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Vietnam nähert sich den USA an Ukraine-Krieg verschiebt Machtbalance zwischen Vietnam und China

Vietnam China Ukraine-Krieg

Der Ukraine-Krieg wirkt sich auch auf die Machtbalance zwischen Vietnam und China aus. Indien und die USA profitieren davon, da Russland Vietnam keinen wirksamen Schutz mehr bietet.

Die Geschichte von Vietnam und China war nicht immer friedlich. Über Jahrhunderte hinweg waren zumindest Teile von Vietnam von China besetzt. Seit der Gründung der Volksrepublik China und dem Aufstieg des kommunistischen Regimes in Vietnam setzten sich die kriegerischen Auseinandersetzungen fort. Zwischen 1979 und 1991 kam es zu mehreren bewaffneten Konflikten zwischen den beiden nominellen Bruderländern.

Vietnam und China: kommunistische Konkurrenten

1975 übernahm eine andere kommunistische Partei die Macht in einem südostasiatischen Land, nämlich in Phnom Penh. Die Roten Khmer stellten ab dem 17. April de facto die Regierung und errichteten eine menschenverachtende Diktatur, in deren Verlauf zwischen 1,7 und 2,2 Millionen Menschen ums Leben kamen. Die Roten Khmer waren eng mit Beijing verbandelt, das sie militärisch und wirtschaftlich unterstützte.
Die Beziehungen zwischen China und der Sowjetunion hatten sich bereits in den späten 1950er Jahren verschlechtert und erreichten Anfang der 1960er Jahre ihren Tiefpunkt. Ideologische Unterschiede, territoriale Streitigkeiten und der Kampf um die Führung in der kommunistischen Weltbewegung führten zu einem erbitterten Konflikt zwischen den beiden kommunistischen Großmächten.

In den Jahren 1975 bis 1980 wurde dieser Konflikt durch verschiedene Faktoren weiter verschärft. Territoriale Streitigkeiten entstanden, da China und die Sowjetunion an ihrer gemeinsamen Grenze, insbesondere bezüglich der Inseln im Grenzfluss Amur und Gebieten in Zentralasien, aneinander gerieten. Zudem gab es ideologische Unterschiede zwischen dem maoistischen China und der sowjetischen Führung unter Leonid Breschnew, die den Kernpunkt der Spannungen darstellten. Die Sowjetunion betrachtete China als Revisionisten, die von der marxistisch-leninistischen Linie abwichen, während China die Sowjetunion als „sozialimperialistisch“ und von imperialistischen Ambitionen getrieben ansah.

Südostasien als Nebenkriegsschauplatz zwischen Russland und China

Südostasien spielte in diesem Konflikt eine Rolle als Nebenkriegsschauplatz. Das kommunistische Vietnam wurde von der Sowjetunion unterstützt, ebenso wie Laos, das ab Dezember 1975 ebenfalls von einer kommunistischen Partei regiert wurde und von Vietnam unterstützt wurde. Vietnam stationierte bis zu 50.000 Mann in seinem Nachbarland. China wiederum übernahm schlug sich auf die Seite der Roten Khmer und half militärisch und wirtschaftlich dem Regime.

Die Roten Khmer begnügten sich jedoch nicht damit, ihre eigene Bevölkerung zu dezimieren, sondern es gab immer wieder Grenzübergriffe auf das Gebiet von Vietnam. Die Situation eskalierte im Jahr 1979, als Vietnam in das Nachbarland einmarschierte und die Herrschaft der Roten Khmer beendete, was wiederum eine Reaktion von China provozierte, die in die Grenzregion Vietnams einmarschierte. Der Sino-Vietnamesische Krieg dauerte wenige Monate, kostete aber etwa 60.000 Soldaten auf beiden Seiten das Leben. China zog sich zurück, während Vietnam die Besetzung Kambodschas fortsetzte. Allerdings kam es bis 1989 zu weiteren Auseinandersetzungen und Scharmützeln, bis es im Jahr 1991 zu einer Normalisierung zwischen den beiden Ländern kam.

Der sino-vietnamesische Konflikt zeigt zweierlei: Zum einen konnte die Sowjetunion Vietnam nicht wirksam schützen, aber trotzdem hinderte es China seine regionalen Hegemonialbestrebungen wirksam durchzusetzen.

Vietnam und seine Politik der „Drei Nein“

Eine der Konsequenzen aus dem Konflikt mit China ist die Sicherheitspolitik Vietnams, die auf dem Prinzip der „Drei Nein“ fußte: keine Militärbündnisse, keine ausländischen Militärbasen auf dem eigenen Staatsgebiet, keine Allianzen „zur Verteidigung“.

