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Soros in Davos: „Russlands Invasion könnte das Ende der Zivilisation bedeuten“

„Bevorzugen Sie den Frieden? Oder die eingeschaltete Klimaanlage?“

George Soros hält seine jährliche Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos – Russland und seine Invasion im Fokus

Das diesjährige Weltwirtschaftsforum in Davos, das vom 22. bis 26. Mai veranstaltet wird, steht unter dem Motto „Working Together, Restoring Trust“. Auf der Agenda stehen die Themen Klima-Notstand, Ernährungskrise, Energie-Unsicherheit, digitaler Umbruch, Inflation, Gesundheitskrisen – vor allem aber die politischen, humanitären und wirtschaftlichen Konsequenzen des Ukraine-Krieges. Neben führenden Politikern der wichtigsten Industrienationen äußern sich auf dem Weltwirtschaftsforum auch prominente Wirtschafts-Eliten, wie zum Beispiel der ehemalige Hedge-Fonds-Manager George Soros. In seiner Rede am Dienstag warnte George Soros davor, dass die russische Invasion der Ukraine der Beginn eines weiteren europäischen Krieges werden könnte.

„Alle anderen Themen, die die Menschheit insgesamt betreffen, wie Pandemie-Bekämpfung und Klimawandel, Verhinderung eines Nuklear-Konfliktes und die Aufrechterhaltung globaler Institutionen, müssen angesichts dieses Konfliktes in den Hintergrund treten“, erläuterte Soros weiter und erklärte, „dies sei der Grund, warum er sagt, dass dies das Ende unserer Zivilisation bedeuten könnte.“

Soros: „Russland und China die größte Gefahr für eine offene Gesellschaft“

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Rede war der Aufstieg „repressiver Systeme“, wie das russische von Präsident Vladimir Putin und das chinesische von Präsident Xi Jinping. Er bezeichnet beide Länder als die „größte Gefahr für eine offene Gesellschaft.“ Seiner Meinung nach hätten beide Anführer „wahnsinnige Fehler“ gemacht. „Putin erwartete als Befreier in der Ukraine empfangen zu werden und Xi Jinping hält starr an seiner Zero-Covid-Politik fest, die wahrscheinlich nicht aufrechterhalten werden kann.“ Die dauerhaften Lockdowns in China würden weiterhin die Lieferketten stören oder sogar unterbrechen. Das werde die Inflation weltweit hoch halten und zu einer globalen Wirtschaftskrise führen, so Soros weiter. Xi Jinpings Fehler könnten ihn seine dritte Amtszeit kosten, fügte er noch hinzu.

„Deutschlands Wirtschaft wird sich neu orientieren müssen, und das wird Zeit kosten.“

George Soros nutzte in der Vergangenheit das Wirtschaftsforum in Davos immer wieder, um seine scharfe Kritiken öffentlich zu formulieren. Im Januar 2020 etwa behauptete er – ohne Beleg – dass Facebook Inc. heimlich an der Wiederwahl von Donald Trump arbeite.

2019 warnte er vor dem „moralischen Schaden“, der von China gegen die eigene Bevölkerung zur Überwachung eingesetzten künstlichen Intelligenz. Diese Thema sprach er auch in diesem Jahr an: „KI (künstliche Intelligenz) ist besonders geeignet, Instrumente zur Überwachung für repressive Systeme zu erschaffen, die eine offene Gesellschaft bedrohen. Covid19 hätte dabei geholfen, solche Instrumente zu legitimieren und zu legalisieren, da sie zum Teil auch tatsächlich hilfreich bei der Virusbekämpfung waren.“

Auch zur Politik Europas und insbesondere Deutschland äußerte sich Soros in Davos: Die frühere Kanzlerin Angela Merkel machte aus dem Land das wirtschaftliche Zugpferd Europas, auch dank ihrer Deals mit russischem Gas und der Entwicklung Chinas für den Automobilexport. Doch jetzt müsse dafür „ein hoher Preis bezahlt werden“, so Soros. „Deutschlands Wirtschaft wird sich neu orientieren müssen, und das wird Zeit kosten.“

„Bevorzugen Sie den Frieden? Oder die eingeschaltete Klimaanlage?“ – Mario Darghi

Das von der EU angedachte REPowerEU Packet wird Bundeskanzler Scholz aufgrund der Abmachungen seiner Vorgängerin „besonders viel Angst“ bereiten, mutmaßt Soros. Im Gegensatz zu seinem italienischen Amtskollegen, Premierminister Mario Draghi, der „viel mutiger sei“, obwohl Italien eine ähnliche hohe Abhängigkeit von russischem Gas hat. Aber Italien würde ein Gas-Embargo mittragen, hatte der italienische Premierminister mitgeteilt.

Auf die Frage, ob das nicht zu Schäden in der italienischen Wirtschaft führen könnte, antwortete Mario Draghi: „Bevorzugen Sie den Frieden? Oder die eingeschaltete Klimaanlage?“ Zudem hatte die italienische Regierung Mitte April bekannt gegeben, einen Gas-Liefervertrag mit Algerien abgeschlossen zu haben. Bundeskanzler Scholz hingegen kann einen Gas-Stopp, ohne passenden Ersatz, nicht uneingeschränkt befürworten, da dann ein Teil der deutschen Schwerindustrie zerstört werden würden.

George Soros, 91-jähriger Multimilliardär mit einem geschätzten Vermögen von 8,5 Milliarden US-Dollar, ist für seine provozierenden und gelegentlich grenzwertigen Aussagen bekannt. Warum er in seinem hohen Alter noch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos auftreten muss, um die Welt mit einer doch recht apokalyptisch anmutenden Rede zu ängstigen, wird wohl nur er selbst beantworten können.

Vielleicht sollte er es mit seinen Reden wie mit seinem legendären Hedge Fond halten, den er 2011 vom Markt genommen und in ein Family-Office umgewandelt hatte..

 

George Soros Weltwirtschaftsforum Davos Russland
By World Economic Forum – Flickr: George Soros – World Economic Forum Annual Meeting 2011, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19552399



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1 Kommentar

  1. Young Global Leader

    „Zudem hatte die italienische Regierung Mitte April bekannt gegeben, einen Gas-Liefervertrag mit Algerien abgeschlossen zu haben.“

    Da hat Draghi ja mal eine lupenreine Demokratie und eine wirklich „offene Gesellschaft“ gefunden. Ich bin auch gespannt, wer den Frieden bevorzugen wird, sollte Russland seine „spezielle militärische Operation“ für abgeschlossen erklären und die Südostukraine in die RF eingliedern. Ich halte das im Augenblick für das wahrscheinlichste Szenario.

    Was George Soros betrifft, so scheinen seine weltweiten Operationen gerade nicht so dolle zu laufen, wobei man die Frage nach der Erfolgskontrolle schon ihm selbst stellen muss. Sein größtes Debakel erlebte er in Ungarn, wo seine Uni, die CEU, aus dem Land gejagt wurde und er als übergroßes Feindbild für Orban herhalten musste, als Projektionsfläche für unfreundliche Interventionen des woken Westens.

    Der designierte OSF Nachfolger, Alexander Soros, finanziert eher Mainstream-Projekte der Demokratischen Partei. Es würde mich nicht wundern, dass ohne die Kreativität des alten Herren, die OSF als eigenständiger politischer Akteur verschwindet.

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