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Ukraine-Krieg: was wird aus Inflation? Thomas Mayer bei BOOM & BUST

Thomas Mayer über Ukraine-Krieg, Inflation und Notenbanken - "Umparken im Kopf"

Thomas Mayer über Inflation, Notenbanken und Ukraine-Krieg

Mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs am 24. Februar 2022 ist die Friedensordnung von 1989 in Europa hinfällig: Ausgerechnet an diesem Tag, im Augenblick dieser welthistorischen Zensur, war Professor Thomas Mayer zum Gespräch mit Markus Fugmann und Stefan Riße bei BOOM & BUST geladen, um über Inflation und den Kontrollverlust der Zentralbanken Fed und EZB zu sprechen. In seiner erste Frage stellte Fugmann die Verbindung des in der Ukraine tobenden Kriegs zur Inflation her: Würden dadurch die Rohstoff- und Energiepreise weiter befeuert? In seiner differenzierten Antwort teilte Mayer diese Einschätzung umfänglich.

Notenbanken, Krieg und Inflation: „zwischen Hammer und Amboss“

In seiner zweiten Frage (Timecode 4:00ff.) kam Fugmann auf den monetären Klimawandel zu sprechen, den die US-amerikanische Zentralbank Fed unter ihrem Chairman Jerome Powell vollzogen hat. Fugmanns Stichwort „monetärer Klimawandel“ (5:40ff.) schlug bei Mayer erkennbar ein und gab ihm Gelegenheit, den Unterschied zwischen den Zentralbanken alten Zuschnitts und der EZB von heute analytisch herauszuarbeiten. Der Bundesbank sei es damals, in den 1990er Jahren, darum gegangen, die Märkte möglichst auf dem falschen Fuß zu erwischen, während die EZB heute darum bemüht sei, die Entwicklung den Märkten möglichst vorzuzeichnen (forward guidance). Die Zentralbanken hätten dabei die Auswirkungen der Geldmengenausweitung aus dem Blick verloren, trotz forward guidance, und deshalb die Inflation nicht kommen sehen. Heute seien die Zentralbanken mit ihrer Sorge um Inflation auf der einen Seite und ihrer Sorge um die Realwirtschaft auf der anderen tatsächlich zwischen „Hammer und Amboss“.

Corona

Der Einwurf von Stefan Riße (12:00ff.) zu den aktuellen Coronahilfen gab Mayer Gelegenheit, die Weltfinanzkrise 2008 von der gegenwärtigen Inflationskrise historisch zu unterscheiden. Die Coronahilfen würden in den Konsum breiter Bevölkerungsschichten gehen und insofern die Konsumentenpreisinflation befeuern. Die spannende Frage sei jetzt für ihn, ob der ausgebrochene Ukrainekrieg die Konsumenten in ihrem Konsumverhalten vorübergehend bremst. „Aber könnte es nicht sein“ – entgegnete Markus Fugmann, „dass dadurch die Inflationserwartungen weiter nach oben kommen?“ (Timecode 18:00).

Mayer machte hierzu substantielle Ausführungen, wie auch zur Vermögenspreisinflation, die – nebenbei bemerkt – Mayer bei Flossbach von Storch mit seinem Research Institut als Erster wissenschaftlich detektierte. Der Flossbach von Storch Vermögenspreisindex ist heute aus keiner ernstzunehmenden makroökonomischen Analyse mehr wegzudenken.

Umparken im Kopf

Bei etwa Timecode 36:00ff. wollte Fugmann von Mayer wissen: „Was passiert, wenn die Märkte realisieren, dass die Notenbanken keine Kontrolle mehr haben?“ Der Einwurf zielte ins Schwarze. Mayer kam in diesem Zusammenhang auf die Sparer zu sprechen, deren Sparguthaben durch Nullzins nichts mehr abwerfen, anders als Sachwerte. Die Bürger müssten angesichts Nullzinsen und Inflation, „Umparken im Kopf!“, so Mayer.

„Die wichtigen Fragen stellen“

Im letzten Drittel des Interviews kam die Sprache auf Mayers substantielle Studie „Das Inflationsgespenst. Eine Weltgeschichte von Geld und Wert“, die dieser Tage im Ecowin-Verlag erscheint. Darin entwickelt Mayer auf Seite 358ff. eine Lösung, wie man „die zu seinem Erhalt notwendige Konsolidierung des Euros recht elegant mit der Digitalisierung des Geldes und teilweisen Entschuldung der Eurostaaten verbinden“ könne.

Der größte Mehrwert von Mayers Auftritt bei BOOM & BUST ist wohl, dass er erstmals in einem deutschen Sendeformat ausführlich Gelegenheit bekam, seine Gedanken zur Rettung des Euros und zur Neuverankerung des Systems ausführlich darzulegen. Bild-TV schickt sich gegenwärtig an, unter dem Slogan „Die richtigen Fragen stellen“ die deutsche Fernseh- und Medienlandschaft umzukrempeln.

Bei BOOM & BUST, ließe sich daran anknüpfend formulieren, wurden dank Markus Fugmann und Stefan Riße „die wichtigen Fragen“ gestellt. Zu deren Beantwortung war Thomas Mayer bestens aufgelegt. Der Rezensent hat sich keine Minute gelangweilt. Mayer trat auf, wie man es von ihm nicht anders kennt: sympathisch, bescheiden und zurückgenommen, seiner ungeheuren analytischen Potenz gleichwohl gewahr.

Während der Sendung blendete die Regie wiederholt die Binde „Thomas Mayer – Deutschlands maßgeblicher Finanzökonom“ ein. Nach diesem Auftritt bei BOOM & BUST wird man das nicht bezweifeln. Mayers neues Buch sei deshalb aus innerer Überzeugung empfohlen: Thomas Mayer, Das Inflationsgespenst. Eine Weltgeschichte von Geld und Wert. Ecowin, Salzburg, 400 Seiten für 28,00 EURO.

 



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