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Philipp Bagus: „Draghi gießt Öl ins Feuer“

Philipp Bagus, Professor für Volkswirtschaftslehre in Madrid und Autor u.a. des stark beachteten Buchs „Die Tragödie des Euro“ sowie Co-Autor (mit Andreas Marquart) des Bestsellers „Warum andere auf Ihre Kosten immer reicher werden..und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielen“ – äußert sich exklusiv auf finanzmarktwelt.de zu den gestrigen radikalen Schritten der EZB:

Philipp Bagus

1. finanzmarktwelt.de: Herr Bagus, die EZB hat gestern erneut die Leitzinsen gesenkt auf nunmehr 0,05%, vor allem auch den Einlagezins weiter in negatives Terrain auf nun -0,20%. Was soll das bringen?

Philipp Bagus: Draghi gleicht immer mehr einem Brandstifter, der sich anschickt ein Feuer zu löschen, indem er Öl hinein gießt. Als das nicht funktioniert, entschließt er sich, einfach noch mehr Öl reinzukippen. Und zu schauen, ob es diesmal funktioniert. Es wird aber nicht funktionieren.

Die Eurozone leidet an zwei miteinander verbundenen Problemen: Zum einen gibt es Strukturprobleme. Einige Sektoren sind zu groß und sollten zu Gunsten anderer, die dringendere Konsumentenwünsche erfüllen, schrumpfen. So sind in Spanien und in anderen Ländern der Bausektor und der Staatssektor zu groß. Eine Zinssenkung erleichtert diese Anpassung nicht, sie bremst sie vielmehr. Fehlinvestitionen werden künstlich am Leben erhalten, können sich günstig finanzieren. Auch der Staat kann sein Defizit weiterfahren. Dadurch werden wichtige Ressourcen in diesen Sektoren gebunden und verschwendet. Sie fehlen bei der notwendigen Restrukturierung. Es braucht neue Investitionen, in neuen Bereichen. Um diese Investitionen zu finanzieren, braucht es aber Ersparnisse. Die Nullzinspolitik merzt aber den Anreiz für Ersparnisse aus.
Das andere Problem der Eurozone ist die Überschuldung. Diese muss abgebaut werden. Eine vorzeitige Schuldenrückzahlung kommt einem Ersparnissanstieg gleich. Die Gläubiger können nun in neue Projekte investieren. Die Nullzinspolitik verhindert jedoch eine schnelle Entschuldung. Der Gegenwartswert der Schulden steigt vielmehr an, es gibt sogar Anreize neue Schulden aufzunehmen.
Der wahre Grund für die neuerliche Zinssenkung wird es wohl sein, dass sich die Staaten noch ein wenig günstiger finanzieren können. Denn wenn ich als Bank Strafzinsen für Guthaben bei der EZB zahlen muss, dann leg ich doch sehr gerne stattdessen in Staatsanleihen an. So geht die Defizitfinanzierung weiter, und wertvolle Ressourcen, die zur Restrukturierung der Privatwirtschaft notwendig sind, werden von den Staaten der EWU verschleudert.

2. finanzmarktwelt.de: Die EZB will ab Oktober ABS-Papiere kaufen, sowie Covered Bonds (Pfandbriefe) aus der Eurozone. Wie wird sich das auswirken?

Philipp Bagus: Die Renditen diese Papiere werden fallen und ihre Kurse werden steigen. Das ist eine willkommene Subvention für die Finanzmärkte, vor allem die Banken. Generell werden die Zinsen weiter fallen mit der Gefahr, dass neue Blasen entstehen.

3. finanzmarktwelt.de: Die ultralaxe Geldpolitik hat die Probleme der Eurozone offenkundig noch nicht beseitigt. Ist diese Politik nicht eigentlich der Versuch, den Niedergang des überschuldeten und überalterten Kontinents Europa hinauszuzögern?

Philipp Bagus: Man hat sich geldpolitisch in eine Sackgasse manövriert. Die EZB muss immer aggressiver vorgehen, um den von ihr geschaffenen Erwartungen gerecht zu werden. Sie ist eine getriebene der Finanzmärkte. Würde sie die Zinsen auf ein normales Niveau erhöhen, wäre Schicht im Schacht. Staatsinsolvenzen, Börsencrashs und womöglich der Zusammenbruch des Finanzsystems wären die Folge. Daher sucht die EZB nun die Flucht nach vorne und verzögert damit die notwendige Korrektur, die umso heftiger ausfallen wird.

4. finanzmarktwelt.de Was wäre aus Ihrer Sicht die richtige Politik für die aktuellen Probleme in der Eurozone?

Philipp Bagus: Wir müssen unser heutiges staatliches Monopol-Geldsystem grundlegend in Frage stellen. Auch auf die Gefahr hin, dass es zu einem Zusammenbruch morscher Strukturen kommt. Wir brauchen ein privates und wettbewerbliches Geldsystem. Ein vollgedeckter Goldstandard hätte viele Vorteile. Dann würde es zwangsläufig zu den notwendigen Anpassungen kommen und auch die Staaten würden schrumpfen. Die Defizite könnten nicht mehr durch Geldschaffung aus dem nichts gedeckt werden. Dann wird ein nachhaltiges Wachstum möglich.



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1 Kommentar

  1. Völlig untaugliche Empfehlungen von Herrn Bagus. Wo die Kaufkraft fehlt, lohnen sich keine Investitionen.

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