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Regierungsstillstand kommt on top USA: Warum dieser Government Shutdown für die Märkte gefährlich ist

US-Kongress in Washington DC

Das republikanisch geführte Abgeordnetenhaus (Teil des Kongress in den USA) scheint auf dem besten Weg zu sein, am 1. Oktober einen Government Shutdown (Regierungsstillstand) zu provozieren, da nicht damit gerechnet wird, dass die 12 zur Abstimmung stehenden Haushaltsgesetze vor 2024 verabschiedet werden.

Warum kommt es zum Government Shutdown in den USA?

Gemäß dem Antideficiency Act (ursprünglich 1884 verabschiedet und 1950 angepasst) dürfen Bundesbehörden in den USA ohne eine entsprechende Bewilligung des Kongresses kein Geld ausgeben oder neue Verpflichtungen eingehen bzw. neue Staatsschulden auf den Markt bringen. Die Regierung ist dann mangels Budget in großen Teilen stillgelegt.

Wenn es dem Kongress, in dem aktuell die Republikaner die Mehrheit besitzen, nicht gelingt, die zwölf anstehenden Haushaltsgesetze die jährlich verabschiedet werden müssen, bis zum 1. Oktober zu ratifizieren, müssen die US-Bundesbehörden alle nicht system- oder sicherheitsrelevanten Arbeiten einstellen. Und zwar so lange, bis der Kongress die Gesetze genehmigt.

Bislang stellen sich v. a. konservative Kongressmitglieder der Republikaner quer, die sich mitten im Wahlkampf befinden. Diese Handlungsunfähigkeit in Sachen Haushalt, dessen Kompetenz beim Kongress und nicht beim US-Präsidenten liegt, wird als Regierungsstillstand oder Government Shutdown bezeichnet. Wenn der Kongress einige, aber nicht alle der 12 Haushaltsentwürfe verabschiedet, müssen nur einige Bundesbehörden ohne Haushaltszuweisungen schließen; Dies wird als teilweiser Government Shutdown bezeichnet.

Die Folgen der temporären Zahlungsunfähigkeit

Während der Schließung vieler staatlicher Behörden werden zahlreiche Bundesangestellte zunächst unentgeltlich zwangsbeurlaubt, obwohl sie nach einem Gesetz aus dem Jahr 2019 rückwirkend bezahlt werden, wenn der Government Shutdown endet.

Regierungsangestellte, die im Sinne der Allgemeinheit unverzichtbare Dienstleistungen wie Flugsicherung und Strafverfolgung erbringen, arbeiten weiterhin, werden aber ebenfalls erst bezahlt, wenn der Kongress Maßnahmen zur Beendigung des Government Shutdown ergriffen hat. All dies gilt für rund 25 Prozent der gesamten Bundesausgaben, die der jährlichen Mittelzuweisung durch den Kongress unterliegen.

Leistungen wie Sozialversicherung und Medicare werden weiterhin gewährt, da sie vom Kongress in Gesetzen genehmigt wurden, die keiner jährlichen Genehmigung bedürfen (obwohl die von den Sozialversicherungsämtern angebotenen Dienstleistungen während einer Schließung möglicherweise eingeschränkt sind). Darüber hinaus kann das Finanzministerium weiterhin pünktlich Zinsen für US-Staatsanleihen zahlen, aber keine neuen Schulden aufnehmen. Für ein Land, dessen Wachstum von der Neuverschuldung abhängig ist, könnte das ein großes konjunkturelles Problem werden.

Behörden-Schließungen können auch zu Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen auf Reisepässe, Kredite für kleine Unternehmen oder staatliche Leistungen führen. Geschlossene Besucherzentren und Toiletten in Nationalparks, weniger Lebensmittelsicherheitskontrollen und verschiedene weitere Einschränkungen, die die Wirtschaft zusätzlich beeinträchtigen.

Ein Regierungsstillstand scheint zum jetzigen Zeitpunkt so wahrscheinblich, dass das Office of Management & Budget des Weißen Hauses bereits detaillierte Notfallpläne veröffentlicht hat sowie eine 51-seitige Frage-und-Antwort-Runde zu Shutdown-Fragen.

