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Expertenaussagen „Europas Firmenexodus in die USA wird zu einer Flut“

Ein Firmenexodus von Europa Richtung USA findet statt. Hier dazu Aussagen vom Bloomberg Opinion Columnist Chris Bryant.

USA-Flagge
USA-Flagge. Foto: Vecstock-Freepik.com

Die 44-Milliarden-Dollar-Fusion zwischen der französischen Lafarge und ihrem Schweizer Rivalen Holcim im Jahr 2015 markierte den Höhepunkt des europäischen Unternehmensglanzes, der Globalisierung und des Optimismus in Bezug auf die Schwellenländer. Die Ankündigung von Holcim am Sonntag, sich in zwei geografisch getrennte Unternehmen aufzuspalten, unterstreicht die harte Realität des Zeitalters der Deglobalisierung: Der einzige Markt, der den Investoren heute wirklich wichtig ist, sind die USA.

Die europäischen Börsen sollten sich Sorgen machen, denn Widerstand gegen die Hegemonie der US-Kapitalmärkte scheint zwecklos — mehr europäische Unternehmen werden den Weg an die New Yorker Börse finden müssen, so schreibt es aktuell der Bloomberg Opinion Columnist Chris Bryant. Hier seine weiteren Ausführungen: Der Plan von Holcim, seine nordamerikanischen Aktivitäten im nächsten Jahr abzuspalten und ein separates, in den USA börsennotiertes Unternehmen mit einem Umsatz von 11 Milliarden Dollar und einem Betriebsgewinn von rund 2 Milliarden Dollar zu gründen, ist so offensichtlich, dass der Autor dieser Zeilen das Unternehmen kürzlich ermutigt hat, eine ähnliche Strategie zu verfolgen.

Die Initiative von Präsident Joe Biden, die USA zu reindustrialisieren und die Infrastruktur des Landes wieder herzustellen, trägt dazu bei, dass die Zement- und Zuschlagstoffunternehmen hohe Gewinnmargen erzielen. Dennoch werden in den USA börsennotierte Baustoffunternehmen wie Martin Marietta Materials und Vulcan Materials zu deutlich höheren Kurs-Gewinn-Verhältnissen gehandelt als Unternehmen mit Sitz im Ausland. Und dies, obwohl europäische Unternehmen wie CRH, Holcim und Heidelberg Materials eine starke Präsenz in Nordamerika haben.

Die Bewertungslücke lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen, darunter unterschiedliche Wachstumsraten, eine stärkere Beteiligung von Privatanlegern an den Aktienmärkten und die Dominanz der US-Indizes. Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass US-Investoren bereit sind, auch für solche Unternehmen mehr zu zahlen, die sich mit eher profanen Tätigkeiten wie der Herstellung von Zement oder dem Abbau von Gestein befassen.

Europäische Konzerne, die den Shareholder Value im Auge haben, sollten gehalten sein, ihre Möglichkeiten zumindest zu prüfen — und davon gibt es viele. Die in Dublin ansässige CRH verlegte im September seine Erstnotiz von London nach New York, was offenbar zu einer Neubewertung der Aktien beitrug. Der britische Sanitär- und Heizungskonzern Ferguson profitierte in ähnlicher Weise von der Verlegung seiner Hauptnotierung in die USA im Jahr 2022. Und der Landmaschinenkonzern CNH Industrial erhofft sich durch den Wechsel von Mailand an die Wall Street einen ähnlichen Effekt.

Fusionen und Übernahmen bieten einen zweiten Weg zu einer besseren Bewertung: Der ursprünglich deutsche Industriegasekonzern Linde fusionierte 2018 mit dem US-Rivalen Praxair und wurde im vergangenen Jahr von der Frankfurter Börse genommen; der Verpackungshersteller Smurfit Kappa Group verlagerte seine Hauptnotierung nach der Fusion mit WestRock in die USA.

