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Ölpreis fällt kräftig – Nachfragesorge statt Angebotsverknappung

Der Ölpreis fällt binnen einer Woche um gut 10 Dollar. Auf einmal blickt der Markt auf eine Schwäche bei der Nachfrage nach Öl.

Öl-Tanklager in Indonesien
Öl-Tanklager in Indonesien. Photographer: Dimas Ardian/Bloomberg

Vor genau einer Woche erreichte das amerikanische WTI-Öl sein Hoch bei 95 Dollar. Seitdem geht es abwärts, zunächst wohl als technische Reaktion. Aber dann im Zuge der Gesamtschwäche am Aktienmarkt und wegen Ängsten vor höheren Zinsen, begann auch der Ölpreis noch weiter zu fallen. Und dann ging es gestern noch schneller abwärts auf aktuell 84,63 Dollar. Wir sehen als binnen einer Woche einen Absturz um gut 10 Dollar! Das ist mal eine Hausnummer. Wenn das mal nach unten keine Übertreibung war, und man sieht dann in Kürze die Gegenbewegung nach oben! Schauen wir auf die aktuellen Gründe für diesen Kurssturz.

WTI-Ölpreis Verlauf seit Juni

Ölpreis rauscht runter – Experte blickt auf Benzinnachfrage in den USA

Der Experte Andreas Steno Larsen schreibt, der Bericht der US-Behörde Energy Information Administration (EIA) füge den Energiebullen erheblichen Schaden zu mit der Schlagzeile, dass der implizite 4-Wochen-Durchschnitt der Benzinnachfrage in den USA auf einem 25-Jahres-Saisontief liegt. Der Ölpreis werde durch diese Nachricht „geschlachtet“, da die Raffinerien offensichtlich die letzten Käufer von Energie seien. Dazu als Erläuterung: Die gestrigen offiziellen Lagerdaten zeigten zwar einen Rückgang der Rohöl-Lagerbestände in den USA um 2,2 Millionen Barrels im Wochenvergleich, aber die Benzinvorräte stiegen um 6,5 Millionen Barrels. Was nicht verkonsumiert wird an den Tankstellen, wandert folglich in die Lagertanks.

Schwache Benzinnachfrage und weniger neue Jobs in den USA

Warum der Ölpreis jüngst so massiv schwächelte, auch schon vor den Lagerdaten von gestern um 16:30 Uhr? Bloomberg schreibt dazu, es gibt Anzeichen einer schwächeren Nachfrage und Sorgen über eine Verlangsamung des globalen Wachstums, was den stärksten Tagesrückgang im Ölpreis seit mehr als einem Jahr ausgelöst hat. Der Rückgang im Ölpreis erfolgte, nachdem offizielle US-Daten die schwächste saisonale Benzinnachfrage seit 25 Jahren und einen geringen Anstieg der Öl-Lagerbestände am Lagerzentrum Cushing, Oklahoma, zeigten. Für zusätzlichen Gegenwind sorgte eine private Umfrage, wonach die US-Unternehmen die wenigsten neuen Arbeitsplätze seit Anfang 2021 geschaffen haben.

Längerfristige Entwicklung im Ölpreis

Bärische Einschätzung für Ölpreis

Der Einbruch im Ölpreis erfolgte trotz der gestrigen Ankündigung Saudi-Arabiens und Russlands, ihre freiwilligen Produktionskürzungen bis zum Jahresende beizubehalten. Darüber hinaus empfahl ein OPEC+-Ausschuss, die kollektiven Drosselungen nicht zu ändern. Nach einem kräftigen Anstieg im dritten Quartal, bei dem die US-Benchmark-Öl WTI gegen Ende September die Marke von 95 Dollar pro Barrel überschritt, ist der Aufschwung im Ölpreis ins Stocken geraten. Während die Zuwächse Spekulationen anheizten, dass eine Rückkehr zu einem Ölpreis von 100 Dollar bevorstehe, blieben andere skeptisch. So vertrat die Citigroup die Ansicht, dass die Preise auf dem Weg seien, sich umzukehren, da der Markt wieder einen Überschuss aufweise.

