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Ölpreis-Explosion und starke Verunsicherung Weltwirtschaft: Krieg im Nahen Osten erhöht Risiko einer Rezession

Der IWF sieht ein erhöhtes Risiko einer Rezession für die Weltwirtschaft.

Die Außenminister von USA und Israel am 12. Oktober
Die Außenminister von USA und Israel am 12. Oktober. Foto: Amos Ben Gershom / Government Press Office CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Für die Weltwirtschaft birgt der Konflikt zwischen Israel und der Hamas die große Gefahr, andere Staaten im Nahen Osten in die Auseinandersetzung mit hineinzuziehen. Dieses Eskalationspotenzial könnte weitreichende Folgen haben. Vor allem explodierende Ölpreise würden die Welt in eine Rezession stürzen.

Weltwirtschaft drohen unkalkulierbaren Risiken durch Krieg im Nahen Osten

Das israelische Militär führt zusammen mit US-Spezialkräften im nördlichen Gaza-Streifen einen Bodenangriff durch. Ziel der Militäraktion ist die Eliminierung der militanten Terrorgruppe Hamas. Diese hatte mehr als tausend Israelis bei dem bisher verheerendsten Terroranschlag auf Israel abgeschlachtet. Als Reaktion darauf hat die israelische Armee nach Angaben der UNO im Gazastreifen bereits mehr als 1.300 Gebäude bei Luftangriffen komplett zerstört. Davon betroffen seien 5.540 Wohneinheiten. Etwa 3.750 weitere Häuser seien so stark beschädigt worden, dass sie vorerst unbewohnbar seien, teilte das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (Ocha) zur Lage im Krieg zwischen Israel und der Hamas mit.

Die Zahl der Toten liegt auf israelischer Seite bei über 1.300 und auf palästinensischer Seite bei über 2.200. Darunter befinden sich auch hunderte Kinder und Jugendliche. 50 Prozent der ca. 2 Millionen Menschen umfassenden Bevölkerung im Gaza-Streifen ist unter 18 Jahre jung. Der Gazastreifen erstreckt sich auf rund 40 Kilometer Länge und ist zwischen 13 und 6 Kilometer breit. Seine Fläche ist etwas kleiner als die des Bundeslandes Bremen. Da Ägypten seinen Grenzübergang geschlossen hält, sind Millionen Zivilisten im Gaza-Streifen gefangen. Rettungskräfte und Teile der Bevölkerung kommen den Evakuierungsaufforderungen Israels nicht nach. Zudem hindert die Hamas Menschen an der Flucht.

Das israelische Militär will seinen Bodeneinsatz in den kommenden Tagen noch verstärken. Es droht eine enorme humanitäre Katastrophe, deren Bilder in der islamischen Welt für großen Aufruhr sorgen werden.

Die islamistisch-schiitische Miliz Hisbollah droht laut Bloomberg News eine neue Front im Norden des Landes zu eröffnen, um der Hama zur Hilfe zu kommen. Der Iran, der die Hisbollah unterstützt, warnt zusätzlich vor Angriffen auf US-amerikanische Ziele und der Schließung der für den Öl-Handel wichtigen Straße von Hormus. Außerdem gibt es Befürchtungen, dass der Krieg auf den Libanon und Syrien übergreifen könnte.

Sollte Israel in einen direkten Konflikt mit dem Iran bzw. der Stellvertreter-Organisation Hisbollah geraten, würden die Ölpreise explodieren und das globale Wachstum endgültig abwürgen. Eine Eskalation des israelisch-hamasischen Krieges wäre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine der zweite geopolitische Schock für die Weltwirtschaft in weniger als zwei Jahren.

„Dies könnte die gefährlichste Zeit sein, die die Welt seit Jahrzehnten erlebt hat“, sagte Jamie Dimon, Vorstandsvorsitzender von JPMorgan Chase & Co. vor Kurzem bei der Vorstellung der Quartalszahlen der Bank. „Der Krieg in der Ukraine, der durch die Angriffe auf Israel letzte Woche verschärft wurde, könnte weitreichende Auswirkungen auf die Energie- und Lebensmittelmärkte, den Welthandel und die geopolitischen Beziehungen haben.“ Drei Szenarien einer möglichen weiteren Entwicklung in einem Krieg im Nahen Osten:

Einfluss des Krieges auf den Ölpreis und die Weltwirtschaft

Bloomberg Economics schätzt, dass bei einer Eskalation des Konflikts der Ölpreis im Extremfall bis auf 150 US-Dollar pro Barrel (159-Liter-Fass) steigen und das globale Wachstum abwürgen würde. Es drohe dann eine Rezession, die die Weltwirtschaft um etwa 1 Billion US-Dollar schmälern könnte. Der arabisch-israelische Krieg von 1973, der zu einem Ölembargo und jahrelanger Stagflation in den Industrieländern führte, ist die wohl vergleichbarste Parallele zur jetzigen Lage im Nahen Osten.

