Hintergrund

Negativ-Zinsen für Tagesgeld-Konten kommen – Startschuß für Inflation!

Von Markus Fugmann

Neulich traf ich einen befreundeten Banker, der in leitender Funktion bei einem deutschen Kreditinstitut tätig ist. „Wir überlegen derzeit, negative Zinsen auf Tagesgeld-Konten einzuführen – trauen uns aber noch nicht“, sagte er zu mir. Das bedeutet: nach der neuerlichen Leit-Zinssenkung durch die EZB sowie der Ausweitung der negativen Einlagezinsen wächst der Druck auf die Banken, den „negativen Zinsdruck“ an die Kunden weiter zu geben.

Dass diese Aussage kein Einzelfall ist, zeigt heute ein Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, wonach deutsche Banken bereits begonnen haben, Geldeinlagen von institutionellen Kunden und großen Firmen mit Negativzinsen zu belasten. Ausgenommen sind noch mittelständische Firmen oder Privatkunden – aber wohl nicht mehr lange. Dazu die FAZ:

„Die Frage stellt sich, wie lange die Banken die negativen Einlagenzinsen auf Unternehmen und andere Großkunden noch beschränken werden. Irgendwann können auch den Privatkunden Strafzinsen drohen, zumal am Geldmarkt, wo die Banken überschüssige Mittel anlegen, negative Zinsen in den kommenden Jahren erwartet werden. Anleger können im aktuellen Umfeld sogar froh sein, wenn ihr Tagesgeld noch mit 0,5 Prozent verzinst wird. Vor drei Jahren waren noch mehr als 1,5 Prozent üblich.“

Besonders Banken mit gutem Rating können es sich erlauben, ihre institutionellen Kunden mit Negativzinsen zu belasten. Aber wenn einmal der Anfang gemacht ist, wird er sicher nicht vor dem schwächsten Glied in der Kette, den Privatkunden, Halt machen.

Hier zeigen sich also bereits in der Realwirtschaft die Auswirkungen der jüngsten EZB-Entscheidung. Kommt der Negativzins für Tagesgeldkonten, später möglicherweise auch für normale Girokonten, wird das faktisch dazu führen, dass die deutschen Konsumenten gezwungen sind, ihre Einlagen bei den Banken stark zu reduzieren. Damit steigt dann mit großer Wahrscheinlichkeit die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes – und das ist der erste Schritt zur Inflation.

Dazu kommt, dass vieles dafür spricht, dass der Euro im Vergleich zum Dollar weiter an Wert verlieren wird: die EZB hat das Ziel, die Gemeinschaftswährung zu drücken, um die Export-Konjunktur in den Ländern der Euro-Peripherie anzukurbeln – sie weitet daher ihre Bilanzsumme weiter aus, was nach ökonomischer Logik den einzelnen Euro weiter entwertet. Und wenn der Euro fällt, werden die Importe teurer, was wiederum die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöht. Und genau das ist das Ziel der EZB: sie will die deflationärern Tendenzen bekämpfen, eben durch Ankurbelung der Inflation. Mit einem Wort: die Inflation kommt! Nicht rapide schnell, aber doch (im Anfangsstadium) kontinuierlich. Fragt sich nur, ob man den Geist wieder einfangen kann, wenn man ihn erst einmal aus der Flasche gelassen hat.

Wird dadurch dann – wie von der EZB erhofft – die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen und Privatkunden steigen? Eher nicht. Dazu der mit mir befreundete Banker: „Wir haben genug Liquidität. Geld ist nicht das Problem, das gibt es überreichlich. Was uns wirklich helfen würde, mehr Kredite zu vergeben, wäre, dass man uns Teile der Risiken für diese Kredite abnimmt!“. Bedeutet: andere springen als Garantiegeber ein, sodaß die Banken weniger Eigenkapital für die vergebenen Kredite vorhalten müssten, weil die Risiken eines Kredit-Ausfalls für die Bank minimiert würden.

Vermutlich wird die EZB später diesen Weg gehen und als Garantiegeber auftreten. Das aktuelle Problem mit der Kreditvergabe für Banken besteht darin, dass die Eigenkapitalanforderungen für Kredite ständig steigen – das ist der Wille der Politik. Und darin besteht das Paradox: die EZB senkt die Zinsen auf allen Fronten, die Politik aber geht genau in die andere Richtung. Sie will – als Ergebnis der Finanzkrise – die Risiken der Banken durch striktere Regularien minimieren, und macht dadurch die Maßnahmen Draghis in der Realität zunichte.

So oder so: der Trend zur Inflation hat begonnen. Besser, man bereitet sich rechtzeitig darauf vor!



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1 Kommentar

  1. „So oder so: der Trend zur Inflation hat begonnen. Besser, man bereitet sich rechtzeitig darauf vor!“
    Das versuchen wir ja alle, aber den Stein der Weisen hat wohl noch keiner gefunden.
    Wirklich schlauer ist man leider immer nur hinterher :-(

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