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Russland: Nornickel will in China produzieren und Sanktionen umschiffen

Ein wichtiger Produzent will seine Kupferverhüttung in Russland wegen westlichen Sanktionen nach China verlagern.

Russland-Fahne mit Münzen
Grafik: Inna-Zueva5 - Freepik.com

Der Metallurgie-Konzern Norilsk Nickel, kurz Nornickel, will die Kupferverhüttung vom arktischen Standort Norilsk in Russland nach China verlagern. Unternehmenspräsident Wladimir Potanin erklärte jüngst m April im Interview mit Interfax, wie sich dadurch Absatz- und Umweltprobleme infolge von Sanktionen und internationalen Zahlungsschwierigkeiten lösen lassen. Zum einen ist China der größte Verbrauchermarkt. Zum anderen setzt der Konzern darauf, Zugang zu neuer Batterietechnologie zu erhalten. Nach Berechnungen des Unternehmens kann Norilsk Nickel nur noch mit 80 Prozent seiner Einnahmen aus der Zeit vor den Sanktionen rechnen. Die Kosten für Finanztransaktionen, verschiedene Provisionen und die Zahlung für Vermittlungsdienste betragen 5-7 Prozent der Produktkosten.

Nadeschda produziert zu viel Gips

Im Interview schilderte Potanin ausführlich, was alles für den Produktionsstandort China spricht und welche Maßnahmen Nornickel unternimmt, damit der heimische Standort Norilsk vom Ruf, weltweit eine der dreckigsten Städte zu sein, loskommt. Auf die Frage zum Stand des Schwefelprogramms und Aufruf von Premierminister Michail Mischustin, die Modernisierung im Kupferverhüttungswerk in Nord-Russland zu beschleunigen, lenkte Potanin den Blick auf Maßnahmen im Werk zur Nickelaufbereitung mit dem hoffnungsvollen Nadeschda, die im letzten Oktober starteten. Das gestaltete sich seinen Worten nach schmerzhafter als erwartet, da viele westliche Partner sich geweigert hätten, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Dennoch zeitigte das Projekt Erfolg und ermöglichte, wie geplant, eine Entschwefelung von über 99 Prozent. „Sobald die Auslegungsparameter erreicht sind, werden die Emissionen in Norilsk um 45 Prozent reduziert, was bedeutet, dass fast 1 Million Tonnen Schwefeldioxid abgeschieden werden“, so Potanin. Am Ende des dritten Quartals soll die zweite Linie zur Entschwefelung im Werk Nadeschda in Betrieb gehen. So groß der ökologische Erfolg auch ist, zu hoch sind für Milliardär Potanin die Kosten zum Herstellen und Lagern von Gibs, für den es keine Abnehmer gibt.

Kupferhütte musste zeitweise Betrieb einstellen

Für das veraltete Kupferverhüttungswerk in Russland ist die Lage weitaus schwieriger. Es liegt näher an der Stadt Norilsk und musste laut Potanin den Betrieb seit langem von Zeit zu Zeit einstellen, um weniger Schadstoffe zu emittieren. Da eine Entschwefelung nach dem Vorbild von Nadeschda mit einer doppelt so hohen Gipsproduktion einhergehen würde, war eine andere Lösung gefragt.

„Doch bei der Lösung dieses Problems waren wir einem sehr starken Gegenwind ausgesetzt. Wir haben keinen Zugang mehr zu westlichen Technologien, Geräten und Software. Wir haben viel umprogrammiert, indem wir auf heimische Lieferanten zurückgegriffen haben. Allerdings lässt sich die Abhängigkeit von Importen bei diesem Projekt nicht ganz vermeiden“, brachte es Potanin auf den Punkt.

