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Ist denn CETA wirklich so zwingend notwendig? Diese Fakten helfen weiter

Alle Welt spricht derzeit über CETA, dem de facto kleinen Vorläufer von TTIP. Schafft die EU mit Kanada ein Freihandelsabkommen, könnte möglicherweise TTIP zwischen USA und EU folgen. In Teilen der deutschen...

FMW-Redaktion

Alle Welt spricht derzeit über CETA, dem de facto kleinen Vorläufer von TTIP. Schafft die EU mit Kanada ein Freihandelsabkommen, könnte möglicherweise TTIP zwischen USA und EU folgen. In Teilen der deutschen Politik und Wirtschaft wird so getan, als würde der Welthandel oder zumindest der Handel mit Kanada zusammenbrechen, wenn man jetzt nicht sofort CETA umgesetzt bekommt. Aber wie wichtig ist Kanada denn für den deutschen Außenhandel wirklich? Schauen wir uns hierzu doch mal die offiziellen Daten des Statistischen Bundesamts an. Und siehe da: Auf der Rangliste der wichtigsten deutschen Handelspartner für das Jahr 2015 rangiert Kanada auf Platz 31, mit einem sensationellen (Ironie) Handelsvolumen von 13,9 Milliarden Euro. Damit ist Kanada für Deutschlands Außenhandel weniger wichtig als Südafrika.

CETA

Und noch eine andere Tatsache ist höchst aufschlussreich, wenn man davon hört, dass ohne CETA die Welt untergeht (so scheint es ja fast zu sein). Laut Statistischem Bundesamt stieg das Außenhandelsvolumen zwischen Kanada und Deutschland in den letzten zehn Jahren um 70% von 8,2 auf zuletzt die besagten 13,9 Milliarden Euro. Und jetzt kommt der Knaller: Diese +70% in nur zehn Jahren schaffte man ganz ohne CETA. Also, warum wollen viele Vertreter aus Industrie und Politik so verkrampft jetzt noch schnell CETA durchdrücken? Weil sie wohl wissen: Ohne ein Inkrafttreten von CETA kann man niemandem in Europa verkaufen, warum man das deutlich „verhasstere“ TTIP-Abkommen mit den USA unterschreiben soll.

Man muss aber fair bleiben: CETA ist nicht 1:1 vergleichbar mit TTIP. Ein Problem ist zwar, dass das europäische Vorsorgeprinzip nicht klar geregelt ist, also ob kanadische Produzenten zukünftig gegenüber EU-Behörden nachweisen müssen, ob neue Produkte unbedenklich sind. Und auch gibt es Befürchtungen wegen der „Negativliste“, die bei CETA wohl zur Anwendung kommt. Demnach wird alles zwischen Kanada und der EU ausdrücklich erlaubt sein, was vorher nicht explizit mit Verboten oder Einschränkungen geregelt wurde.

Aber abgesehen davon werden aufgrund von Nachverhandlungen bei CETA keine privaten Schiedsgerichte zukünftige Streitigkeiten zwischen Staaten und Unternehmen schlichten, sondern ein ständiger Gerichtshof, bei dem es sogar (man staune) eine Widerspruchsinstanz gibt! Auch wird eine erträgliche Gebührenordnung dafür sorgen, dass anders als bei bisherigen Freihandelsabkommen auch Mittelständler und Kleinstbetriebe vor so einem Gericht zu ihrem Recht kommen können. Das schafft eine gewisse Chancengleichzeit zu finanzstarken Konzernen. Ebenfalls extrem wichtig ist, dass Kanada wie auch die EU Unternehmen aus dem jeweils anderen Rechtsraum vollen Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen geben werden, also Regierungsaufträge. Das ist ein Punkt, bei dem sich die USA schon jetzt in den eigentlich noch völlig offenen Verhandlungen für TTIP komplett gegenüber der EU verweigern.



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8 Kommentare

  1. Da freut sich der Hausmeisterservice Krause aus Bottrop sicherlich, dass er – falls er bei der Ausschreibung der Gebäudedienste im kanadischen Parlament nicht zum Zuge kommt – kostengünstig vor einem internationalen Schiedsgericht klagen kann.
    Geradezu vorbildlich, wie die EU Kommission hier für die kleinen Mittelständler gekämpft hat.

  2. Weder Herr Gabriel noch sonst jemand konnte bisher überzeugend darlegen, wofür es überhaupt den Investorenschutz und eine dazugehörige Paralleljustiz braucht. Schließlich kann jedes Unternehmen den ganz normalen Rechtsweg beschreiten, wenn es sich im jeweils anderen Land ungerecht behandelt fühlt.
    Die Schiedsgerichte anderer Handelsabkommen, die bei CETA durch einen Gerichtshof ersetzt werden sollen, wurden eingerichtet für Streitigkeiten mit korrupten Diktaturen und Pseudo-Demokratien ohne unabhängige Justiz.
    Natürlich besteht auch in Kanada und der EU die Gefahr, dass nationale Gerichte einseitig zum Vorteil ihres Heimatstaates urteilen. Aber ich denke, das wäre weniger schlimm, als wenn Regierungen und Parlamente ihre Freiheit bei der Gesetzgebung verlieren, weil sie milliardenschwere Klagen befürchten müssen.
    Der Einfluss der Konzerne ist jetzt schon viel zu groß, eines von vielen Beispielen ist der Abgasskandal: Aus Profitinteresse vergiften die Autohersteller uns schleichend und tragen zur Klimakatastrophe bei, und Regierungen und EU-Kommission schauen jahrelang hilf- und tatenlos zu.

    1. Wie vertrauenswürdig ist denn bitte ein Gericht, indem eine Partei der gleichen Organisation angehört wie die Richter?
      Und noch was: CO2 vergiftet niemanden. Das ist das Zeug was Sie ausatmen! Es gibt nur das Märchen von dieser angeblich kommenden Katastrophe, das sich seit über 50 Jahren nicht geändert hat, nur ist es halt mal Peak Oil, mal die Eiszeit und jetzt das CO2. Immer derselbe Mist um uns Geld aus der Tasche zu ziehen und die Macht der Regierung zu rechtfertigen.

      1. Hä? Meinen Sie mit „Organisation “ den Staat? Sollen wir also z.B. die gesamte Verwaltungsgerichtsbarkeit abschaffen? Der Staat ist dort der Beklagte, die Richter gehören ihm natürlich auch an … grübel grübel
        Und noch was: Leider geht es nicht „nur“ um CO2. Auch bei Dieselruß, CO und NO weichen die tatsächlichen Emissionen im Fahrbetrieb z.T. erheblich von den auf dem Prüftsand gemessenen ab, nicht nur bei VW.

  3. In Wiso glaube ich war es, in der ein befragter Passant sagte, wir sind ja bereits Exportweltmeister, was wolle man denn noch.
    Clemens Fuest meinte dazu sinngemäß nur, man wolle es ja auch bleiben und deshalb brauche man TTIP (oder auch CETA).

    Diese Aussagen kommen wir in ungefähr so vor, wie die von Draghi in Bezug auf die lockere Geldpolitik. Wir müssen das alles so machen, sonst wird es noch schlimmer.
    Das Gegenteil kann ja niemand beweisen.

    1. Angesichts des nicht enden wollenden Jubels in den Medien über die ständige Exportüberschußweltmeisterei kann man es dem Passanten auf der Straße kaum übelnehmen, wenn er das für einen ganz großartigen Erfolg hält. Dem Präsidenten eines Wirtschaftsforschungsinstituts schon.

  4. wenn CETA kommt hat der Ami seinen Fuß schon in der Tür. Amerikanische Konzerne machen eine Filiale in Kanada auf und holla die Wald Fee können sie alles über CETA abwickeln. Mit dem Vorsorgeprinzip hat man dann die Möglichkeit sein „Mist“ in der EU als top Produkt feilbieten. Mir stellt sich nur die Frage warum dieses Geheimnis mit CETA / schlimmer TTIP gemacht wird? Es kann nur gegen den Bürger sein, wäre es für den Bürger würde man es so herausposaunen wie toll die Politiker doch sind. Verlogen sind diese Damen und Herren, wir wollen keine Mauer bauen……. Die Griechen sind auf guten Weg usw. usw. und Gedächtnislücken bekommen sie auch hin und wieder, da vergisst man auch schon mal ein Koffer mit 100000DM ;-)

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