Der drastische Rückgang im Ölpreis erfolgte vor dem Hintergrund zunehmender Sorgen über erhöhte Zinssätze und die Weltwirtschaft, die die Aktien- und Anleihemärkte in den letzten Wochen in Aufruhr versetzt haben. Wenn der Rückgang im Ölpreis anhält, wird er dazu beitragen, den Inflationsdruck abzukühlen, da die Zentralbanker, einschließlich derjenigen der Federal Reserve, darüber diskutieren, ob sie die Kreditkosten genug angehoben haben. Die monatlichen US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag werden auf Hinweise auf den Zustand der Wirtschaft hin untersucht werden.

Statt Angebotsverknappung jetzt Blick auf Nachfragesorgen

„Der Schwerpunkt verlagert sich von der Angebotsverknappung zu Nachfragesorgen“, sagte Charu Chanana, Marktstratege bei Saxo Capital Markets in Singapur. „Wir könnten im vierten Quartal aufgrund von Defizitsorgen immer noch einen Anstieg im Ölpreis erleben, aber bis 2024 könnten die Rezessionssorgen lauter werden und die Gewinne begrenzen.“

Am Mittwoch erklärten Riad und Moskau – die einflussreichsten OPEC+-Mitglieder -, dass sie an den Förderbeschränkungen festhalten werden, die sich auf insgesamt 1,3 Millionen Barrel pro Tag belaufen. Die Beschränkungen haben dazu beigetragen, die Lagerbestände abzubauen, wobei die US-Lagerbestände am Standort Cushing fast das für den Betrieb erforderliche Minimum erreicht haben.

Die Erholung im Ölpreis hat sich umgekehrt, da „die Anleihemärkte wirtschaftliche Schwäche signalisieren und die US-Benzinnachfrage weiterhin zurückbleibt“, so die Citi-Analysten Francesco Martoccia und Ed Morse in einem Vermerk. „Der Preisverfall hat wahrscheinlich die Entscheidung der OPEC+ beeinflusst, die Produktionskürzungen bis zum Jahresende beizubehalten“.

Der Rückgang im Ölpreis wird für die großen Abnehmer, auch in Asien, ein willkommener Impuls sein. Anfang dieser Woche sagte der indische Ölminister Hardeep Puri, dass die Preise auf ein Niveau von etwa 80 Dollar pro Barrel fallen müssten, um für die Verbraucher günstig zu sein. Nach dem Rückgang zur Wochenmitte deuten die wichtigsten Kennzahlen weiterhin auf eine angespannte Lage hin. Der Prompt-Spread beim WTI-Ölpreis – die Differenz zwischen den beiden nächstgelegenen Kontrakten – lag bei 1,67 Dollar pro Barrel in Backwardation, einem bullischen Muster. Dies ist zwar ein Rückgang gegenüber mehr als Dollar 2 pro Barrel in der letzten Woche, aber es steht im Vergleich zu 68 Cent vor einem Monat.

FMW/Bloomberg



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4 Kommentare

  1. Der n-tv-Teletext meldet heute um ca. 10.00 Uhr, daß der Ölpreis nach den jüngsten Abschlägen wieder steigt. Eine mögliche Gegenbewegung nach einer eventuellen Übertreibung.

  2. Die Ölpreise waren einfach massiv überkauft, und das korrigiert sich jetzt. Sicher wird es auch eine (Zwischen-) Erholung geben, aber ob dies von Dauer sein wird, schwierig.

  3. Schwerig wird es mit Diesel und Besin ab November. Nach einem sehr warmen September jetzt fallen die Temperaturen rasant nach unten. Die Nachfrage stieg mehr durch das Erkenntnis, dass im Winter Problemen mit der Versorgung geben wird. Auch mit Erdgas kann es problematisch werden. Im Moment wird die EU positiv gegen Asien diskriminiert. Aber steigen die Preise in den Asiatischen Märkten wird dort lieber geliefert. Man kann fast sagen die Rezession in der EU produziert eine Energiekrise

    1. @Francisco,
      europa hat keinerlei krisen, dass erzählen nur die schwurbler und v-theoretiker
      europa hat haltung, moral, viel platz, eine feministische aussenpolitik, als leuchtendes vorbild schweden mit einer gelungenen inklusionspolitik, daran wird die welt genesen und europa wird sich damit einen neuen platz in der welt zuweisen.
      wer etwas anderes behauptet ist ein, eh’schon wissen.

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