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Weniger Liquidität am Gesamtmarkt – schlecht für Bitcoin, Nasdaq und Co?

EZB, Federal Reserve und US-Finanzministerium saugen Liquidität aus dem Gesamtmarkt - das könnte für riskante Assets ein Problem sein.

EZB-Zentrale in Frankfurt

Je weniger Liquidität, je weniger billiges Geld im Markt umher schwimmt, desto weniger fließt erfahrungsgemäß in hochriskante Geldanlagen. Umgekehrt sah man es bis Ende 2021 jahrelang: Zentralbankzinsen bei Null oder sogar negativ, für Billionen von Euros und Dollars wurden von Zentralbanken Staatsanleihen gekauft. Die großen Kapitalsammelstellen wurden vom Anleihemarkt verdrängt, und Geld wurde sozusagen in andere Anlageklassen gedrückt. Seit 2022 steigen weltweit die Zinsen, Anleihen werden wieder dem Markt entzogen, die Zentralbankbilanzen schrumpfen. Und so kam es letztes Jahr zu fallenden Aktienmärkten. Derzeit entzieht die Federal Reserve zum Beispiel monatlich 95 Milliarden Dollar aus dem Markt.

US-Regierung und EZB vor weiterer Entziehung von Liquidität

In den nächsten Wochen könnte diese Entziehung von Liquidität nochmal Fahrt aufnehmen und damit Anlageklassen wie Kryptowährungen, Tech-Aktien etc belasten. Wenn die US-Schuldenobergrenze ab nächster Woche (höchstwahrscheinlich) angehoben wird, kann das US-Finanzministerium endlich wieder neue Schulden aufnehmen können. Und da wird man kräftig zulangen! Jüngste Schätzungen sprechen von 600-700 Milliarden Dollar, die neu über Anleihen aufgenommen werden dürften, um den Cash-Bestand der US-Regierung wieder aufzufüllen, den sogenannten Treasury General Account (TGA). Auch muss man mit Blick auf die Eurozone bedenken: Die Banken in Europa führen ihre Kredite an die EZB zurück, alleine im Juni wohl 450 Milliarden Euro.

EZB warnt

An den Märkten des Euroraums könnte es aufgrund der erhöhten wirtschaftlichen Unsicherheit, der Normalisierung der Geldpolitik und der strafferen finanziellen Bedingungen zu einer “angespannten Liquidität” kommen, so die Europäische Zentralbank aktuell. In ihrem Finanzstabilitätsbericht hob die EZB laut Bloomberg hervor, dass sich die Bedingungen für die Markt- und Finanzierungsliquidität in der Eurozone seit Anfang 2022 gleichzeitig verschlechtert hätten. Dies sei ungewöhnlich, und die Indikatoren deuteten darauf hin, dass die Marktliquidität jetzt so niedrig sei wie zu Beginn der Pandemie Anfang 2020.

Dieser Trend sei darauf zurückzuführen, dass die Zentralbanken die akkommodierende Geldpolitik und die umfangreichen Anleihekäufe der letzten Jahre zurückfahren, so die EZB. Weiter heißt es : “Diese zyklischen Faktoren könnten einen Wendepunkt erreicht haben und die zugrundeliegenden Risiken aufdecken, die durch die akkommodierende Politik des letzten Jahrzehnts verschleiert wurden. Es signalisiert das erhöhte Risiko einer Verschiebung hin zu einem Regime angespannter Liquidität.”

Die verringerte Präsenz der globalen Zentralbanken an den Anleihemärkten wird die Bereitschaft der Market Maker, Liquidität bereitzustellen, weiter herausfordern, da sie bereits mit einer “extrem hohen Volatilität der Anleihekurse” zu kämpfen haben, so die Autoren. Aufgrund dieser Herausforderungen ist die durchschnittliche Anzahl der Market Maker, die auf dem Anleihemarkt des Euroraums aktiv sind, nach Angaben der Zentralbank gegen Ende des letzten Jahres auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen gefallen.

Ein mildernder Faktor ist laut dem Bericht, dass die Banken des Euroraums widerstandsfähig sind und über eine starke Kapital- und Liquiditätsposition verfügen. Allerdings könnten die Banken nicht in der Lage sein, die Fälligkeit ihrer Verbindlichkeiten über Nacht anzupassen, sobald die quantitative Straffung in Gang kommt, und sie könnten Liquiditätsforderungen von Nicht-Banken und Nicht-Finanzunternehmen ausgesetzt sein. “Sowohl die Marktliquidität als auch die Finanzierungsliquidität könnten fragiler und unbeständiger sein, als es die aggregierten Messgrößen für die Liquidität vermuten lassen, und sie sollten daher kontinuierlich überwacht werden”, so der Bericht der EZB.

FMW: Anleihen, aber auch Kryptowährungen und riskantere Aktien könnten unter dem Entzug von Liquidität aus dem gesamten Finanzsystem leiden. Exakt greifbar ist diese Gefahr nicht. Aber man sollte sie im Hinterkopf behalten.

FMW/Bloomberg



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