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Wirtschaftsführer fordert den Euro Ungarn: Warum die Forderungen nach dem Euro-Beitritt zunehmen

Ungarn: Warum die Forderungen nach dem Euro-Beitritt zunehmen

Die ungarische Wirtschaftsmisere veranlasst einen der bedeutendsten Wirtschaftsführer in Ungarn zur Forderung nach dem Euro. Ungarn gilt nach wie vor als das Sorgenkind in Sachen Euro-Einführung. Die EU-Kritierien erfüllt das Land zwar immer noch nicht und eine baldige Einführung der Gemeinschaftswährung ist nicht absehbar, dennoch werden die Rufe nach einem Euro-Beitritt lauter. Nachdem Kroatien am 1. Januar den Euro eingeführt hat, gehören inzwischen 20 Länder der Euro-Zone an. Geht es nach dem Co-Chef von Videoton, Otto Sinko, dann soll Ungarn seine Währung den Forint gegen den Euro tauschen und damit das 21. Mitglied des Euroraums werden.

Wie Bloomberg berichtet, hat der Co-Chef eines der größten ungarischen Industrieunternehmen nun die Einführung gefordert, nachdem die Politik von Premierminister Viktor Orban im vergangenen Jahr zu einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen in der Europäischen Union geführt hat.

Nach einer einjährigen Rezession, einer Währungskrise, der höchsten Inflationsrate in der EU und der Aussetzung wichtiger EU-Finanzmittel wegen demokratischer Bedenken sollte Ungarn keine Zeit verlieren, sich dem Euro anzuschließen und die Werte der EU zu übernehmen, so Otto Sinko, Co-Chef des Auftragshersteller Videoton, der größten Industriegruppe in Ungarn.

Ungarn: Euro-Einführung

„Ein Zeitplan für die Euro-Einführung hätte an sich schon einen stabilisierenden Faktor, vor allem wenn er mit politischen Schritten verbunden ist, die Frieden mit der EU schaffen würden“, sagte Sinko in einer schriftlichen Antwort auf Bloomberg-Fragen.

Brüssel und Budapest befinden sich nach mehr als einem Jahrzehnt der Machtkonsolidierung durch Orban in einer Patt-Situation über demokratische Werte. Dabei gab es Bedenken über Bestechung und Rechtsstaatlichkeit, die den Weg für einen Stopp von mehr als 30 Milliarden Dollar an EU-Finanzierungen ebneten.

Gleichzeitig hat sich Orbans Regierung Russland und China angenähert, während ein Großteil der übrigen EU Maßnahmen ergreift, um deren Einfluss einzudämmen. „Ich billige die unkonventionellen, östlich orientierten Schritte nicht“, sagte Sinko. „Ungarns Weg führt in den Westen, nicht in den Osten“.

Sinko sagte zwar, seine Forderung nach dem Euro sei seine persönliche Meinung und nicht die Position des Unternehmens Videoton, dessen Miteigentümer er ist, doch sind die Äußerungen des Chefs eines Unternehmens, das zu den größten Arbeitgebern Ungarns gehört und von einem schwächeren Forint (Ungarns Währung) profitieren könnte, bemerkenswert.

Forint wertet gegen den Euro ab

Seit Orbans Rückkehr an die Macht im Jahr 2010 hat der Forint gegenüber dem Euro mehr als 30 % an Wert verloren. Seine Schwächung beschleunigte sich im letzten Jahr, als die Rekordausgaben vor den Wahlen einen EU-weiten Preisanstieg beschleunigten, während geldpolitische Notmaßnahmen das Vertrauen der Investoren untergruben. Der Forint fiel letzte Woche auf ein Sechsmonatstief.

„Es ist nicht wahr, dass ein schwacher Forint das einzige Ziel für Exporteure ist“, sagte Sinko, dessen Unternehmen mit 9.200 Beschäftigten alles von Autoteilen bis zu Haushaltsgeräten für den Export in die EU-Märkte zusammenbaut. „Das macht nur Sinn, wenn es wirtschaftliche Stabilität gibt“.

Die Zentralbanker sahen sich im Oktober letzten Jahres gezwungen, die Zinssätze auf 18% zu erhöhen, um die lokalen Vermögenswerte zu stabilisieren. Der Schritt stoppte eine „schleichende Euroisierung“, die dazu führte, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt fast die Hälfte der neuen Ersparnisse in Euro statt in Forint angelegt wurden, so der stellvertretende Gouverneur Barnabas Virag im April.

Zwar wird erwartet, dass sich die Inflation bis zum Jahresende auf einen einstelligen Wert abschwächt, und die Regierung geht davon aus, dass die Wirtschaft ab dem dritten Quartal wieder wächst. Doch die Frage, wie diese Zuwächse gefestigt und gleichzeitig der Haushalt gestützt werden kann, hat Verwerfungen zwischen den Spitzenpolitikern offenbart.

Politische Meinungsverschiedenheiten in Ungarn

Im vergangenen Monat gerieten wichtige Orban-Minister mit der Zentralbank über die Geldpolitik und die Inflation aneinander, während innerhalb des Kabinetts Meinungsverschiedenheiten darüber aufkamen, wie das Rekord-Haushaltsdefizit eingedämmt werden kann und ob der Euro helfen könnte.

Finanzminister Mihaly Varga brachte sogar die Möglichkeit ins Spiel, den Forint im Rahmen eines Mechanismus, der der Währungsumstellung vorausgeht, an den Euro zu binden. Orbans Kabinettsminister Gergely Gulyas sagte am Donnerstag, es sei zu früh, um über die Einführung der Gemeinschaftswährung zu sprechen.

