Erst vorgestern erläuterten wir bereits die Faktoren, die dafür sprechen, dass der Schweizer Franken weiter aufwerten könnte. Einer dieser Faktoren konkretisiert sich jetzt. Die Zinsen in der Schweiz stehen vor einer weiteren Anhebung, obwohl die Inflation für unsere Verhältnisse kaum der Rede ist. Aber die Schweizer wollen das Problem wohl im Keim ersticken, und lieber etwas zu viel als zu wenig dafür tun. Thomas Jordan, der Chef der Schweizerischen Nationalbank (SNB), hat aktuell eine Rede gehalten.
„Inflation in der Schweiz zu hoch – Zinserhöhungen notwendig“
Die Inflation in der Schweiz bleibt hoch und Zinserhöhungen sind notwendig, um sie unter Kontrolle zu halten, so sagt es Thomas Jordan aktuell. „Die Inflation liegt über unserem Schwellenwert für Preisstabilität“, so seine Aussage laut Bloomberg im Schweizer Ort Interlaken, wo er an einer Konferenz mit schweizerischen und internationalen Entscheidungsträgern teilnahm. Weiter sagte er: „Wir haben Zweitrundeneffekte, Drittrundeneffekte, so dass die Inflation hartnäckiger ist, als wir ursprünglich dachten.“
„Relativ niedriger Zinssatz – keine gute Idee zu warten“
Es ist Jordans letzter öffentlicher Auftritt vor dem anstehenden Zinsentscheid der SNB am 22. Juni. Während sich die Federal Reserve einer möglichen Pause bei den Zinserhöhungen nähert, haben eine Reihe anderer Zentralbanken angedeutet, dass sie im Kampf gegen die Inflation weitermachen wollen. Der derzeitige Schweizer Zinssatz von 1,5 % „ist relativ niedrig, und es ist keine wirklich gute Idee zu warten und dann später eine höhere Inflation zu haben“, so die Aussage von Thomas Jordan.
Inflation bereits unter wichtige Marke gefallen
Ökonomen erwarten, dass die Schweizer Zentralbank mit einer weiteren Anhebung um 25 Basispunkte fortfährt, obwohl die Inflation in der Schweiz die langsamste in den Industrieländern bleibt und der Indikator für den zugrunde liegenden Preisdruck diese Woche unter die von der SNB angestrebte Obergrenze von 2 % gefallen ist. Bisher hat die SNB die Kreditkosten in neun Monaten um 225 Basispunkte auf zuletzt +1,50 % angehoben, und die Notenbanker haben immer wieder erklärt, dass eine weitere Zinserhöhung nicht ausgeschlossen werden kann.
Da sich die Inflation jedoch weltweit verlangsamt und die Weltwirtschaft auf ein schwächeres Wachstum zusteuert, überdenken andere Zentralbanken – allen voran die Fed – ihre Prioritäten. „Wir haben es immer noch mit der Inflation zu tun, und dazu kommt die Anfälligkeit der Finanz- und Bankensysteme“, sagte Pierre-Olivier Gourinchas, Direktor der Forschungsabteilung des Internationalen Währungsfonds, der neben Jordan sprach. „Es gibt immer noch einige Schwachstellen bei den regionalen Banken in den USA und im Nichtbankensektor in den USA, aber auch in Europa und in den Schwellenländern.“
Der IWF geht davon aus, dass die Gesamtinflation aufgrund der niedrigeren Rohstoffpreise weltweit zurückgeht, stellt jedoch fest, dass sich der zugrunde liegende Preisdruck wahrscheinlich als hartnäckiger erweisen wird. „Die Rückkehr der Inflation zum Zielwert ist in den meisten Fällen nicht vor 2025 zu erwarten“, so der IWF in seinem jüngsten Weltwirtschaftsausblick.
Blick auf den Schweizer Franken
FMW: Blicken wir auf den Schweizer Franken: Er hat in den letzten Minuten durch die Aussagen von Thomas Jordan aufgewertet um gut 60 Pips. EURCHF fällt auf aktuell 0,9697. Die Grafik zeigt den Verlauf von EURCHF seit Anfang 2022 – der fallende Kurs steht daher für eine Franken-Aufwertung. Auch wenn der Devisenmarkt die anstehende Zinsanhebung der SNB jetzt schon mal einpreist – eine weitere Franken-Aufwertung könnte möglich sein.
FMW/Bloomberg/Chart TradingView
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