Indizes

Die besten Tage gibt es in Bärenmärkten S&P 500: Wehe, wenn man die besten Tage versäumt – und umgekehrt

S&P 500 wehe

Nicht nur die Großinvestoren aus der aktive Fondsbranche haben den Anspruch, den Leitindex S&P 500 in der Performance zu übertreffen, auch der Privatanleger tut dies durch seine Kauf- und Verkaufsentscheidungen. Aber selbst den Profis mit all ihren technischen Möglichkeiten wie Analysemethoden gelingt es nicht, über längere Zeiträume den Leitindex S&P 500 zu schlagen.

Wirtschaft und Börse laufen nicht im Gleichschritt, selbst Frühindikatoren sind kein verlässlicher Anzeiger. Besonders ausgeprägt war dies bisher im Jahr 2023, wo etwa Dreiviertel der Großanleger in ihrer Markteinschätzung für das erste Halbjahr danebenlagen. Mit Konsequenzen, die noch für das Jahresende von Bedeutung sein können.

Aber wie in Langzeit-US-Statistiken erkennbar ist, liegt es vor allem daran, dass man in bestimmten Tagen im Markt (voll) investiert sein musste, in anderen aber besser gar nicht. Hierzu ein paar analytische Gedanken, die das Dauerproblem für einen aktiven Anleger (nicht Buy-and-Hold) nachvollziehbar machen sollen.

S&P 500: Wehe dem, der an den besten Tagen nicht im Markt war

Dass die aktuelle Wirtschaftsentwicklung und die aktuelle Börsenverfassung oft nicht übereinstimmen, dies müssen aktive Anleger, nicht nur im S&P 500, oft schmerzhaft registrieren.

Wie in einem Artikel vom 10. Juli dargestellt „Aktienmärkte und Wirtschaft: Warum sie oft auseinanderdriften“, besteht nur eine sehr niedrige Korrelation zwischen der aktuellen Wirtschaftsentwicklung und der Börse. Ein Grund hierfür ist natürlich das Timelag, denn das Bruttoinlandsprodukt ist ein nachlaufender Indikator, während die Indizes die zukünftige Entwicklung von mindestens zwei Quartalen zu antizipieren versuchen. Mit allerlei Fehleinschätzungen, weil natürlich auch Firmeninsider keine externen Ereignisse vorhersehen können – und auch nicht die Irrationalität der Marktteilnehmer in gewissen Phasen (KI-Euphorie).

Oftmals entstehen aber gerade in schlechten Wirtschaftsphasen die höchsten Tagesgewinne. Hier eine Übersicht von JP Morgan, die aufzeigt, was im letzten 20-Jahreszeitraum geschehen wäre, hätte man die besten zehn Tage in seiner Investmentstrategie versäumt hat. Ausgerechnet sieben davon gab es im Bärenmarkt:

S&P 500 Best Days Occur In Worst Of Times

Schon erstaunlich: Allein das Fehlen im Investment der besten zehn Tage in einem Zeitraum von 5000 Handelstagen hätte dem Investor schon etwa die Hälfte seines Portfolio-Erfolgs gekostet.

Ein typisches Anlegerverhalten: Hoch kaufen (aus Gier oder FOMO) und in Panik tief verkaufen. Und dann natürlich erst ganz spät wieder einsteigen.

Etwas irreal, aber die Problematik schön auf den Punkt bringend, ist ein Blick auf Daten, die bis zurück ins Jahr 1930 zurückreichen und von der Bank of America erhoben wurden:

Wenn ein Investor die zehn besten Tage des S&P 500 seit dem Geburtsjahr von Warren Buffett in jedem Jahrzehnt verpasste, hätte dieser nur eine Gesamtrendite von 91 Prozent geschafft, anders als beim Dauerinvestor mit einer Rendite von sagenhaften 14.962 Prozent. Finanzmathematik im Extremum.

S&P 500: Die besten Tage gibt es in Bärenmärkten

Wie oben erwähnt, die stärksten Anstiege beim S&P 500 gab es in Zeiten eines Bärenmarkt und ausgerechnet nach den Tagen mit den größten Verlusten. Wer in Panik an einem solchen Tag aussteigt, hatte oft ein Problem wieder einigermaßen kostengünstig in den Markt zu gelangen. Natürlich gilt das nicht für den Beginn eines längeren Bärenmarktes, aber ihm Verlauf eines solchen wird es problematischer. Wer erinnert sich noch an das Ende des Corona-Ausverkaufs, als es am 24.März 2020 vom Tief betrachtet beim S&P 500 zweistellig nach oben ging – und anschließend nicht mehr nach unten (zum Tief).

