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Türkische Lira vor Debakel? Zentralbankchef gibt Signale für Zinssenkung

Lira-Geldscheine

Steht die türkische Lira vor einem Debakel, vor einer kräftigen Abwertung? Bevor wir zur Tagesaktualität kommen, hier erst einmal das Grundproblem: Der Leitzins in der Türkei liegt bei 19 Prozent. Er musste seit Ende 2020 von 10,25 Prozent auf 19 Prozent angehoben werden, weil die Inflation immer stärker anstieg, alleine in den letzten drei Monaten von 16,59 Prozent auf aktuell 19,25 Prozent. Nun hat die Türkei also eine Inflation, die über dem Leitzins liegt.

Türkische Lira vor Problem

Für ausländische Investoren ist das ein schlechtes Szenario. Bei Anleihe-Investitionen sollte der hohe Zins die Inflation ausgleichen, was aber hier nicht mehr der Fall ist. Anleger könnte die türkische Lira verkaufen und Gelder in andere Währungsräume umschichten. Um eine noch höhere Inflation zu verhindern, kann die Zentralbank mit noch höheren Zinsen die Kredite verteuern, wodurch die Kreditnachfrage schrumpft, und die Inflation eingedämmt wird. Aber wie man seit einiger Zeit immer wieder hört, wünscht sich Präsident Erdogan drastisch sinkende Zinsen. Seinen Aussagen nach hätte der Leitzins in der Türkei bis August eigentlich unter 10 Prozent fallen sollen. Denn er ist der Meinung sinkende Zinsen bekämpfen die Inflation – und natürlich wären niedrige Zinsen auch gut für die Unternehmen, die so billiger an Kredite kommen.

Nun hatte Präsident Erdogan bereits die Funktionäre der Zentralbank in Ankara ausgetauscht. Und seitdem ist immer das Szenario vorhanden, dass die Zentralbanker gemäß dem Wunsch des Präsidenten handeln und die Zinsen senken. Bisher taten sie dies aber nicht. Aber jetzt wird die Lage bedrohlich. Laut Berichten von einer Rede vor der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer sagte der türkische Zentralbankchef Sahap Kavcioglu, dass die Zentralbank statt auf die Inflation zu schauen, von nun an auf die Kerninflation schauen werde.

Kerninflation statt Inflation ebnet Weg für Zinssenkungen?

Während die vollständige Inflation in der Türkei bei 19,25 Prozent liegt, ist die Kerninflation nur bei 16,8 Prozent. Denn „schwankungsintensive“ Preisklassen wie Lebensmittel und Energie sind zuletzt besonders kräftig angestiegen – rechnet man sie heraus, erhält man eine niedrigere Inflation. Und wenn diese Kerninflation nur bei 16,8 Prozent liegt, hat man Platz nach unten bei den Zinsen. Steht also bald eine Zinssenkung in der Türkei an? Die Zentralbank in Ankara verkündet ihre nächste Zinsentscheidung am 23. September.

Die türkische Lira könnte vor einer Abwertung stehen, wenn die Zentralbank den Zins senkt, und damit der Abstand zur höheren Gesamt-Inflation noch größer wird als aktuell mit 0,25 Prozent. Die letzten drei Tage war die Lira vor allem deswegen gegenüber dem US-Dollar wieder gefallen (USDTRY stieg von 8,27 auf 8,50), weil der US-Dollar selbst eine Aufwertung erlebte. Nun aber könnte eine eigenständige Lira-Schwäche hinzukommen. Bis zum 23. September wird nun also die Unsicherheit für die türkische Lira in der Luft schweben, ob diese Aussagen zur Kerninflation wirklich in einer Zinssenkung münden werden.

Chart zeigt Verlauf von US-Dollar gegen türkische Lira
Chart zeigt steigenden US-Dollar gegen türkische Lira im Verlauf der letzten zwei Jahre.



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