Dies spiegelt sich in der Ausrüstung seiner Armee wider: Die Sowjetunion und später Russland waren der größte Lieferant von militärischer Ausrüstung. Trotz seiner eher schwierigen Beziehungen zu China bezog es ebenso aus seinem nördlichen Nachbarland Waffen und anderes Gerät. Weitere Lieferanten waren bis 2015 insbesondere Tschechien, Israel und Indien. Seit der Obama-Administration verstärkt sich die Zusammenarbeit mit den USA, die Vietnam teilweise mit Kriegsschiffen, Flugzeugen und anderem schweren Gerät ausstatten. Zudem hat sich in den letzten Jahren der Charakter des ASEAN-Verbundes verändert, der nun verstärkt auch auf militärischem Gebiet zusammenarbeitet, um dem Expansionsdrang Chinas entgegenzuwirken.

Denn China beansprucht große Teile des Südchinesischen Meeres für sich mit allen Gebieten, die von der sogenannten Neun-Punkte-Linie umfasst werden. Dabei berührt diese Linie, die die Volksrepublik aus seinen Vorgängerreichen ableitet und international nicht anerkannt wird, die Ausschließlichen Wirtschaftszonen praktisch aller Anrainerstaaten. Hierbei geht es um handfeste wirtschaftliche Interessen, denn das Südchinesische Meer ist ein äußerst fischreiches Gewässer als auch reich an Bodenschätzen.

Vietnam bedient sich zum Schutz gegen China Russland

Bei der Erschließung der Gas- und Ölvorkommen vor der vietnamesischen Küste und die zum Teil in der von China beanspruchten Zone liegen, bediente sich Vietnam seinem alten Verbündeten Russland, der mit den Staatsfirmen Rosneft, Gazprom, Transneft und Zarubeschneft an der Förderung und Verarbeitung der Energieträger in Joint-Ventures mit vietnamesischen Unternehmen mitarbeitet und -verdient. Damit konnte sich Vietnam bis zum Februar 2022 sicher sein, dass Russland einen zügelnden Einfluss auf China geltend macht.

Der Ukraine-Krieg hat an den Rahmenbedingungen einiges geändert. Zum einen ist Russland nun von einem Waffenexporteur zu einem -importierenden Land geworden. Darüber hinaus könnte, selbst wenn Vietnam neue Waffen kaufen wollte, Russland diese eventuell nicht produzieren, und Vietnam könnte sie de facto nicht bezahlen. Aus demselben Grund verzögert sich die Lieferung von S-400 Luftabwehrraketen.

Der Ukraine-Krieg als destabilisierender Faktor in der Region

Der Ukraine-Krieg hat auch das Verhältnis zwischen Russland und China umgedreht. Nicht mehr Russland ist die dominierende Macht, die Vietnam, Indien und andere Staaten nutzt, um China gelegentlich zu disziplinieren, nun ist Russland mehr und mehr von China abhängig. Wie sehr Russlands internationale Macht schwindet, wurde bei dem Afrika-Gipfel, zu dem Putin dieser Tage eingeladen hatte, deutlich. Nur 20 der 54 afrikanischen Staats- und Regierungschefs kamen zum Gipfel, weniger als die Hälfte der Teilnehmer, die noch 2019 den Afrika-Gipfel besuchten.

Beides, der schwindende Einfluss Russlands und die schwindende Fähigkeit, militärische Ausrüstung zu liefern, hat zum einen das Ergebnis, dass sich Vietnam näher an die USA und Indien als militärischer Ausrüster annähert und zum anderen seine strikte Linie der „Drei Neins“ aufgibt und militärisch enger mit anderen Nationen zusammenarbeitet. Zum anderen verstärkt China seine Präsenz in vietnamesischen Gewässern.

Damit hat der Ukraine-Krieg eine direkte destabilisierende Wirkung auf die Machtbalance zwischen Vietnam und China, wie auch im größeren Kontext der gesamten Region.

Auch die Beziehungen zwischen Indien und China verändern sich angesichts des russischen Angriffskrieges. Ebenfalls in anderen Regionen der Welt, wie der Putsch in Niger gerade zeigt, hat der schwindende Einfluss Russlands Auswirkungen auf die Machtverhältnisse zwischen oder gar innerhalb von Staaten. In der nahen Zukunft steigt also das Risiko von bewaffneten Konflikten.