Hier eine Grafik von Lance Roberts über mehr als 30 Jahre, wo man die großen Ausschläge nach unten (rot) und nach oben (blau) visualisiert bekommt

S&P 500 The Math Of Loss

Bei der Anlagestrategie ist es einfach eine Buy-and-Hold-Strategie in Bullenmärkten zu verfolgen, anders als in einem Bärenmarkt. Dafür gibt es eine einfache Erklärung – die menschliche Psyche.

Sie ist die Ursache für das so genannte „buy high/sell low“-Syndrom.

Nichts ist bullischer als ein stark steigender Markt, aber in einer echten Krise wird oft medial ein Untergangszenario gemalt, welches im limbischen Systems des Anlegers oftmals den roten Button aktiviert.

S&P 500: Am ertragreichsten wäre es, die Verlusttage zu vermeiden

Dies ist wahrlich einfach gesagt, aber aus finanzmathematischen Gründen hätte das Vermeiden der zehn schlechtesten Börsentage des S&P 500 noch eine weit aus bessere Folgen für das Investmentdepot gehabt.

In der nächsten Grafik wird der extreme Fall dargestellt (der keinem Anleger gelingt), was mit einem Depot von anfangs 100.000 Dollar über 25 Jahre geschehen wäre, bei dem man die zehn besten Tage ausgelassen hätte (blau), man immer investiert gewesen wäre (schwarz) und die zehn schlechtesten Tage vermieden hätte (rot). Der (unrealisierbare) Traum für einen aktiven Anleger, zugleich wieder ein Beispiel wie sich Gewinnwachstum über Jahre entwickelt, wenn der große Zinseszinseffekt zuschlägt (das achte Weltwunder):

The Cost of Timing the Market

Warum wird man von der Finanzindustrie nicht so viel über die zweite strategische Variante hören?

Diese Branche wird die zweite Seite der Medaille nicht so offen aussprechen, weil sie für sie nicht so profitabel ist. Die Finanzindustrie verdient Geld, wenn man investiert ist. Noch vor ein paar Jahren lagen die Gebühreneinnahmen in der Branche global bei fast einer Billion Dollar – jährlich (Quelle Dr. Kommer).

Fazit

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus diesen statistischen Erkenntnissen? Natürlich zunächst einmal die Bedeutung einer langfristig angelegten Strategie, obgleich die Einzelanlage niemals ihren Reiz verlieren wird. Zu extrem ist die Performance von einer Handvoll Einzelwerten, die die Indizes über Jahrzehnte beherrschen. Ein Extrembeispiel, warum unser „archaischer geprägtes Affenhirn“ sich damit aber auch immer damit schwer tun wird (fight or flight), ist aus meiner Sicht die Aktienanlage in Amazon.

Welcher frühe Anleger hat die Berg- und Talfahrt dieses Highflyers ausgehalten? Die Aktie hatte sich von ihrem Börsengang 1997 bis zum Jahr 2000 versechzigfacht, um dann im Zuge der Dotcom-Krise 93 Prozent ihres Wertes zu verlieren, aber sich bis zur nächsten Krise 2007 wieder zu verzehnfachen, um bis 2009 wiederum etwa 50 Prozent an Wert einzubüßen. Und aktuell: Unter Berücksichtigung der Aktiensplits ist der Kurs seither von 1,79 bis ins Jahr 2021 auf 163,95 gestiegen – alle Angaben in Euro.

Amazon ist kein Meme-Stock und die Historie zeigt, wie schwierig eine aktive Anlage mit Einzelaktien sein kann. Das erfordert sehr viel Disziplin, nicht umsonst hat es Warren Buffett einmal so zum Ausdruck gebracht: „Das meiste Geld habe ich auf meinem Hintern verdient!“ Aber natürlich hat auch der Starinvestor Aktien verkauft, wenn er nicht mehr an die Story des Unternehmens geglaubt hat.

Auch die Sicht auf die zweite Variante der Anlagestrategie sei erlaubt. Wer in Zeiten stark fallender Kurse im S&P 500 oder in Einzelaktien nicht investiert ist, wird zum King, wie anno dazumal Michael Burry.

Wobei wir aber wieder beim Problem des Timings wären..



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

1 Kommentar

  1. WB verlautbarte aber auch folgendes: Es gibt drei Gründe als Kerl, sich zu ruinieren: Weiber, Alkohol und
    gehebelte Derivate!

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage