Devisen

Kann der IWF die weltweite Devisenknappheit beseitigen?

Die Zentrale des IWF in Washington DC

Viele Staaten sehen sich seit einigen Wochen mit einer massiven Abwertung ihrer Währung konfrontiert. Es trifft inzwischen nicht nur Schwellenländer. Auch einstmals stabile Währungen wie die Norwegische Krone crashten geradezu. Ursache dafür ist auch eine Knappheit an Devisen in diesen Staaten. Wo Tourismus und Exporte zum Erliegen kommen, gibt es auch keine Einnahmen mehr in Fremdwährung. Das kann zu Verbraucher-, Unternehmens- und Staatspleiten führen. Ist der Internationale Währungsfonds (IWF) in der Lage, das Problem zu lösen? Seine eigene Währung, die Sonderziehungsrechte, wurden genau dafür erfunden.

Sonderziehungsrechte des IWF sollten eine weltweite Reservewährung für Krisenzeiten sein

Als die Sonderziehungsrechte 1969 beim IWF eingeführt wurden, gab es noch die Golddeckung des US-Dollars. Bis zum 15. August 1971 konnte jede Zentralbank 35 US-Dollar in eine Unze Gold bei der US-Zentralbank tauschen. Gold war der US-Dollar und US-Dollar waren Gold. Das Bretton-Woods-System mit der Golddeckung des US-Dollars machte den US-Dollar zur Reservewährung der Welt. Dem Internationalen Währungsfonds war jedoch bewusst, dass wenn der US-Dollar als internationale Reserve- und Handelswährung verwendet wird, es in bestimmten Situationen zu einer Knappheit an dieser Währung kommen könnte. Zum Beispiel in Situationen wie der jetzigen, in der Tourismus und Export stoppen, in US-Dollar lautende Zahlungsverpflichtungen aber weiterlaufen.

In einer solche Situation schwinden die Devisenreserven einer Zentralbank schnell, unter Umständen binnen Monaten. Sind die Devisenreserven aufgebraucht, kann die Zentralbank die eigene Wirtschaft nicht mehr mit den Devisen versorgen, die Verbraucher, Unternehmen und eventuell auch der Staat zur Begleichung ihrer Auslandsschulden benötigen. Und die US-Zentralbank Fed kann man nicht zwingen, zum Beispiel der russischen Zentralbank einen auf US-Dollar lautenden Kredit zu geben. Gleichwohl vergibt die Fed schon seit geraumer Zeit freiwillig US-Dollar an diverse Zentralbanken von stabil geltenden Ländern. Gerade auch während der Coronakrise wurden die Tore weit geöffnet, um eine Dollarknappheit in befreundeten Staaten zu vermeiden.

Als noch die Golddeckung des US-Dollars bestand, war eine solche beliebige Vermehrung des US-Dollars jedoch mit dem Risiko verbunden, dass die Goldreserven der USA nicht mehr ausreichen, um alle Umtauschwünsche der Dollarbesitzer zu erfüllen. Diese Unmöglichkeit war es denn schließlich auch, die 1971 zur einseitigen Kündigung der Übereinkunft durch die USA führten. Ab dem 15. August 1971 hatten Besitzer von US-Dollar plötzlich nicht mehr das Anrecht auf Gold in der Hand, sondern wertloses Papier mit dem Versprechen, dafür irgendwann einmal irgendetwas aus den USA kaufen zu können.

Der IWF kann Kredite in Sonderziehungsrechten vergeben

Als Alternative zum US-Dollar sollten die Sonderziehungsrechte des IWF gelten, um den Druck vom US-Dollar und den nicht mehr in einem adäquaten Verhältnis zur Geldmenge stehenden Goldreserven zu nehmen. Der Wert eines Sonderziehungsrechts richtet sich nach dem Wert eines Währungskorbes, der früher aus Britischem Pfund, DM, Französischem Frank, Japanischem Yen und US-Dollar bestand. Heute sind es Britisches Pfund, Euro und US-Dollar. Sollte nun eine Knappheit an Devisen festgestellt werden, kann der Internationale Währungsfonds einem Land Sonderziehungsrechte als Kredit zuteilen. Die Sonderziehungsrechte wiederrum können bei einer anderen Zentralbank in deren Währung eingetauscht werden. Die Zentralbanken der Mitgliedsländer haben sich bereiterklärt, in bestimmten Grenzen Sonderziehungsrechte als Tauschmedium zu akzeptieren.

So gut die Idee der Sonderziehungsrechte ist, so wenig wurde sie in den vergangenen 50 Jahren überarbeitet. Annehmen müssen die Zentralbanken nur die doppelte Menge der eigenen vom IWF gekauften Menge Sonderziehungsrechte. Die Deutsche Bundesbank müsste demnach nur knapp 30 Milliarden Euro in Sonderziehungsrechten akzeptieren und dafür Euro ausgeben. In Zeiten von Corona, in denen selbst kleinere Länder schnell in den dreistelligen Milliardenbereich bei ihren Hilfsprogrammen kommen, wäre das ein Tropfen auf den heißen Stein. Das System der Sonderziehungsrechte hätte an die explodierende Geldmenge der vergangenen fünfzig Jahre angepasst werden müssen.

Die Chance auf eine Kapitalerhöhung wurde vor wenigen Wochen verpasst

Kann der IWF das Problem kurzfristig lösen? Kaum. Denn die Mitgliedsstaaten müssten einer Kapitalerhöhung zustimmen. Die Stimmrechte sind nach Kapitalanteilen verteilt. Wer mehr So kommt es, dass die derzeit in vielen internationalen Organisationen als Blockierer auftretenden USA auf 16,5% Stimmanteile kommen. Das sind so viele Stimmen wie die 147 Länder mit den kleinsten Stimmanteilen zusammen auf sich verteilen. Um eine Mehrheit zu erzielen, müssten sich die 181 Länder mit kleineren Stimmanteilen zusammenschließen, um die acht Staaten mit den größten Anteilen zu überstimmen.

Nach der 14. Kapitalerhöhung, die 2010 beschlossen wurde, stieg das Volumen der vom IWF ausreichbaren Kredite auf 477 Milliarden Sonderziehungsrechte, die einen Wert von 651 Milliarden US-Dollar haben. Die jüngste Chance auf eine weitere Kapitalerhöhung verstrich im Februar ohne Ergebnis. Der nächste reguläre Termin für eine mögliche Kapitalerhöhung ist am 15. Dezember 2023. Insgesamt kann der Währungsfonds derzeit Kredite im Umfang von bis zu einer Billion US-Dollar vergeben. Zu wenig angesichts der Tatsache, dass bereits 100 Mitgliedsstaaten Unterstützung anfragten. Pro Land bleiben damit nur 10 Milliarden US-Dollar.

Und warum haben sich überhaupt so viele Staaten, Unternehmen und Privatpersonen darauf eingelassen, sich in Fremdwährung zu verschulden? Hätte sich jeder in eigener Währung verschuldet, gäbe es jetzt keine Devisenknappheit. Die Ursachen sind vielfältig, liegen aber hauptsächlich im mangelnden Vertrauen der Menschen in viele Währungen begründet. Wer Geschäfte mit Schwellenländern macht, zieht es vor, als stabil erachtete Währungen zur Vertragsgrundlage zu machen. Übrigens auch die Menschen in den Schwellenländern. Dazu kommen Zinsritter, die die niedrigen Zinsen in Euro, Yen, Franken oder US-Dollar sehen und sich lieber in diesen Fremdwährungen als zum Beispiel in Rubel zu verschulden. Dass mit den niedrigen Zinsen auch ein erhebliches Wechselkursrisiko einhergeht, wird oft übersehen. In der Krise folgt dann das böse erwachen.



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