Sinko betonte, dass die sieben osteuropäischen Länder, die den Euro seit ihrem EU-Beitritt eingeführt haben, in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen besser dastehen, da sie keine starken Währungsabwertungen erleiden und keine hohen Devisenreserven halten müssen. Außerdem verringerten sie das Risiko „geldpolitischer Fehler“, sagte er.

„Wenn wir über die Einführung des Euro sprechen, reden viele nur über die Nachteile, wie den Verlust der geldpolitischen Unabhängigkeit“, sagte Sinko. „Aber warum zählen wir nicht die Vorteile auf?“

FMW/Bloomberg

EU: Wirtschaftsführer Otto Sinko fordert die Euro-Einführung - Forint tauschen
Foto: Bloomberg


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13 Kommentare

  1. Das für Ministerpräsident Viktor Orban die Wirtschaftspolitik einen entsprechenden Stellenwert besitzt, zeigt er beispielsweise daran, daß Konsultationen von Ungarn, Serbien und VAE gemeinsam die Themen Energie und Investoren erörtern.

  2. meine bekannten in kroatien sind alle seit jahresbeginn hellauf vom euro begeistert, endlich wurde das leben nach dem wertlosen kuna nun so günstig wie im euroraum. sie konnten sich gar nicht vorstellen, wieviel ihnen nun bleibt und wie billig alles geworden ist. selbst die touristen waren wegen der neuen preise begeistert.

    1. Young Global Leader

      Ja, Liebe auf den ersten und den zweiten Blick:

      https://www.dw.com/en/as-eu-tourists-visit-croatia-learns-to-love-the-euro/a-66411670

      „Anyone who has dealings with other countries, whether in business or in tourism, knows how much money is saved now that there’s no longer any currency exchange or exchange rate fluctuations. Travel is also much easier and cheaper when you don’t have to change kuna all the time. And it’s also psychologically important: We now have a currency that’s safe and stable, and we don’t need a reserve currency anymore.“

      Postliberalismus kann fast so schön sein wie Kommunismus.

  3. Anstatt die Ungarn auch noch in den EURO-Raum aufzunehmen, sollte man zusehen, wie man sie wieder aus der EU los wird. Demokratieverständnis NULL, Rechtsstaatlichkeit NULL, Bündnistreue NULL, Solidaritätsbewusstsein NULL, Kompromissbereitschaft NULL, Eigeninteresse MAXIMAL, Querdenkerpotenzial MAXIMAL.
    Ds Land spendet der Europäischen Gemeinschaft soviel Nutzen, wie Flöhe oder Bettwanzen in der Matratze.

    1. Young Global Leader

      Die Slowakei scheint das nächste Land zu sein, dass ausschert, wobei man das bei Italien auch zunächst gedacht hatte und gar nichts ist passiert. Nun können diese Staaten, bei Überschreiten einer kritische Masse, ihre „Euroskepsis“ ablegen und stattdessen versuchen die EU zu übernehmen. Das wäre mal etwas anderes. Dann schwingt das Pendel zurück und es wird halt wieder der „Kampf gegen Links“ geführt.

    2. Das sehe ich, in Ungarn lebend nicht so ! SORRY

    3. Aha, aber wir in Deutschland haben all diese Verständnisse ??? Rechtsstaatlichkeit ? Vergewaltiger kommen frei aber Aussteller von Impfbefreiung erhalten 2 Jahre Knast.
      Querdenker sind doch alle Nazis, oder ? rassistisch etc.

  4. Aber Herr Jäger, der Forint hat in 13 Jahren 30% gegenüber dem Euro verloren. Dass aber der Euro gegenüber dem Dollar innerhalb von 1,5 Jahren (Jan 21-Sept. 22) 23% verloren hat, das wird nicht erwähnt. Man kann den Bürger mit Prozenten wunderbar hinter das Licht führen, wenn es politisch gerade passt.

    1. Nicht wenn es politisch passt, sondern man weiß, dass der Büger in der Mehrheit einfach geartet ist,
      volkstümlich verständlich ausgedrückt : a bisser´l dumm ist.
      Und da an der Spitze auch nicht die hellsten Kerzen leuchten, tut man sich dann damit einfach.

  5. Die Ungarn tun gut daran, den Forint zu behalten. Wer weiss, wie lange es den Euro und Dollar noch geben wird….
    Wenn die EU so wie jetzt weiter agiert, sehe ich das ganze Gebilde zum Scheitern verurteilt. Es werden sich einige Länder verabschieden….
    Im Übrigen wegen der Umstellung in Kroatien habe ich ganz andere Meinungen von Touristen gehört. Viele haben Ihren Urlaub aufgrund der heftig gestiegenen Preise storniert.

  6. @Friedrich Siefken,
    die begeisterung der kroaten zum euro und die überschwengliche freude der touristen war ja auch ironisch gemeint.
    die üblichen allroundgenies hier gehören auch zu der sorte gern gesehener, besserwissenden deutschen, die man weltweit liebt und schätzt.

  7. Wenn man heute gesehen hat wie die Flintenuschi sich Orban in der Alhambra an den Hals geworfen hat, wird mir speiübel. Statt ihm längstens die rote Karte zu zeigen und ihm klarmacht dass die EU leider kein Selbstbedienungsladen ist. Jeder Euro muss erwirtschaftet werden. Wenn jetzt auch noch Serbien und Co so driiinnnggeenndd aufgenommen werden soll, braucht man sich über Erfolge der Rechten nicht mehr wundern.

    1. Mit dem Selbstbedienungsladen wurde und wird doch (siehe Ukraine, ja förmlich aufgedrängt) Werbung gemacht. Man nennt das dann freiwilligen Beitritt.

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