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Öl beeinflusst durch Hamas-Angriff auf Israel – was 9 Experten dazu sagen

Die Hamas greift Israel an. Der Iran könnte nun in den Fokus geraten. Was bedeutet das für Öl? Hier dazu 9 verschiedene Expertenstimmen.

Öltanker im persischen Golf
Öltanker im persischen Golf. Photographer: Ali Mohammadi/Bloomberg

Als erste Reaktion auf die massiven Hamas-Angriffe gegen Israel ist der Terminmarkt-Ölpreis (WTI und Brent) um gut 3 Dollar gestiegen. Aber wie geht es weiter? Bleibt es eine begrenzte Auswirkung auf das Thema Öl? Oder eskaliert die Lage, wenn eine massive Unterstützung des Iran für diesen Angriff klarer wird? In diesem Chart sehen wir die Ausgangslage. Seit Juli stieg der Ölpreis kräftig wegen Angebotskürzungen von Saudi-Arabien und Russland. Zuletzt kamen die Kurse etwas zurück wegen Sorgen um weniger Nachfrage nach Öl am Weltmarkt. Jetzt aber sehen wir diese geopolitische Sorge um die Zuverlässigkeit von Öl-Lieferungen aus dem Nahen Osten auf den Weltmarkt. Was sagen Experten dazu?

Ölpreis-Kursverlauf seit Dezember 2022

Hamas greift Israel an – Experten über die Auswirkungen auf den Weltmarkt für Öl

Händler befürchten, dass eine Eskalation einen größeren Konflikt auslösen könnte, in den der Iran und möglicherweise auch die USA verwickelt werden könnten. Bloomberg schreibt dazu: Wie das Wall Street Journal unter Berufung auf hochrangige Mitglieder der militanten Gruppe und der Hisbollah berichtet, waren iranische Sicherheitsbeamte an der Planung des Angriffs der Hamas beteiligt. Die USA teilten unterdessen mit, dass sie eine Flugzeugträgerkampfgruppe in das östliche Mittelmeer verlegen und ihre Jagdgeschwader in der Region aufstocken werden. Hier dazu die Aussagen von mehreren Experten über die bisherigen Auswirkungen und die möglichen Entwicklungen auf dem globalen Ölmarkt in den kommenden Tagen und Wochen.

RBC Capital Markets: Iran ist ’sehr großer Joker‘

Der Iran ist ein „sehr großer Joker“ und es wird darauf ankommen, wie stark Israels Premierminister Benjamin Netanjahu Teheran für die Erleichterung der Anschläge verantwortlich macht, so die Analysten von RBC Capital Markets LLC, darunter Helima Croft, in einer Notiz. Wenn Israel den Iran direkt beschuldigt, wird es für die Biden-Administration wahrscheinlich schwierig sein, weiterhin ein so freizügiges Sanktionssystem gegen Teheran zu verabschieden.

Darüber hinaus scheinen die von den USA angeführten Bemühungen um einen umfassenden diplomatischen Neuanfang mit Saudi-Arabien in einer sehr prekären Lage zu sein. Zwar hat die saudische Führung darauf bestanden, dass Israel im Rahmen eines Normalisierungsabkommens erhebliche Zugeständnisse an die Palästinenser macht, doch angesichts der Ereignisse vom Wochenende ist es schwer vorstellbar, dass eine Regierung, die sich jetzt auf Kriegsfuß befindet, solchen Bedingungen zustimmt.

Goldman Sachs: Bleibt vorerst bei der 100-Dollar-Prognose

Während Goldman Sachs seine Prognose für den Brent-Ölpreis bis Juni vorerst bei 100 Dollar pro Barrel belässt, wiesen die Analysten Daan Struyven, Callum Bruce und Farouk Soussa auf zwei mögliche Auswirkungen der Anschläge auf die weltweite Ölversorgung hin. Erstens verringert der Konflikt die Wahrscheinlichkeit einer kurzfristigen Normalisierung der saudi-israelischen Beziehungen und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Rücknahme der saudischen Förderkürzungen. Zweitens sind angesichts der Möglichkeit einer erneuten Eskalation der Spannungen die Risiken für die iranischen Ölversorgungsprognosen nun eher nach unten gerichtet.

Citigroup: „Bullische Auswirkungen

Der Angriff der Hamas hat nach Ansicht der Citigroup „positive Auswirkungen“ auf den Ölpreis, obwohl die entscheidende Frage ist, wie lange dies der Fall sein wird. Die Gefahr eines israelischen Angriffs auf den Iran wachse, da dieser die Hamas unterstütze, so Analyst Ed Morse in einer Mitteilung. Darüber hinaus scheint es wahrscheinlich, dass die saudi-israelische Annäherung verschoben wird, was die Erwartungen, dass Riad seine freiwillige Lieferkürzung von 1 Million Barrel pro Tag reduzieren oder beenden könnte, verringert.