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8 Kommentare

  1. Also der Putsch in niger stützt due These jawohl mal garnicht

    1. Der Putsch ist eher gegen Frankreich gerichtet, bzw. dem Westen Der fürchtet um biliges Uran.

      1. @ottonorma

        Ich dachte, Uran ist grundsätzlich billig, weil doch die Kernkraft so ganz allgemein und überall extrem günstigen Strom liefert. Bei der unschlagbaren Energiedichte dürfte doch das bisschen Energieträger nicht die große Rolle spielen.

      2. @ottonorma

        Genau, immer geht es gegen den Westen. Koennte es nicht sein – gerade in Afrika – dass jetzt ein anderer Potentat an die Fleischtoepfe der Macht will? Aber das kann ja nicht sein, weill ottonorma das bestimmt irgendwo gelesen hat, und wir es ihm glauben muessen, denn er hat keinen Link mehr dazu….

  2. Ja, die beiden Kriegsgegner, wovon der Eine mit Napalm bombardiert wurde, mit mehr Bomben als im 2. Weltkrieg gefallen sind, in der Form von Bombenteppichen überzogen worden ist, ganze Ernten chemisch vernichtet wurden, und unfassbar Massaker an der Zivilbevölkerung begangen wurden, handeln nicht nur seit langer Zeit wieder zusammen, sonder schrauben nun an einer gemeinsamen Sicherheits-Architektur.
    Das ist gut so.
    Die deutsche Außenministerin sagt dagegen: Für immer kein Gas mehr aus Russland.
    Müsste man als Außenministerin nicht etwas weiter denken können?
    Was hat sie gelernt?

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. Artikel nicht verstanden?????

    2. @Helmut

      Amerikanische Kriege aus längst vergangenen Zeiten scheinen bei Ihnen tiefe Traumata zu verursachen, die Sie in unzähligen Kommentaren aufzuarbeiten versuchen.
      Da wundert es mich schon ein wenig, warum Sie als Deutscher nie die Gräuel und Kriegsverbrechen der deutschen Nazis erwähnen, dafür aber umso öfter den angeblichen deutschen Angriffskrieg auf Jugoslawien.

      Folgende paar kleine Konfliktchen und Prügeleien scheinen Sie ebenfalls nicht allzu sehr zu tangieren, vielleicht, weil sie für das Gute auf der Welt stehen?

      1979–1989: Militärintervention in den Afghanischen Bürgerkrieg
      1991–1992: Militärisches Eingreifen in den Georgisch-Südossetischen Krieg
      1992: Konflikt im Distrikt Ost-Prigorodny in Nordossetien
      1992: Militärintervention in den Transnistrien-Konflikt
      1992–1997: Militäreingriff in den Bürgerkrieg in Tadschikistan
      1992–1993: Unterstützung abchasischer Freischärler im Georgisch-Abchasischen Krieg
      1994–1996: Erster Tschetschenienkrieg
      1999–2009: Zweiter Tschetschenienkrieg
      1999: Dagestankrieg
      2008: Militäreinsatz im Kaukasuskrieg auf der Seite südossetischer Rebellen
      seit 2009: Kampf gegen das Kaukasus-Emirat
      2014: Invasion und nachfolgende Annexion der Krim
      Seit 2014: Militärische Unterstützung der prorussischen Kräfte im Krieg in der Ostukraine
      Seit 2015: Militärischer Eingriff auf Seiten der Regierung Syriens im Syrischen Bürgerkrieg
      Seit 2015: Militärische Unterstützung des Kampfes gegen den Islamischen Staat in Syrien
      Seit 2018: Militärische Unterstützung des Kampfes gegen die libysche Regierung auf Seiten Marschall Haftars mit Wagner-Söldnern der GRU
      Seit 2019: Militärische Unterstützung des Kampfes gegen die Ahlu Sunnah Wa-Jama in Mosambik mit Wagner-Söldnern der GRU
      seit 2020: Truppen in Bergkarabach, Aserbaidschan
      2022: Beteiligung russischer Truppen an der Niederschlagung der Unruhen in Kasachstan 2022
      2022: Überfall auf die Ukraine

      1. Ja Michael, es macht mir Sorgen, wenn selbst das deutsche Grundgesetz so geändert wurde, dass von Deutschland aus wieder Kriege geplant werden dürfen, und auch völkerrechtswidrige Kriege geführt wurden.
        Oder war das in Afghanistan 20 Jahre lang auch
        „nur“ eine Spezialoperation.

        Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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