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Immobilienblase durch BaFin gebremst? Oder noch verschlimmert?

Hausbau

Ist es eine Maßnahme zur Verschärfung oder zur Entspannung der Immobilienblase in Deutschland? Gestern war es die Meldung für den deutschen Bankensektor. Die BaFin vermeldete, dass man beabsichtigt einen antizyklischen Kapitalpuffer von 0,75 Prozent der risikogewichteten Aktiva auf inländische Risikopositionen festzusetzen und einen sektoralen Systemrisikopuffer von 2,0 Prozent der risikogewichteten Aktiva auf mit Wohnimmobilien besicherte Kredite einzuführen. Derzeit liegen beide Quoten jeweils bei genau 0 Prozent.

Dieser Entscheid berücksichtigt laut BaFin-Aussage Analysen des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) und des European Systemic Risk Boards (ESRB). Der AFS sehe makroprudenziellen Handlungsbedarf und begrüßt das von der BaFin vorgelegte Maßnahmenpaket.Für beide Maßnahmen wird die BaFin jeweils eine Allgemeinverfügung erlassen. Beide Puffer sollen zeitnah aktiviert werden. Den Banken wird man aber genügend Zeit geben sich auf die Maßnahmen einzustellen – sie müssen die zusätzlichen Kapitalanforderungen erst zum 1. Februar 2023 vollständig erfüllen. Mit den beiden Kapitalpuffern werden insgesamt rund 22 Milliarden Euro an hartem Kernkapital im Bankensystem konserviert – 17 Milliarden Euro über den antizyklischen Kapitalpuffer und 5 Milliarden Euro über den sektoralen Systemrisikopuffer. Das klingt so, als würde man die Immobilienblase eindämmen, weil der Zugang zum Thema Immobilien erschwert wird.

Warum die BaFin so handelt

Warum die BaFin die Kapitalpuffer bei Immobilienkrediten erhöht, und damit für die Kreditnehmer den Zugang zu Darlehen erschwert und verteuert? Dazu zitieren wir die BaFin hier auszugsweise im Wortlaut:

Besonders dynamisch entwickelten sich zuletzt Preise und Kreditvergabe bei Wohnimmobilien. Den sich daraus ergebenden zunehmenden Risiken wollen die BaFin und der AFS vorbeugend entgegenwirken. „Mit diesen Kapitalpuffern tragen wir nicht nur den zyklischen Risiken Rechnung, sondern begegnen auch zielgenau den spezifischen Finanzstabilitätsrisiken am Wohnimmobilienmarkt, wo Preis- und Kreditwachstum momentan sehr stark sind“, erläutert BaFin-Präsident Mark Branson. Hauptziel ist es, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors vorbeugend zu stärken. In schlechteren Zeiten dienen die Puffer zur Verlustabsorption, so dass eine mögliche prozyklische Einschränkung der Kreditvergabe mit negativen Auswirkungen auf die Realwirtschaft begrenzt werden kann.

Ergänzend zu den Kapitalmaßnahmen mahnt die Aufsicht Banken, Versicherungsunternehmen und andere Kreditgeber, angesichts der aktuellen Entwicklungen am Markt für Wohnimmobilien bei der Neukreditvergabe besonders vorsichtig zu sein. Sie erwartet eine konservative Bewertungs- und Kreditvergabepraxis, die Finanzierungen mit hohem LTV („loan-to-value“) restriktiv behandelt und eine solide Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer dauerhaft, also auch in Stressphasen, sicherstellt.

Wird die Immobilienblase damit ausgebremst?

Die BaFin will erreichen, dass die Banken mehr Kapitalreserven haben für mögliche Ausfälle, und man möchte offenkundig die Immobilienblase ausbremsen. Denn wenn die Immobiliendarlehen für die Verbraucher teurer werden, und wenn die Banken (wie von der Bafin explizit verlangt) restriktiver bei der Kreditvergabe vorgehen, werden weniger Häuser und Wohnungen neu gebaut. Die Nachfrage bleibt aber vermutlich hoch, auch durch Kapitalanleger aus dem In -und Ausland, die bei (noch jahrelang) vorhandenen realen Negativverzinsungen bei Anleihen lieber in Sachwerte flüchten. Werden die Immobilienpreise damit vielleicht noch weiter angeheizt, weil das Neuangebot an Wohnungen und Häusern weniger stark steigt, die Nachfrage aber hoch bleibt?

Der „Zentrale Immobilien Ausschuss“ (ZIA), der Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft, hat sich heute zur Entscheidung der BaFin kritisch geäußert. Der Wohnungsneubau werde durch die neuen Kapitalanforderungen der BaFin gefährdet. Man sei beim ZIA besorgt über die gestrige Ankündigung der BaFin. Mit der Anhebung der Puffer würden sich Wohnimmobilienfinanzierungen sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich verteuern. Gleichzeitig sei eine Angebotsverknappung zu erwarten, da bestimmte Institute ihr Engagement im Wohnimmobilienfinanzierungsbereich zurückfahren werden. Solche Maßnahmen wirken laut ZIA kontraproduktiv und entfernen uns einen großen Schritt vom selbsterklärten Ziel der Bundesregierung jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Eine solche Kraftanstrengung sei nur mit einem gemeinsamen Handeln von Politik, Aufsichtsorganen und Immobilienwirtschaft zu meistern. Hierzu müssten wir alle an einem Strang ziehen.

Laut ZIA sind die Preisanstiege auf dem Wohnungsmarkt vielerorts vor allem die Folge von Wohnraummangel, Baulandknappheit, steigenden Bau- und Materialkosten sowie insbesondere seit Langem extrem niedriger Zinsen. Letztere würden Immobilien aufgrund sinkender Renditen alternativer Kapitalanlagen attraktiv machen. Eine Ausweitung des Wohnungsangebots, wie von der Ampelkoalition angestrebt, könne dabei entspannend wirken.



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