Der Plan von Holcim — die Abspaltung des nordamerikanischen Geschäfts — ist ein dritter Ansatz und in mancher Hinsicht eine sauberere Lösung als die bloße Änderung der Erstnotiz. Wenn es gelingt, eine Anhängerschaft unter den institutionellen US-Anlegern aufzubauen, gibt es keinen Grund, warum die Bewertung der US-Sparte von Holcim nicht näher an die lokalen Konkurrenten herankommen sollte. Das Management hofft, dass das neue Unternehmen in den S&P 500 aufgenommen wird.

Natürlich muss ein Unternehmen bestimmte Merkmale aufweisen, damit eine Aufspaltung sinnvoll ist — am offensichtlichsten ist ein bedeutendes US-Geschäft: Rund 40% des Umsatzes von Holcim entfallen auf Nordamerika. Baustoffe sind von Natur aus lokal, da Beton und Zuschlagstoffe aufgrund ihres Gewichts in der Nähe des Verbrauchsortes hergestellt werden müssen. Im Gegensatz dazu ist die Aufteilung eines Technologie- oder Industrieunternehmens in zwei geografisch getrennte Einheiten nicht einfach, da diese in der Regel über zentralisierte Forschungs- und Einkaufsfunktionen verfügen.

Europäische Unternehmensvorstände mögen davor zurückschrecken, sich von US-Aktivitäten zu trennen, da dies die Abhängigkeit des verbleibenden Unternehmens von langsamer wachsenden Märkten erhöhen würde. Im Fall von Holcim gibt es jedoch ein plausibles Investitionsargument, das auf der Dekarbonisierung basiert: Dank des Emissionshandelsprogramms der Europäischen Union sollten Unternehmen, die in die Reduzierung von CO2-Emissionen investieren, in der Lage sein, diejenigen zu übertreffen, die auf schmutzigere Importe angewiesen sind. (Die USA sind bei der Dekarbonisierung von Zement viel weniger weit).

Die Pläne von Holcim dürften in den europäischen Vorstandsetagen sehr genau geprüft werden, denn der Status quo ist nicht zu verteidigen. Die transatlantische Bewertungslücke ist ein Hindernis für europäische Konzerne, die ihre Aktien als Akquisitionswährung einsetzen wollen. Und sie ist Treibstoff für aktivistische Investoren, die fordern, dass Unternehmen über eine Börsennotierung in den USA nachdenken sollten, um mehr Wert für ihre Aktionäre zu schaffen. Aus dem Rinnsal europäischer Unternehmen, die eine Notierung in den USA anstreben, droht eine Flut zu werden.

FMW/Bloomberg



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6 Kommentare

  1. Ich glaube das alles nicht. Solche Berichte und Aussagen wie die USA wollen die Ukraine den Krieg nicht gewinnen lassen, sondern den Status Quo einfrieren, kein LNG mehr exportieren, etc.
    Diese Verschwörungstheorie würde ja qausi bedeuten, dass wir von unseren besten Freunden auf das Abstellgleis gestellt würden, während die USA mit dem Rest der Welt, einschließlich Russland regen Handel triebe. Wir wären dann so eine Art Bad-Bank. Überaltert, übermigriert, etc.
    Kaum zu glauben

  2. Lindsey Graham hatte Recht. Der Ukraine Krieg war „the best money we’ve ever spent“, aber nicht weil die USA nur einen vergleichsweise kleinen Teil ihres BIP einsetzen um Russlands Armee zu zerstören – ist nicht passiert, Russland ist heute stärker, als zu dem Zeitpunkt als es die SMO startete – sondern Europa ökonomisch an die Wand zu fahren und sich aus der Restmasse zu bedienen, als wäre es ein einziges gigantisches Private-Equity Geschäft. In den europäischen Grünen haben sie dann auch noch willige Vollstrecker gefunden. Das ist nicht böse gemeint von den Amis und auch nicht von den Grünen, die Amis sind halt geschäftstüchtig und die Grünen wollen so schnell es eben geht, klimaneutral werden. Sie ergänzen sich nun kongenial.

    Was werden die Euros tun? Ich denke, sie werden über kurz oder lang ihre Eliten austauschen und wieder Industriepolitik betreiben. Aber das kann noch dauern.

