FMW-Redaktion
Ach, früher war doch alles besser. Was heißt früher: noch vor wenigen Tagen! Nun aber ist etwas anders geworden, eine schöne Erzählung der Finanzmärkte hat Kratzer bekommen. Diese Erzählung hat den Titel: „Die Notenbanken haben alles im Griff und können und werden die Märkte retten“.
Daran sind seit der Verweigerung der EZB in der letzten Woche Zweifel aufgekommen. So schossen die Renditen für Staatsanleihen Deutschlands und der USA sowie anderer wichtiger Länder wie Japan nach oben, steil nach oben. Sprich die Kurse der Staatsanleihen fielen, die deutsche 10-jährige Bundesanleihe rentiert sogar wieder positiv.
Was derzeit in Gefahr ist, ist auch der Glaube daran, dass Zinsen und Renditen immer weiter fallen könnten. So hat Jeff Gundlach, der wahre „Bond-King“, kürzlich in seinem Webcast gewarnt, dass die Zeiten sich nun ändern werden:
„Interest rates have bottomed. They may not rise in the near term as I’ve talked about for years. But I think it’s the beginning of something, and you’re supposed to be defensive.”
Gundlach sieht nun einen Wendepunkt an den Märkten: „this is a big, big moment.“
Und damit ist Gundlach nicht mehr alleine. So reduziert etwa PIMCO seinen Bestand an Staatsanleihen deutlich. Am Markt scheint sich mehr und mehr die Überzeugung durchzusetzen, dass die Notenbanken schon am Ende ihrer Möglichkeiten sind. Denn die Notenbanken haben ihr zentrales Ziel, die Anheizung der Inflation, bislang meilenweit verfehlt, trotz aller geldpolitischer Maßnahmen:
Central banks everywhere are struggling to meet inflation targets https://t.co/CAbvMFlbHW pic.twitter.com/UR26ITlwit
— Bloomberg Economics (@economics) September 13, 2016
Das gilt besonders für die Eurozone. Denn ein vordringliches Ziel der EZB war und ist die Stabilisierung der Europeripherie, also der Länder Spanien, Portugal und Italien. Damit das geschehen kann, müssten die Dinge so laufen wie nach Einführung des Euro, sprich dass Kapital vom konjunkturell gut augestellten Zentraleuropa in die Europeripherie fließt. Aber das Gegenteil passiert, wie etwa die Target2-Salden Italiens zeigen:
#Italy’s Target2 bal declined by -€35bn in Aug, bringing YTD to -€78bn & cum decline since Jul2014 to -€200bn. (JPM) pic.twitter.com/c9OncdWcCb
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) September 12, 2016
Und das QE der Notenbanken scheint nun in einer Sackgasse zu sein – es gehen bald die kaufbaren Anleihen aus. Und so hatten die Märkte gehofft, dass etwa die EZB ihre Regularien ändern würde zum Kauf von Anleihen (also die Schwelle kaufbarer Anleihen unter das derzeitige Niveau des Einlagesatzes absenken würde), vielleicht sogar den Kapitalschlüssel ändern würde. Aber Fehlanzeige. Das ist ein Teil der Erklärung für den massiven Kursverlust von Staatsanleihen in den letzten Tagen.
Hinzu kommt die Möglichkeit, dass die Fed die Zinsen anhebt. Zwar hat dem gestern Lael Brainard eine Absage erteilt, aber vom Tisch ist eine Anhebung im September noch lange nicht. Denn in den USA macht die Banken-Lobby Druck. So sagte gestern JPMorgan-CEO Jamie Dimon vor dem Economic Club of Washington:
“Let’s just raise rates The Fed has to maintain credibility. I think it’s time to raise rates. Normality is a good thing, not a bad thing. The return to normal is a good thing.”
Während die US-Banken naturgemäß von wieder steigenden Zinsen profitieren würden (weil es wieder so etwas wie Margen für Geld gibt), ist das für die absurd bewerteten Anleihemärkte eine schlechte Nachricht. Warum sollte man dann Schulden von Staaten kaufen – und dabei noch Geld verlieren? Wenn sich also die Erwartung ins Gegenteil verkehrt, dass Zinsen nur fallen können, steht den Märkten eine Menge Turbulenz bevor. Die Renditen würden weiter steigen, die Kurse der Anleihen fallen. Und da die Aktienmärkte weitgehend synchron mit den Anleihemärkten laufen, würde das aller Wahrscheinlichkeit auch fallende Aktienmärkte bedeuten. Denn wo wieder Renditen geboten werden (bei Staats-Anleihen), da werden Dividenden (wie bei Aktien) eben nicht mehr alternativlos..
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Das ist ja das was ich die ganze Zeit versuche zu vermitteln die Zinswende ist nicht die Lösung sondern das Problem, weil dann die Anleihen/Aktienmärkte stärker korrigieren je nach Zinserhöhung.
Die Mischung aus niedriger Inflation und keine Zinsen ist einer der Hauptgründe warum die Aktienmärkte/Anleihemärkte überhaupt so gut dastehen.
Wenn es darum geht das aktuelle System längst möglich am leben zu lassen sind keine Zinsen und kaum Inflation wichtig :-)
Liebe Grüße
Stefan
Frage bloß, was macht der Verkäufer jedweden Assets
mit seinem Erlös? Das Geld ist ja noch da.
Der Verkäufer
einer Eigentumswohnung, zu 100′ vor wenigen Jahren gekauft und jetzt bei 150′ verkauft?
einer Bundesanleihe zu 100 gekauft und jetzt mit großem Gewinn verkauft?
einer Aktie oder sonstwas?
Noch fordern die Notenbanken ja noch nicht mal auch nur ansatzweise ihr Geld wieder ein. Wie gesagt, es steht den Märkten noch zur Verfügung.
Und sind Aktien des z.B. des DAX, mit einem ungefähren KGV von meinetwegen minimalen 15 nicht immer noch sinnvoller eine Bundesanleihe?
Selbst, wenn die mal um weiter 10% einbrechen würde und dann eine ungefähre Rendite von 1% aufweisen würde, läge deren „KGV“ immerhin bei 100 (z.Zt. immer noch schlappe 10000).
Also, was macht der Verkäufer mit dem Geld?