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Der Restrict Act - Entkoppelung der Supermächte USA: TikTok – Game Over für Technolgiefirmen aus China?

In Europa wird die Dimension des RESTRICT-Act nicht erkannt

TikTok USA China Entkoppelung RESTRICT Act

Die jüngste Anhörung über ein mögliches TikTok-Verbot in den USA hat erneut die Frage aufgeworfen, ob Technologiefirmen aus China in Amerika bald vor einem Game Over stehen könnten. Die Entkoppelung der beiden Wirtschaftsgiganten nimmt weiter an Fahrt auf – und Europa bleibt nicht unberührt. Wie wird die EU und insbesondere Deutschland auf die aktuellen Entwicklungen reagieren?

TikTok kämpft um Vertrauen in den USA

In einer Anhörung vor dem US-Kongress in den letzten Wochen wurde TikTok aufgefordert, mehr zu tun, um das Vertrauen der US-Regierung und der Öffentlichkeit in Bezug auf den Schutz der Benutzerdaten und die Beziehung des Unternehmens zur chinesischen Regierung zu gewinnen. Am Ende des Tages war es jedoch klar, dass TikTok es nicht geschafft hatte, den Kongress von seiner Position zu überzeugen

Mehr als ein TikTok-Verbot: Der „RESTIRCT Act“

Aber es geht in den USA längst um viel mehr als nur um ein mögliches Verbot von TikTok. Der US-Kongress plant ein neues Gesetz, den „RESTRICT Act„, um die nationalen Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit chinesischen Technologien in den USA anzugehen. „RESTRICT“ steht für „Restricting the Emergence of Security Threats that Risk Information and Communications Technology“. Dieser Gesetzentwurf wurde als überparteilicher Antrag eingebracht.

Der Gesetzentwurf ist äußerst umfassend und bezieht sich auf alle potenziellen Gefahren, die durch Technologien entstehen können, die mit ausländischen Feinden der USA verbunden sind, insbesondere der Volksrepublik China, aber auch Russland, Nordkorea, Iran, Kuba und Venezuela unter Maduro.

Das überraschende an dem Gesetz ist die extrem umfassende Abdeckung der Technologiebereiche, die darin behandelt werden, sowie die weitreichenden Befugnisse, die das Gesetz der Exekutive gibt, um diese Technologien aus Gründen der nationalen Sicherheit zu verbieten oder einzuschränken.

Das Ende für alle Technologieunternehmen aus China in den USA

Sollte der RESTRICT Act Gesetz werden, so wird er das Ende für alle chinesischen Technologieunternehmen bedeuten, die Geschäfte in den USA machen wollen.

Besonders bemerkenswert ist, dass der Gesetzentwurf sehr detailliert die Arten von Technologien auflistet, die als prioritär zu prüfen sind. Die Liste ist lang und umfasst im Grunde jeden Typ von technischem Produkt oder Dienstleistung, den man sich vorstellen kann, was eine Priorisierung erschwert. Alles liegt auf dem Tisch und kann potenziell problematisch sein. Einige Bereiche waren zu erwarten, wie Netzwerkausrüstung, Satelliten und Drohnen. Andere Bereiche sind von offensichtlichem strategischen Wert für die USA und China, wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und Biotechnologie. Aber auch einige harmlose, generische und nicht strategische Bereiche sind inbegriffen, wie E-Commerce, CDNs und cloudbasierte SaaS-Produkte. Selbst Open-Source-Software, die per Definition von keinem Unternehmen, geschweige denn von einem Land, „besessen“ wird, steht auf der Liste.

Die Schwelle, die eine Überprüfung auslöst, ist ebenfalls sehr niedrig. Bei Hardware sind es 1.000.000 verkaufte Einheiten in den USA. Bei Softwareanwendungen oder -diensten sind es 1.000.000 jährlich aktive Benutzer (nicht monatlich oder täglich), die sich in den USA befinden (müssen keine US-Bürger sein).

Durch die Schaffung eines extrem breiten und recht locker gestalteten Rahmens gibt das Gesetz dem Präsidenten und der Exekutive (insbesondere dem Handelsministerium) die Möglichkeit, schnell und mit rechtlicher Befugnis des Kongresses zu handeln – was die Peinlichkeit vermeidet, die durch Trumps früheren Versuch entstand, TikTok und WeChat zu verbieten.

Im August 2020 hatte der ehemalige US-Präsident Donald Trump eine Anordnung unterzeichnet, die es amerikanischen Unternehmen verbot, Geschäfte mit den chinesischen Apps TikTok und WeChat zu machen. Diese Anordnung wurde jedoch von verschiedenen Gerichten gestoppt, da sie gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Handel verstieß.

Größte Ausweitung der Exekutivgewalt im Namen der nationalen Sicherheit

Der RESTRICT Act könnte somit die größte Ausweitung der Exekutivgewalt im Namen der nationalen Sicherheit seit dem USA PATRIOT Act sein. Ähnlich wie beim Kampf gegen den globalen Terrorismus nach den Anschlägen vom 11. September 2001 haben die Regierungen auf der ganzen Welt Maßnahmen ergriffen, um Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit zu minimieren. Die Pandemie hat jedoch gezeigt, dass Bedrohungen nicht immer von Terroristen oder Extremisten ausgehen müssen. Eine unvorhergesehene Krise kann in kurzer Zeit die Welt auf den Kopf stellen und massive Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Wirtschaft haben.

Allerdings gibt es auch Bedenken und Gegenargumente gegen den RESTRICT-Act, die von verschiedenen Organisationen geäußert wurden. Dazu gehören die Electronic Frontier Foundation, die argumentiert, dass das Gesetz die Meinungsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gefährden könnte, und das Center for Democracy and Technology, das Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf den Datenschutz und die Cybersicherheit äußert. Auch die Handelskammer der USA und der National Association of Manufacturers haben Bedenken geäußert, dass das Gesetz negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit und den internationalen Handel haben könnte.

Die Entkoppelung zwischen USA und China beschleunigt sich

Der RESTRICT Act wird somit den Prozess der Entkopplung zwischen den USA und China beschleunigen und könnte letztendlich zu einem neuen Kalten Krieg zwischen dem Westen und China beitragen. Der RESTRICT Act wird Bemühungen Chinas, seine Technologieindustrie zu modernisieren und seine wirtschaftliche Dominanz auszubauen, erschweren. China wird auf diese Maßnahmen mit eigenen Einschränkungen und Vergeltungsmaßnahmen reagieren wird, was zu einer weiteren Eskalation der Spannungen führen wird.

Wie wird Europa und Deutschland reagieren?

Europa und insbesondere Deutschland mit seiner hohen Abhängigkeit zu China täte gut daran, die Diskussion um das RESTRICT-Act genau zu verfolgen und sich auf die Konsequenzen vorzubereiten. Deutschland läuft Gefahr, in eine ähnliche Situation wie bei der russischen Invasion in die Ukraine zu geraten: Die Regierung der USA hatte die deutsche Regierung schon Monate vorher vor einer Invasion gewarnt. Trotzdem lief sie sehenden Auges ohne Vorbereitungen in diesen Konflikt – und verspielte die Möglichkeit, zu agieren. Dies kostete Deutschland viel Zeit zur Vorbereitung und der Bundesregierung Glaubwürdigkeit. Das sollte sich nicht noch einmal wiederholen.



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1 Kommentar

  1. Oder eben einfach nicht von den USA bevormunden lassen. Dann braucht man überhaupt nicht darauf reagieren

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