Chinesisches Endprodukt ist vor Sanktionen sicher

Dies und zuletzt die Sanktionen der USA in Abstimmung mit Großbritannien am 12. April gegen Aluminium, Kupfer und Nickel aus Russland hätten den Ausschlag gegeben, Verhüttungskapazitäten für Kupferkonzentrat nach China zu verlagern. Das Endprodukt sei dadurch näher am Ort des Verbrauchs platziert und lasse sich überdies als chinesisches Produkt verkaufen. „Chinesische Waren sind in China viel schwieriger zu sanktionieren als russische Waren, die nach China eingeführt werden“, unterstrich Potanin.

Dazu hätten Finanzrestriktionen den Geschäftsverkehr mit befreundeten Staaten erreicht. Norilsk Nickel werde bald drei- bis viermal mehr für den Schuldendienst ausgeben als noch vor drei bis vier Jahren. Die Kosten für Transaktionen, verschiedene Provisionen und die Kosten für Vermittlungsdienste betragen bereits einige Prozent, manchmal bis zu 5-7 Prozent. Mit der Produktion und dem Absatz in China ließen sich Abrechnungsprobleme besser handhaben.

Norilsk Nickel will sich Potanin zufolge via internationale Arbeitsteilung auf die Kompetenzen konzentrieren, die am profitabelsten sind. Dies seien Bergbau, Aufbereitung und der Zugang zur Batterieproduktionskette. „Wir verlagern unsere Umweltprobleme, Zahlungsprobleme, Probleme des Marktzugangs, Probleme der kundenspezifischen Anpassung unserer Waren an den Verbrauchermarkt, wo sie am effektivsten gelöst werden können, in diesem Fall nach China“, umriss er das Vorgehen. Bis Mitte 2027 soll das Kupferhüttenwerk in China gebaut sein. Bis dahin sollen auch die Umweltprobleme in Norilsk gelöst sein.

Abhängigkeit von China rechnet sich

Auf die Frage zur Abhängigkeit von China erklärte Potanin, dass die Abhängigkeit der russischen Produzenten von Kupfer, Nickel und einer Reihe anderer Metalle von China sehr hoch sei. China habe hier am weltweiten Verbrauch und an den Lieferungen russischer Unternehmen, insbesondere von Norilsk Nickel einen Anteil von mehr als 50 Prozent.

„Diese Abhängigkeit nimmt mit zunehmendem Sanktionsdruck zu. Daran werden wir nie vorbeikommen, aber durch die stärkere Integration in die chinesische Wirtschaft sind wir besser geschützt“, betonte Potanin. Wenn sich Lieferungen ohnehin nicht diversifizieren ließen, sei es besser, sich im System zu befinden als von draußen zuzusehen, „wie man sozusagen verdrängt wird.“ Das biete keine hundertprozentige Garantie vor Problemen, aber doch genug Hebel zum Handeln.

Absatzeinbußen in den USA und Europa ließen sich umschiffen. Nach der Umsetzung des Projekts in China sei eine Umsatzsteigerung um 20 Prozent im Vergleich zur Situation vor Beginn des Jahres 2022 möglich. Zum vermeintlich lukrativen Umweltdeal sagte Potanin: „Wir werden nichts in unserer Tundra (in Russland) vergraben, was unsere Nachkommen in hundert Jahren ausgraben müssen.“ Wie das Reich der Mitte hier genau mitspielt, ist eine Rechnung mit noch unbekannten Variablen. Die Abhängigkeit hat gewiss ihren Preis. Schiffsflotte und Eisbrecher zum Rohstofftransport sind darüber hinaus für Nornickel bestimmt ein hoher Kostenblock.



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1 Kommentar

  1. meine Gedanken kreisen um das Poker Schach Paradoxon.
    Pokern, Bluff, heisse Luft, nichts dahinter und doch gewinnen.
    Leider. Das ist für mich die USA.
    Schach, strategisch, vorausschauend, Kampf, opferbereitschaft. Wer, sag ich nicht. Der Krieg wird bis zum Ende geführt. Nur welches Ende? Wem sein Ende. Des Imperium oder Russland, China.

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