US-Börsenaufsicht mit eigenem Notfallplan

Der Notfallplan der Securities and Exchange Commission (US-Börsenaufsicht) für den Government Shutdown liegt bereits vor und warnt beispielsweise: „Während des Shutdowns dürfen Mitarbeiter, die nicht mit Sonderaufgaben betraut sind, nicht freiwillig ohne Bezahlung arbeiten. Solche freiwilligen unentgeltlichen Arbeitnehmerleistungen stellen einen Verstoß gegen das Mangelschutzgesetz (im Falle eines technischen Staatsbankrotts) dar und sind unter keinen Umständen zulässig.“

Der letzte muss das Licht ausschalten

Der Beirat für die US-Denkmalpflege sagt: „Mitarbeiter werden angewiesen, sicherzustellen, dass am Ende des letzten Arbeitstages vor dem Government Shutdown Lichter und elektronische Geräte, die während der Schließung nicht benötigt werden, ausgeschaltet werden.“ Behörden mit Geld auf der hohen Kante oder laufenden Gebühreneinnahmen können im Rahmen dieses Finanzspielraums weiter tätig werden. Das gilt auch für den Staat aber nur für wenige staatliche Dienstleistungen, da sich das Staatsdefizit auf Rekordniveau befindet. Zudem drohen weitere Herabstufungen durch die drei großen Ratingagenturen für US-Staatsanleihen.

Rekorddefizit im US-Staatshaushalt 2023 als Vorbote zum Government Shutdown

Die National Gallery of Art zum Beispiel sagt, dass sie geöffnet bleiben wird, solange sie Einnahmen aus Ticketverkäufen generieren kann, aber schließen muss, wenn die Mittel zur Kostendeckung nicht mehr ausreichen. Und das Centers for Disease Control (Seuchenschutzbehörde) warnt, dass nur 46 Prozent ihrer Mitarbeiter im Job bleiben dürften.

Warum ist ein Government Shutdown ab Montag so gefährlich?

Ein nur wenige Tage andauernder Shutdown hat bereits negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. Da diese im Falle der USA ohnehin angeschlagen ist und die Wachstumszahlen sowie die Unternehmensgewinne im vierten Quartal 2023 anfällig für Negativrevisionen sind, käme diese Einschränkung der wirtschaftlichen Aktivität noch on top. Ein längerer Regierungsstillstand oder Teilstillstand bis Anfang 2024 kann zu größeren Problemen führen. Goldman Sachs schätzt, dass ein Shutdown das BIP-Wachstum jede Woche, in der er andauert, um etwa 0,2 Prozentpunkte verringern würde und dass das Wachstum im Quartal nach dem Ende des Government Shutdown nochmals um den gleichen Betrag sinken würde.

Das Congressional Budget Office (CBO) schätzt, dass der fünfwöchige teilweise Regierungsstillstand Ende 2018 und Anfang 2019 – nachdem nur fünf der zwölf Haushaltsgesetze verabschiedet wurden – das BIP-Wachstum im vierten Quartal 2018 um 0,1 Prozent (3 Milliarden US-Dollar) verringerte und um 0,2 Prozent beim Government Shutdown im ersten Quartal 2019 (8 Milliarden US-Dollar). Hauptsächlich aufgrund des Verlusts der Gehälter beurlaubter Bundesangestellter und der Verzögerung bei den Bundesausgaben für Waren und Dienstleistungen.

„Obwohl der Großteil des verlorenen realen BIP irgendwann wieder aufgeholt werden wird, schätzt das CBO, dass etwa 3 Milliarden US-Dollar für die ohnehin in Sachen Privatkonsum und Verschuldung angeschlagene US-Wirtschaft „für immer verloren wären“. Mit anderen Worten: Das BIP fiel im Jahr 2019 aufgrund des Shutdowns schätzungsweise um 0,02 Prozent niedriger aus als es sonst der Fall gewesen wäre. In den CBO-Schätzungen wurden indirekte Auswirkungen wie die Unfähigkeit von Unternehmen, Bundesgenehmigungen zu erhalten oder Bundesdarlehen zu beantragen, nicht mit berücksichtigt.

Wenn man die aktuelle angespannte Gemengelage mit steigenden Renditen, sinkender Liquidität, hohen Aktien-Bewertungen, auslaufenden Schuldenmoratorien, extremer Staats- und Privat-Verschuldung, geopolitischer Risiken und einem bereits stattfindenden Crash an den Anleihe- und Immobilienmärkten einiger Länder – gepaart mit der restriktiven Rhetorik der US-Notenbank vermengt, kommt eine wahrlich toxische Mischung heraus. Daher ist dieser Shutdown in seiner Bedeutung anders zu Bewertung und das mögliche Zünglein an der Waage für eine deftige Korrektur an den Finanzmärkten und macht eine Rezession in den USA wahrscheinlicher.



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