    Eine andere Frage: was wird aus der NATO? Die USA setzt die NATO ein, um Russland zu provozieren, seine „roten Linien“ zu überschreiten. Die NATO Mitgliedschaft macht Länder wie Polen oder die baltischen Staaten aggressiv bzw. leichtsinnig. Wenn der große, böse Bär ihnen was tut, dann kommt Uncle Sam angeschwommen und angeflogen und rettet sie alle, wie ein Superheld. Trump töbert zwar rum, dass die NATO nix bringt, dass sie nur Kosten verursacht und die Euros auch nicht zur Rettung der USA kommen würden, würde diese angegriffen werden, aber ohne NATO keine US-Hegemonie über Europa und damit würde sie ihr wichtigstes, strategisches Instrument in der Region aus der Hand geben. Ich glaube letztlich nicht, dass Trump die NATO dissen will, er will nur, dass die Euros mehr Geld dafür ausgeben, dass die USA die geopolitischen Angelegenheiten seiner Klienten für diese regelt.

  3. @Thorsten
    es ist etwas naiv, die USA als unsere Freunde zu bezeichnen.
    In der hohen Politik gibt es keine Freunde, nur Interessen !

    1. @HH, die Interessen Deutschlands und seiner politischen Vertreter würden wir alle gerne kennen lernen.

      Ich meine damit nicht, dass Deutschlands Politiker Verräter sind, sondern nur, dass es ihnen egal ist. Sie sind Mitglieder eines internationalen Clubs und sie wollen da nicht wie die Schmuddelkinder behandelt werden, etwa so wie z.B. Viktor Orban, der eine Politik des nationalen Interesses fährt. Das ist für einen Europäer heute schon ein Distinktionsmerkmal.

  4. @HH, jedes Kind weiss das, die Elite von De anscheinend nicht. Da könnten sie vom Türken Boss noch etwas lernen.Er ist Putin Freund,liefert Waffen an die Ukraine, kauft Ami- Flugzeuge und weil er mit allen handelt und redet ist er sogar gesuchter Gesprächspartner und Dealer mit Freund und Feind. Ein Austauschjahr mit der Türkei wäre angebracht, Erdo- Wahn würde aus De wieder ein blühendes Land machen und Scholzi und Robi würden in der Türkei weggesperrt wegen Landesschädigung.

  5. schaut mal. wir türken sind bestellt aber politisxh nicht abgeholt.
    wir sind seit ca 55 jahren in de.
    haben seither gearbeitet, gesxhuftet und steuern bezahlt. alles was wir aufgebaut haben, das haben wir uns auch verdient.

    die 1. generation asylanten die vor ca 25-30 jahren nach de kam, sitzt sxhon in stadträten, landtägen und auch im bundestag.
    kein neid, sie haben es sich verdient. aber aussxhlaggebend waren die sozialpädagogen der grünen. nur durch deren unterstützung war das möglich. heute sind viele dank stipendien akademiker / freiberufler.

    und uns türken hat man garnicht wahrgrnommen, erst vor (wann war es als der erdo kam ) ca 10 jahren als der erdo nach de kam und uns endlich mal einen halt gab, ist man auf uns aufmerksam geworden.

    wir haben den ansxhluss auch immer versperrt bekommen. falls mal ein moschermitglied beim OB war, kam von links grün sofort der spruch – seht her der ob empfängt einen türkisxhen islamisten oder seht her der ob trifft sich mit einem grauen wolf aus der ditib usw undsofort.

    und da die grünen de zum absxhuss freigegeben haben, die sprüche der linksgrünen gegen ihr eigenes land kennt ihr, brauch ich nicht alle zu erwähnen, bleibt uns doch nichts anderes übrig als uns auch politisxh zu engagieren.

    wir sind konservativ, gehen in die moschee beten und versuchen, nur in dieser neudeutsxhen gesellsxhaft unsere rechte einzufordern.

    wir wollen zurück das ist fakt. aber zb. in den 90 ‚ern konnte man sich die eingezahlte rente auszahlen lassen. jetzt hat meine sxhwester bei der DRV angefragt und dieses gesetz ist abgesxhafft worden. von wem und wieso auch immer.

    vg md

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