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Inflation: Auftakt zur Lohn-Preisspirale am Arbeitsmarkt?

Der Arbeitsmarkt: fehlendes Puzzle-Teil für Inflation

Die Folgen der Pandemie, der Fachkräftemangel und die einsetzenden Demografieprobleme: Das sind wohl die Zutaten für eine Phase stärker steigender Löhne, die zu einem Treiber für eine dauerhafte Inflation werden könnten. Der aktuelle deutsche Arbeitsmarktbericht sandte erste Signale, nun wartet man gespannt auf die großen Arbeitsmarktdaten in den USA.

Inflation und die Lage an den Arbeitsmärkten

Es gibt natürlich auch in Deutschland einen Aufschwung – aber wo sind die Arbeitskräfte?

Der Chef der Arbeitsagentur, Detlef Scheele, bezeichnete bei der Bekanntgabe der Arbeitslosenzahlen am Dienstag den Rückgang auf 2,69 Millionen als erstes Anzeichen für eine umfassende Besserung am Arbeitsmarkt. Denn zusätzlich sei auch die Zahl der Kurzarbeiter erstmalig seit November wieder gesunken. Es hatten sich 126.000 Arbeitnehmer weniger arbeitslos gemeldet als im Vormonat und die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen ist so hoch wie seit dem Jahr 2019 nicht mehr. Ob Ifo-Beschäftigungsparameter oder auch der Indikator des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, alles befindet sich mindestens auf Vor-Corona-Niveau.

Der Haken dabei: Es fehlen am Arbeitsmarkt Fachkräfte aus der IT-Branche, Ingenieure, aber auch Arbeitskräfte aus medizinischen und allgemeinen wissenschaftlichen Richtungen. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln sind es vor allem die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), insgesamt 142.000 Fachleute, die hier fehlen sollen. Nicht nur das, auch die Demographie schlägt zu, der Pool an Werkstätigen sinkt in diesem Jahr um 350.000, nach 240.000 im Vorjahr.

Alles Fakten, die einen Aufschwung begrenzen können. Selbst bei den Dax-Konzernen sind anscheinend 14.000 Stellen offen.

So die Situation in Deutschland.

Die Stützung des Konsums in den USA, fast ein Eigentor

In den USA, wo der Aufschwung und das Reopening der Wirtschaft schon ein paar Monate älter ist, hat das Problem des Arbeitskräftemangels fast schon skurrile Züge angenommen. Mit allerlei Tricks versuchen Firmen an Arbeitskräfte zu kommen, insbesondere materieller Art, an Fachkräfte, aber auch an Arbeiter für einfachere Tätigkeiten.

Ob in Supermärkten, bei Lieferdiensten, Restaurants, Cafés, Hotels, überall, wo man wieder auf Expansion schaltet, fehlen die Kräfte und es trifft auch die großen Firmen in den USA. Ob McDonalds, Starbucks, Walmart, selbst Amazon, die nicht weniger als 75.000 neue Mitarbeiter suchen, haben Probleme geeignete Arbeitnehmer zu finden. Bleibt nur die Lösung der üppigen Anhebung der Einstellungsgehälter. Supermärkte bieten schon 15 Dollar Stundenlohn, bei Amazon ist man für gesuchte Lageristen schon bei 17 Dollar angekommen. Denn trotz der Absenkung der staatlichen Unterstützung (Regierung, Bundesstaaten, Kommunen) gibt es derzeit immer noch bis zu 750 Dollar Stütze – pro Woche und bis zum 6. September, längstens. Dabei wollen die Firmen gerade in den nächsten Wochen von dem Nachholeffekt des Lockdowns profitieren.

Was für Folgen könnten dabei für die Märkte entstehen? Vielleicht schon kurzfristige, die in den Unternehmensberichten zum zweiten Quartal 2021 erkennbar sind, aber vor allen Dingen in den Aussichten.

Der Kostenfaktor Lohn ist neben der Teuerung bei Transport und Rohstoffen ein weiterer Faktor, der Marge kosten könnte. Und der dann das fehlende Puzzle-Teil für die Inflation ist.

Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den USA

Im großen Zusammenhang bei der Beurteilung der Höhe des wirtschaftlichen Aufschwungs in den USA sind die Arbeitsmarktdaten stets von großer Bedeutung. War die Enttäuschung vor Monatsfrist nur ein Ausreißer oder ein kleiner Hinweis darauf, dass es doch nicht so steil nach oben geht wie im ersten Quartal, mit 6,4 Prozent Wirtschaftswachstum? Am morgigen Freitag um 14:30 Uhr wissen wir ein wenig mehr. Sollten die US-Arbeitsmakrdaten wieder enttäuschen, wäre das ein Hinweis darauf, dass die Inflation vielleicht doch nicht dauerhaft steigt.

Hier noch einmal ein Blick auf die Entwicklung dees US-Arbeitsmarkts im Überblick.

Die Arbeitslosenquote fiel im April auf 6,1 Prozent. Damit liegt sie noch ein Stück über dem Niveau von vor der Pandemie. Doch die Lage hat sich in den vergangenen Monaten immer weiter entspannt, nachdem die Quote im April 2020 auf den Rekordwert von 14,8 Prozent hochgeschossen war.

Inflation und US-Arbeitsmarkt

Was den Gewerkschaften diesseits und jenseits des Atlantiks über viele Jahre nicht gelungen ist, könnte ausgerechnet die Situation am Ende einer Pandemie bewerkstelligen. Deutlich höhere Löhne und dadurch steigende Inflation. Vor allem in den USA hat die Sorge um ein Einknicken des Konsums zu finanziellen Zuwendungen in bestimmten Kreisen der Beschäftigten geführt, die das Prinzip der Arbeitslosenunterstützung in vielen Fällen konterkarierten.

Dies alles noch verstärkt durch einen Umbau des Staates von einem Präsidenten zum anderen. Während es in der Trump-Ära darum ging, die Wähler bei der Stange zu halten, nutzt der neue Präsident die Situation des billigen Geldes zu einem Umbau des Staates in Richtung Sozialstaat. Die Nebenwirkungen sind klar erkennbar: Eine Schuldenexplosion und ein Gewöhnungseffekt bei vielen Bürgern, die plötzlich mehr Geld in der Tasche hatten, als vorher mit ihrer regulären Arbeit. Wer arbeitet schließlich gerne für weniger Geld bei steigender Inflation?

Ein Teufelskreis ist entstanden – und setzt sich jetzt eine Spirale in Gang, an die sich nur die Älteren unter uns aktiv erinnern können.



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