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Traut sich Lagarde eine eigenständige Geldpolitik? Zinsen: EZB-Chefin Lagarde in Zwickmühle – unabhängig von der Fed?

Wahl zwischen Pest und Cholera

EZB Fed Zinsen
Foto: Bloomberg

EZB-Chefin Lagarde ist heute in der Zwickmühle: die gestrigen „heißen“ Daten zur Inflation in den USA machen es immer unwahrscheinlicher, dass die Fed bald die Zinsen senken wird. Normalerweise aber reagiert die EZB auf die Zinspolitik der Fed (mit einer gewissen Verzögerung) – so wie zuletzt bei dem Zinsanhebungszyklus, den die Fed bereits im März 2022 begann, bevor die EZB dann erst im Juni 2022 mit einer ersten Zinsanhebung nachzog.

Senkt EZB vor der Fed die Zinsen? Warten auf Lagarde

Die restriktive Geld-Politik in den USA könnte es aber den Notenbankern im Euroraum jedoch schwer machen, mehrere Senkungen der Zinsen vorzunehmen. Ein deutliches Auseinanderdriften der Zinssätze könnte den Euro stark belasten und ihn möglicherweise wieder in Richtung Parität zum Dollar treiben. Die Gemeinschaftswährung fiel nach den gestrigen US-Inflationsdaten um bis zu 1%, so stark wie seit Juli letzten Jahres nicht mehr. Die Anleger gehen inzwischen davon aus, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen in diesem Jahr nur zweimal senken wird, und zwar erst ab September. Darüber berichtet Bloomberg.

„Für mich steht angesichts der gestrigen US-Inflationsdaten wirklich auf dem Spiel, ob die EZB deutlich machen wird, dass sie die Zinsen vor der Fed senken wird“, sagte Andrea Tueni, Leiter des Sales Trading bei Saxo Banque France. „Es wäre eine ziemliche Überraschung, wenn Lagarde sich morgen gegen eine Zinssenkung im Juni aussprechen würde“.

Nachdem die US-Inflation die Prognosen übertraf, nahmen die Händler ihre Wetten auch auf Zinssenkungen der EZB zurück und rechnen nun nur noch mit einer Lockerung um 76 Basispunkte in diesem Jahr, etwa 10 Basispunkte weniger als noch zu Wochenbeginn. Ein erster Schritt im Juni ist zwar immer noch das Basisszenario, aber nicht mehr vollständig eingepreist.

Zinsen: Traut sich Lagarde wirklich eine eigenständige Geldpolitik?

Experten erwarten, dass die Zinsen am Donnerstag unverändert bleiben. Die EZB hat bereits angedeutet, dass sie die Zinsen ab Juni senken wird. Die EZB-Vertreter scheinen sich nahezu einig zu sein, dass im Juni mit der Lockerung der Geldpolitik begonnen werden soll. Das anschließende Tempo der Lockerung aber ist weniger klar, da EZB-Chefin Lagarde darauf besteht, dass sie sich streng an der Wirtschaftsentwicklung orientieren wird.

„Lagardes Zusicherung einer ersten EZB-Zinssenkung im Juni dürfte die Nerven der Anleger beruhigen“, sagte Hauke Siemssen, Stratege der Commerzbank AG. Im Gegensatz zu den USA scheinen die Wirtschaftsdaten im Euroraum für eine Zinssenkung zu sprechen“, fügte er hinzu.

Die Inflation im Euroraum ist im vergangenen Monat von 2,6% im Februar auf 2,4% gesunken – die Wirtschaft des Euroraums steht am Rande einer Rezession. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage über die Kreditvergabe der Banken zeigte einen Einbruch der Unternehmensnachfrage.

EZB-Chefin Lagarde aber gerät nun in eine Zwickmühle: wenn die EZB die Zinsen früher und stärker senkt als die Fed, dürfte der Euro zum Dollar abwerten. Da Rohstoffe wie Öl in Dollar fakturiert werden, würde ein schwacher Euro die Importkosten für den Euroraum erhöhen und so wieder die Inflation anheizen. Hinzu käme, dass dann Kapital zunehmend aus dem Euroraum in die USA abfließen dürfte – was die Euro-Wirtschaft weiter schwächen würde.

Lagarde orientierte sich bislang sehr stark an der Fed und Jerome Powell. Heute aber muß sie zeigen, dass die EZB eine eigenständige Politik in Sachen Zinsen verfolgen kann. Wird sie sich das trauen? Wenn ja, hätte das Risiken und Nebenwirkungen. Wenn nein, würde sie als schwache Figur wahrgenommen werden..

FMW/Bloomberg

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1 Kommentar

  1. Moin, moin,

    übergeordnet ist nicht nur die EZB in der Zwickmühle, sondern das ganze Kunstgebilde EU. Für die Stunde Null der EU und damit auch der BRD steht der Sekt kalt.

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