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Galeria Kaufhof vor dem Aus? Über ein Immobilien-Schneeballsystem

Ein Lehrstück über hochgehebelt-fremdfinanzierte Private-Equity-Übernahmen, bei denen der Käufer die Rechnung zahlt. Und Bewertungen von Immobilien wundersam in die Höhe steigen..

Ein Gastbeitrag von @Domenico

Der Kreditversicherer Euler Hermes hat die Warenkreditversicherungen für Galeria Kaufhof-Lieferanten um bis zu 80 Prozent gekürzt. Mit einer Warenkreditversicherung schützen sich Lieferanten gegen Zahlungsausfälle ihrer Kunden – und genau dieser Schutz wurde nun für die Galeria Kaufhof-Lieferanten massiv gekürzt. Bei Karstadt und Schlecker fing es vor Jahren auch so an, am Ende waren beide Unternehmen zahlungsunfähig. Wie alle stationären Einzelhändler kämpft auch Galeria Kaufhof mit der Konkurrenz durch den Onlinehandel. Laut Informationen von manager-magazin lag der Betriebsverlust (EBIT) in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bei ca. 50 Millionen Euro – mehr als doppelt so viel als im Vorjahreszeitraum.


Galeria Kaufhof, hier ein Haus in Köln
Foto:Raimond Spekking, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Dazu kommen hausgemachte Probleme und Managementfehler des kanadischen Mutterkonzerns Hudson’s Bay Company. HBC kaufte 2015 Galeria Kaufhof vom Metro-Konzern für 2,8 Mrd. Euro, hoch fremdfinanziert und nach Private-Equity-Manier vom Kaufgegenstand selbst zu tragen. Sprich, Galeria Kaufhof musste seine Übernahme selbst finanzieren. Als neuer Eigentümer erhöhte HBC sogleich massiv die Miete. Damit wurde zwar der (theoretische!) Wert des Immobilienportfolios gesteigert, die Probleme von Galeria Kaufhof – also dem Mieter – erhöhten sich durch die höheren Mietzahlungen aber ebenfalls massiv.

Durch die Mieterhöhungen wiederum steigerte HBC den Wert der Immobilien formal um ca. eine Milliarde Euro. 2,6 Milliarden des Immobilienportfolios wurden anschließend in eine Immobilien-Beteiligungsgesellschaft namens HBS Global Properties eingebracht, an der HBC inzwischen nur noch 63 Prozent hält. Der Rest des Immobilienportfolios wurde an Investoren weitergereicht. Die Bewertung von Immobilien aber steht und fällt mit der Solidität seiner Mieter. Galeria Kaufhof ist jedoch der einzige Mieter der HBC-Immobilien. Wenn Galeria Kaufhof ausfällt, bricht auch die Bewertung der Immobilien zusammen.

Das traditionsreiche Unternehmen Hudson’s Bay Company ist das älteste kanadische immer noch existierende Unternehmen. Es wurde 1670 gegründet und hat sich vom Pelzhändler – über Zwischenstationen im Rohstoffhandel und Logistikbereich – zu einem großen Einzelhandelsunternehmen in Nordamerika entwickelt, das mittlerweile auch in Europa aktiv. Das Hauptgeschäft ist zwar der Einzelhandel, allerdings ist HBC auch ein großer Eigentümer von Handelsimmobilien – und genau das ist das Problem. Der Marktwert des Immobilienportfolios von HBC ist ca. um das 3,5 fache höher als der aktuelle Börsenwert. Der hohe Wert der HBC-Immobilien beruht allerdings wie auch bei Galeria Kaufhof vor allem auf der Bonität seiner Mieter – und HBC ist meist selbst sein eigener Mieter.

Hausgemachte Probleme und sinkende Umsätze im stationären Einzelhandel treffen auf theoretisch immens hohe Immobilienbewertungen. Diese sind allerdings nur temporär und dem überhitzten Immobilienmarkt geschuldet. Sollte Galeria Kaufhof in die Insolvenz gehen, könnte das für HBC der Anfang vom Ende sein. Die theoretisch hohen Immobilienbewertungen dürften dann einbrechen. Im Grunde ist das alles ein ziemlich gigantisches Schneeballsystem – und jetzt droht der Schnee leider zu schmelzen..



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9 Kommentare

  1. Die Aktie von Hudson Bay sieht sehr günstig aus…

    1. Nun bleibt nur noch unsere Bundeskanzlerin, sie rettet Galeria Kaufhof vor der Bundestagswahl 2017 – werbewirksam – mit Hilfe von Steuergeldern und Nils Berggrüen, dem vermeintlich “ netten Karstadt-Retter “ in Freizeitlook, dieser “ verschachert “ den Konzern ( nach Immobilienverkauf und Personalabbau sowie Lohnkostensenkungen ) für einen Euro ( oder einen Kanadischen Dollar ) an einen guten Freund.
      Nach der Wahl natürlich.
      Doch nach der Wahl, ist vor der Wahl.
      Der Steuerzahler als Retter von Arbeitsplätzen, siehe Commerzbank, der die Last unddas Risiko trägt, während sich andere, die Gewinne eingesteckt haben.
      Kapitalismus 2017 eben.

  2. Ich habe früher öfter im Kaufhof in Frankfurt eingekauft. Bin eigentlich immer gerne durch das Geschäft geschlendert und habe meistens etwas gefunden. Ja, auch ich kaufe online – ist aber nicht das Gleiche wie ein schöner Einkaufsbummel.
    Letzten Sommer im Juli war ich das letzte Mal dort. Die Menschenmassen auf der Zeil – welche seit Merkels Grenzöffnung die Straßen füllen – haben mich veranlasst, die Innenstädte zu meiden.

    1. Kaufhof ist einfach runter gerockt. Altbacken, unmotivierte Mitarbeiter (bei 10 Euro Lohn kein Wunder! ) und teilweise veraltetes Sortiment. Die Filialen wurden gefühlt seit 20 Jahren nicht mehr renoviert. Wenn hier nun gespart wird, anstatt zu investieren, ist keine Besserung in Sicht. Der Point of no return ist längst erreicht. Insolvenz ist nur noch eine Frage der Zeit.

      1. In welcher Filiale waren Sie denn? Wäre schön, wenn Sie das konkretisieren würden. Keine Filiale hat nur unmotivierte Mitarbeiter! Wo arbeiten Sie? Und sind Sie den ganzen Tag und Woche, Monate und Jahre über ständig hoch motiviert? Motivation lässt sich nicht ausschliesslich am Geld festmachen. Man mag seinen Beruf und ist deshalb jeden Tag aufs neue motiviert. Das spielt ebenso eine große Rolle wie auch das Geld.

    2. man sollte größere Städte eh meiden

      1. Ja. Man sollte auch nicht bei Rot über die Ampel gehen. Hat nur mit dem Thema nichts zu tun…

    3. Simmt. Merkel ist Schuld! Merkel ist Schuld daran. dass Kaufhof Pleite geht.
      Nur die AfD wird Kaufhof retten.

      *Ironie aus

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