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Snapchat und die Gruselzahlen: Ein Opfer von Facebook?

Wenn man die Verluste nur (!) als "zwangsläufige Begleiterscheinung" der Wachstumsphase bei Snapchat ansieht, könnte man sich auf die wichtigste Kennzahl aller Social Media-Unternehmen...

Von Claudio Kummerfeld

Snap Inc (Snapchat) hat gestern gruselige Zahlen gemeldet (hier alle wichtigen Zahlen von gestern Abend). Bei einem Umsatz im 2. Quartal von 181 Millionen Dollar produziert man im selben Quartal einen Verlust von 443 Millionen Dollar. Wie gut, dass man beim Börsengang anständig Cash in die Firma bekam, möchte man da nur sagen!

Wenn man die Verluste nur (!) als „zwangsläufige Begleiterscheinung“ der Wachstumsphase bei Snapchat ansieht, könnte man sich auf die wichtigste Kennzahl aller Social Media-Unternehmen konzentrieren, nämlich das Wachstum bei den Nutzern. Die Nutzerzahl stieg vom 1. Quartal auf das 2. Quartal von 166 auf 173 Millionen.

Und diese 7 Millionen Zuwachs sind ziemlich wenig. Die Analysten hatten um die 175 Millionen Nutzer erwartet. Aber auch dann wäre es eine Enttäuschung gewesen. Facebook´s Tochter Instagram wächst in atemberaubender Geschwindigkeit, und nimmt Snapchat sozusagen die Nutzer weg, in dem man die Grundfunktionen von Snapchat quasi kopiert.

Instagram hat insgesamt 700 Millionen Nutzer, von denen 400 Millionen täglich aktiv sind. Mit dem wichtigen neuen Konkurrenzprodukt „Instagram Stories“ hat Instagram 250 Millionen täglich aktive Nutzer“, und wächst anscheinend pro Quartal mit jeweils 50 Millionen weiteren Nutzern. Da sieht Snap mit +7 Millionen ziemlich alt aus. Facebook mit seinen Töchtern Whatsapp und Instagram scheint fast wie so eine Art Staubsauger zu sein, der die Nutzer aufsaugt. Sie fehlen dann um Konkurrenten wie Snap oder Twitter wachsen zu lassen. Bei beiden läuft das Nutzerwachstum von Quartal zu Quartal nur in winzigen Schritten.

Es ist vermutlich ganz einfach. Man versetze sich in die Lage der „ganz einfachen“ Nutzer, der großen Masse von Menschen. Die denken praktisch. Facebook was als erster am Markt. Wo haben folglich die allermeisten Menschen ihr Social Media-Konto? Bei Facebook! Außerdem ist es die einzig wirklich vollwertige Social Media-Oberfläche, da Twitter eher eine Timeline ist wie eine Art endloser Nachrichtenticker, und Snapchat eher ein kleines cooles Tool zum Teilen von kurzlebigen Fotos und Clips.

Der Markt vergleicht aber alle drei Plattformen, denn bei den Milliarden-Bewertungen von Snap und Twitter muss die Wachstumsstory stimmen. Sonst brechen die Kurse ein, wie es bei den beiden ja zuletzt immer wieder passierte. Viele User sind nicht sonderlich begeistert vom Design der Facebook-Seite, aber man hat nun mal den unschlagbaren Vorteil, dass man als erster am Markt war, und von daher auch die große Masse der User dort ihr erstes und einziges Userkonto einrichtete. So findet man dort viele oder alle seiner Freunde, und dazu noch ohne Ende Seiten von Unternehmen, sowie Gruppen. Da fällt es schwer bei Nischenanbietern weitere Konten einzurichten.

Die beiden haben eigentlich nur eine Chance. Sie müssten ihre Oberflächen so derart verbessern, und vor allem technische Innovationen anbieten, dass neue User begeistert dorthin strömen. Aber momentan scheint es so zu sein, dass der monströse Staubsauger Facebook mit so viel Geld und Uservolumen einen großen Vorsprung hat.

Die Enttäuschung der Börsianer konnte man gestern Abend nachbörslich betrachten. Die Snap-Aktie fiel um 16,8%, und wird heute also dementsprechend tiefer eröffnen, wohl irgendwo um die 11,50 Dollar herum statt noch 13,77 Dollar Punkt 22 Uhr gestern Abend. Damit liegt man nun schon 32% unter dem Emissionskurs von Anfang März!


Die Snap-Aktie seit ihrer Emission bei 17 Dollar (Erstkurs 24 Dollar) am 1. März.



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