Morgan Stanley: Begrenzte Auswirkungen, aber das kann sich ändern

Die Auswirkungen der Ereignisse in Israel seien „wahrscheinlich begrenzt“, da weder das Land noch seine direkten Nachbarn große Ölproduzenten seien und das kurzfristige Risiko für die Rohölversorgung begrenzt sei, so Morgan Stanley. Dies könnte sich jedoch ändern, wenn sich der Konflikt auf andere Länder ausweitet, obwohl dies nicht anzunehmen ist, so die Analysten Martijn Rats, Charlotte Firkins und Amy Gower.

ING: Kriegsrisikoprämie

Die Kriegsrisikoprämie ist nach den Entwicklungen vom Wochenende auf den Ölmarkt zurückgekehrt, so Warren Patterson, Leiter der Rohstoffstrategie bei ING Groep NV. Sollte der Iran – direkt oder indirekt – eine Rolle bei diesen Anschlägen gespielt haben, könnte es zu einer strengeren Durchsetzung der US-Ölsanktionen gegen Teheran kommen, was dann zu einer Verknappung des ohnehin schon sehr engen Marktes führen würde, so Patterson. Gleichzeitig ist es wahrscheinlich, dass die OPEC+ an den bestehenden Förderkürzungen festhält und diese nur lockert, wenn der Rohölmarkt deutlich anzieht.

CBA: Iranische Lieferungen im Fokus

Damit der Konflikt eine dauerhafte und bedeutsame Auswirkung auf die Ölmärkte hat, muss es zu einer nachhaltigen Verringerung des Angebots oder des Transports kommen, so Vivek Dhar, Analyst der Commonwealth Bank of Australia, in einer Notiz. Andernfalls – und das hat die Geschichte gezeigt – ist die Preisreaktion in der Regel nur vorübergehend. Sollten die westlichen Länder jedoch nun offiziell den iranischen Geheimdienst mit dem Hamas-Anschlag in Verbindung bringen, drohen der iranischen Ölversorgung und den Ölexporten unmittelbare Abwärtsrisiken.

Sanford C. Bernstein: Die wichtigsten Punkte

Nach Ansicht von Neil Beveridge, Geschäftsführer von Sanford C. Bernstein HK Ltd, gibt es drei wichtige Punkte für Öl. Erstens: Wenn der Iran hinter den Anschlägen der Hamas stecke und die USA strengere Sanktionen verhängten, könne dies die iranischen Exporte beeinträchtigen. Zweitens stelle sich die Frage, ob der Konflikt eskalieren und die Nachbarländer mit einbeziehen werde, und drittens, ob das saudi-israelische Normalisierungsabkommen Bestand haben werde.

Javier Blas: US-Sanktionen könnten der Schlüssel sein

Zum jetzigen Zeitpunkt hängt alles davon ab, wie Israel auf die Hamas, die den Anschlag verübt hat, und den Iran, der normalerweise die Fäden der palästinensischen Gruppe zieht, reagiert. Zu den vorläufigen Schlussfolgerungen gehört, dass selbst wenn Israel nicht sofort auf den Iran reagiert, die Auswirkungen wahrscheinlich die iranische Ölproduktion beeinflussen werden, da die USA die Sanktionen mit größerer Strenge durchsetzen. Das könnte ausreichen, um den Ölpreis auf 100 Dollar pro Barrel und möglicherweise darüber hinaus zu treiben.

CITIC-Futures: Vorsicht vor Eskalation

Während des Golfkriegs 1990, des Irak-Kriegs 2003 und des Libyen-Kriegs 2011 stieg der Ölpreis um 240 %, 45 % bzw. 40 %, bevor er später wieder zurückging, so Gui Chenxi, Analyst bei CITIC Futures Co. Dieses Mal ist der israelisch-palästinensische Konflikt noch nicht auf die benachbarten rohstoffproduzierenden Länder übergesprungen und hat daher nur begrenzte Auswirkungen auf die Fundamentaldaten, so Gui. Die risikofreie Stimmung könnte jedoch die Preise stützen, und der Markt sollte auf eine Eskalation achten.

FMW/Bloomberg/Chart TradingView



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1 Kommentar

  1. Ich schließe mich der Prognose der Goldman Sachs-Investmentbanker an, die bis auf weiteres einen Ölpreis von ca. 100 US-Dollar prognostizieren.

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