40 % Energie, 60 % andere Faktoren Hans-Werner Sinn: Wer an der Inflation schuld ist

Von einigen Ökonomen und vielen Politikern hört man es: Schuld an der Inflation (aktuell 8,7 %) ist der Ukraine-Krieg, Russland ist also schuld. Schaut man auf die Statistiken, dann lag sie unmittelbar vor Kriegsausbruch im Februar 2022 bereits bei 5,1 %. Vorher war sie bereits monatelang am Ansteigen, und der Ukraine-Krieg war dann eine Art Nachbrenner, der die Preise anfeuerte, aufgrund der massiven Energiepreis-Explosion. Im folgenden Interview wird der ehemalige ifo-Chef Hans-Werner Sinn ganz grundsätzlich dazu befragt, woher die derzeitige Inflation kommt, und wer daran schuld ist.

source: tradingeconomics.com

Hans-Werner Sinn sieht zwei Gründe für die derzeitige Inflation. Viel „Brennstoff“ sei vorher jahrelang „gelagert worden“ in Form  einer ausufernden Staatsverschuldung in Europa, was nachfrageerhöhend sei. Und zweitens habe es einen Zündfunken gegeben, nämlich die Corona-Pandemie. Durch mehr Nachfrage dank höhere Staatsschulden auf der einen Seite, und einer Angebotsverknappung durch Corona auf der anderen Seite, habe es eine Grundlage für die Inflation gegeben. Die Geldmenge der EZB hat sich laut Hans-Werner Sinn seit der Finanzkrise 2008 versiebenfacht. Das über höhere Anleiheverkäufe eingenommene Geld hätten die Regierungen dann ausgegeben. Auf der anderen Seite hätte es die kaputten Lieferketten gegeben, vor allem in Asien. Hohe Nachfrage trifft auf wenig Angebot.

Inzwischen seien die Probleme zu großen Teilen gelöst, aber es gebe nun Selbstverstärkungseffekte, wie zum Beispiel die Forderungen der Gewerkschaften nach höheren Löhnen. Dadurch seien dann letztendlich die Arbeitgeber gezwungen ihre Produktpreise weiter anzuheben, was die Inflation anheizt. Auch habe es nach Corona die Fördermengenkürzung der OPEC gegeben, die zu einem massiven Anstieg des Ölpreises geführt hat. Am Ende sei dann der Ukraine-Krieg als weiterer Faktor dazu gekommen. Hans-Werner Sinn bezieht sich auf Aussagen der EZB, wonach nur 40 % der Inflation auf die höheren Energiepreise zurückzuführen sei, und 60 % auf andere Faktoren.