Neue Inflationswelle droht

Bekanntlich sind die Energiepreise einer der stärksten Treiber der allgemeinen Preisinflation. Dies war bereits zu Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs deutlich zu sehen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hob seine globale Inflationsprognose für das nächste Jahr nun an und forderte die Zentralbanken auf, ihre Politik so lange straff zu halten, bis der Preisdruck dauerhaft nachlässt. In den meisten Ländern geht der IWF davon aus, dass die Inflation bis 2025 über den Zielen der Zentral- und Notenbanken bleiben wird. Ein zeitlich ausgedehnter militärischer Konflikt im öl- und erdgasreichen Nahen Osten würde die Inflationsdynamik noch länger hochhalten.

Inflation würde durch Krieg im Nahen Osten durch steigende Ölpreise wieder anziehen

Verunsicherung bereits hoch

Die US-Verbraucherpreise stiegen gemäß den jüngsten von Bloomberg zur Verfügung gestellten Daten den zweiten Monat in Folge wieder kräftig an. Diese Daten stammen noch von vor dem  Ausbruch des Krieges in Israel und dem Gaza-Streifen sowie dem damit einhergehenden Ölpreisanstieg. Die anhaltende Inflationsdynamik deutet darauf hin, dass sich die US-Notenbank (Fed) die Tür für eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr offen hält, auch wenn hochrangige Vertreter zuletzt Zurückhaltung signalisierten. Denn es gibt erste Indikatoren, die anzeigen, dass die restriktive Geldpolitik bereits deutliche Wirkung auf die kreditgetriebene US-Konjunktur entfaltet. Aktuell herrschen bereits die ungünstigsten Kreditbedingungen seit einer Dekade. Das gilt sowohl für die Finanzierungskonditionen als auch für die Bereitstellung von Krediten mangels Liquidität.

Geringste Bereitschaft zur Kreditaufnahme in den USA seit einer Dekade

US-Ökonomen rechnen damit, dass sich erst ca. 40 Prozent der geldpolitischen Maßnahmen der Fed dämpfend auf die US-Konjunktur ausgewirkt haben. Keine guten Nachrichten für die größte Volkswirtschaft der Welt. Der Ausbruch eines neuen heißen Nahost-Konflikts würde nicht nur die Inflations- und Zinssorgen wieder vergrößern, sondern auch die Zuversicht der Schuldner und vor allem der Gläubiger in Bezug auf eine Verbesserung des wirtschaftlichen Umfeldes. Im Gegenteil würde die Angst vor einer Rezession noch weiter zunehmen.

FMW/Bloomberg



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5 Kommentare

  1. Man sollte in der Tat davon ausgehen, daß der Ölpreis in Kürze erneut als Frühindikator bezüglich der möglichen weiteren Entwicklung des aktuellen Israel-Hamas-Krieges tätig wird. In der aktuellen App des Fernsehsenders n-tv heißt es, ein ranghoher Beamer des israelischen Außenministeriums bezichtigt Staatspräsident Dr. Bashar-Hafiz al-Assad und Außenminister Hossein Amirabdollahian, eine zweite Front eröffnen zu wollen. Dem aktuellen n-tv-Teletext hingegen kann man entnehmen, Teheran beabsichtige dieses im Falle einer Bodenoffensive im Gazastreifen. Letztere wird offenbar witterungsbedingt um einige Tage verschoben. Ja wohl Grundlage für ein Zeitfenster zugunsten bestmöglicher Diplomatie durch Staatspräsident Abdalfattah al-Sisi, der hierbei nicht das erste mal erfolgreich wäre.

    1. Hoffen wir auf den „bestmöglichen“ Ausgang, Herr Voss. Dieser kann nur diplomatischer Natur sein, um einen Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern. Laut Reuters wurden heute Nacht sowohl der Flughafen in der syrischen Hauptstadt Damaskus als auch der intern. Airport in der zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo durch israelischen Raketenbeschuss beschädigt. Der Airport in Aleppo ist nach dem Beschuss außer Betrieb. Vermutet wird, dass die Angriffe Präventivmaßnahmen seien, um den Nachschub an Waffen und Personal aus dem Iran für die auch in Syrien stationierte Hisbollah einzuschränken.

    2. Diesbezüglich meldet sich mittlerweile auch der Nationaler Sicherheitsberater im Das Weiße Haus zu Wort, in der Weise, daß er die genannte zweite Front zumindest nicht 100%ig ausschließen könne.

    3. Die Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock erklärt aktuell, daß sie in Kairo daran mitwirkte, daß man in Kürze auf einen „Naher und Mittlerer Osten-Gipfel“ in Sachen Israel-Hamas-Krieg setzen könne. Damit würde sie Staatspräsident Dr. Bashar al-Assad, wie man so schön sagt, „eine Bühne verschaffen“. Nun, wenn unsere Außenministerin das sagt, dann wird das ja wohl auch so sein. Assad hat kein Problem mit Juden, aber mit Zionisten/Golan-Höhen.

      1. Young Global Leader

        Wo finde ich die Meldung über das Gipfeltreffen?

        Ich sehe bislang nur, dass westliche Politiker Flugmeilen sammeln, indem sie nach Israel fliegen. Keine Ahnung, was sie da eigentlich machen, außer sich zeigen, wie Promis, die auf einem Filmfest eingeladen sind.

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