronisch zahlen würde, wäre es ein leichtes für die EZB, per Knopfdruck das Geld von Bürgern teilweise zu entwerten, Negativzinsen zu verhängen, einzelne Personen von der Geldnutzung auszuschließen usw??? Man weiß es nicht. Wäre es möglich? Über solche Szenarien hat Herr Panetta jedenfalls gar nicht gesprochen.

Aber natürlich würde es sicherlich heißen: Die EZB als Emittent dieses Geldes ist eine unabhängige außerstaatliche Organisation, kein Staat hat auf ihre Daten Zugriff, und das bleibt dauerhaft auch so… tatsächlich? Die EZB agiert auf Basis von Gesetzen, die von den Eurozonen-Staaten gemacht werden. Ändern diese Staaten die gesetzlichen Vorgaben für die EZB, würde auch ein Digitaler Euro und die Bürgerdaten zukünftig womöglich zugänglich für die nationalen Regierungen sein. Aber jetzt ist erstmal Schluss mit all den „üblen Verschwörungstheorien“. Ganz sicher führt uns der Digitale Euro in eine rosige bessere Zukunft voller Datensicherheit und anonymem digitalen Bezahlen.

Hier finden Sie den gesamten Redetext von Fabio Panetta auf Deutsch.



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3 Kommentare

  1. Kann man nur hoffen, dass genügend Menschen das Bargeld beibehalten wollen und bei diesem Spiel von Überwachung und Datensammeln nicht mitmachen.

  2. Nichts,aber auch nichts kann die Bargeldabschaffung rechtfertigen. Es gibt freiheitliche und demokratische Werte hierzu gehört das Recht auf Privatsphäre (ein Grundrecht) und ein das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (ein Datenschutz Grundrecht).
    Die Privatsphäre und Anonymität ist mit nichts verhandelbar.
    Wir brauchen keinen Überwachungsstaat!!
    Wir brauchen mehr Freiheit!!!
    Bargeld ist gelebte Freiheit!!

  3. Diese Polemik ist wirklich unerträglich. Soweit ich weiß, ist angedacht, das mögliche Guthaben bei der EZB auf ein paar Hundert Euro zu beschränken. Man kann also nicht das ganze Vermögen einer Person durch Knopfdruck ‚entwerten. Ich finde dennoch die Möglichkeit spannend, die Banken im Geldkreislauf umgehen zu können.

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